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Schweiz greift strauchelnder Credit Suisse unter die Arme

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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) eilt der mit einer tiefen Vertrauenskrise kämpfenden Credit Suisse zur Hilfe. Die SNB werde der zweitgrößten Schweizer Bank bei Bedarf Liquidität zur Verfügung stellen, teilten die Notenbank und die Finanzmarktaufsichtsbehörde Finma am Mittwochabend in einer gemeinsamen Stellungnahme mit.

Damit kam die Schweiz Forderungen von Anlegern, aber auch Regierungen und anderen Finanzinstituten nach, die Abwärtsspirale zu brechen.

Sollte die Credit Suisse tatsächlich Geld von der Notenbank beanspruchen, wäre sie die erste global systemrelevante Bank seit der Finanzkrise, die eine maßgeschneiderte Rettungsleine erhält. Von den Problemen von Banken in den USA gehe keine direkte Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt aus, erklärten die SNB und die Finma. Die Credit Suisse erfülle die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen bezüglich Kapital und Liquidität. "Darüber hinaus wird die SNB der global tätigen Bank im Bedarfsfall Liquidität zur Verfügung stellen." Die Finma und die SNB verfolgten die Entwicklungen sehr genau und stünden mit dem Schweizer Finanzministerium in engem Kontakt, um die Finanzstabilität sicherzustellen. Credit Suisse erklärte: "Wir begrüßen die Unterstützungsbekundung."

Dramatischer Kursverfall

Der dramatische Kursverfall bei der Credit Suisse hatte weltweit Sorgen ausgelöst und die Finanzmärkte in Turbulenzen gestürzt. Die Aktien des krisengeplagten Instituts brachen am Mittwoch in der Spitze um mehr als 30 Prozent auf ein Allzeit-Tief von 1,55 Franken ein und zogen andere Banken-Titel in Europa und den USA mit ins Minus. Rund um den Globus versuchten Aufsichtsbehörden, Regierungen und andere Finanzhäuser, die Risiken abzuschätzen.

Eine große europäische Bank habe Gespräche mit der Credit Suisse geführt und das Institut zu einer Liquiditätssicherung durch die Zentralbank gedrängt, sagte eine mit der Situation vertraute Person. Mindestens eine Regierung habe die Schweiz zur Intervention aufgefordert, weil die Credit Suisse systemrelevant sei, sagte eine mit dem Vorstoß vertraute Person. Ein Regierungsvertreter eines großen europäischen Landes, der nicht namentlich genannt werden wollte, warnte vor Chaos, sollte die Regierung in Bern nicht schnell eingreifen: "Man kann der Schweiz nur raten, schnell ein Rettungspaket zu schnüren." Ein Sprecher des US-Finanzministeriums erklärte, man beobachte die Situation und sei in Kontakt mit den Finanzministerien anderer Länder.

Anleger reagieren erleichtert

Anleger reagierten erleichtert auf die Ankündigung der Behörden. Thomas Hayes, Partner der New Yorker Great Hill Capital, bezeichnete das Statement der Schweizer Behörden als gute Nachricht. "Es steht außer Frage, dass sie eingreifen müssen, aber jeder, der von den Turbulenzen der Credit Suisse überrascht wurde, hat unter einem Felsen geschlafen." Davide Oneglia, Volkswirt bei TS Lombard, erklärte: "Die Credit Suisse ist nicht die SVB, sie ist eine große, global systemrelevante Bank, die direkt im Zentrum des europäischen Finanzsystems sitzt. Die Schweizer Regierung hat genauso wie die SNB, die EZB und das globale Bankensystem ein begründetes Interesse daran, sicherzustellen, dass selbst eine Verstaatlichung, falls erforderlich, so nahtlos wie möglich abläuft."

Treiber des Absturzes waren zunächst Sorgen, dass die vom Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) ausgelösten Schockwellen an den Finanzmärkten die ohnehin schon geschwächte Credit Suisse in Mitleidenschaft ziehen könnten. Am Mittwoch kam dann die Ankündigung des neuen Großaktionärs Saudi National Bank in einem Reuters-Interview hinzu, keine frischen Mittel in die Credit Suisse einschießen zu können. Das Institut könne aus aufsichtsrechtlichen Gründen nicht mehr als zehn Prozent der Anteile halten, sagte Präsident Ammar Al Khudairy der Nachrichtenagentur Reuters.

Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann sagte zu "Bloomberg", staatliche Hilfe sei für die Bank "kein Thema". Doch als die Aktie immer weiter absackte, versuchte Konzernchef Ulrich Körner die Wogen zu glätten: "Unsere Kapital- und Liquiditätsbasis ist sehr, sehr stark", sagte er dem asiatischen TV-Sender CNA. Im weiteren Verlauf des Tages wurde dennoch klar, dass Credit Suisse Unterstützung braucht. Einem Insider zufolge bat das Institut die Notenbank, sich hinter sie zu stellen.

Credit Suisse steckt mitten in Konzernumbau

Die Credit Suisse steckt mitten in einem tiefgreifenden Konzernumbau, der Milliarden kostet und den Abbau von 9000 Stellen umfasst. Am Ende soll daraus eine Bank entstehen, die vor allem auf das Geschäft mit Millionären und Milliardären setzt und nicht mehr auf das riskante Investmentbanking. Gerade für das Geschäft mir reichen Privatkunden ist Vertrauen in das Institut eine entscheidende Voraussetzung. Wieweit das mit dem Eingreifen der SNB und der Finma wiederhergestellt werden kann, muss sich erst noch weisen. In den vergangenen Wochen war immer wieder spekuliert worden, dass die Credit Suisse ein Übernahmeziel werden könnte. Erzrivale UBS erteile Spekulationen, bei der Credit Suisse zuzugreifen, eine Absage. Auf einer Investorenkonferenz sagte Konzernchef Ralph Hamers: "Für uns ist wichtig, dass wir uns wirklich auf unsere Strategie konzentrieren, und das ist eine organische Strategie."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Schweizerische Nationalbank (SNB) eilt der mit einer tiefen Vertrauenskrise kämpfenden Credit Suisse zur Hilfe.

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