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Österreich wird teurer: Aber warum eigentlich?

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Egal ob im Supermarkt, auf der Bau- oder an der Tankstelle - die Preise steigen, das finanzielle Auskommen wird für viele schwerer. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. PULS 24 hat sich in ausgewählten Branchen umgehört.

Um ganze 21,6 Prozent kostete Butter im Februar 2022 mehr als noch im Februar 2021. Bei Gas sind es 64,3 Prozent, Diesel ist um 30,7 und Benzin um 27,7 Prozent teurer geworden. Und da sind die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine noch gar nicht eingerechnet.

Zahlen für den März hat die Statistik Austria bislang nur für den Großhandel veröffentlicht. Und da zeigt sich - die Preise steigen wohl noch weiter: Motorenbenzin und Diesel waren im März 2022 um 67,4 Prozent teurer als im März des Vorjahres. Bei Eisen und Stahl sind es gleich 72,3 Prozent Teuerung; Getreide, Saatgut und Futtermittel kosten um 61,9 Prozent mehr. 

Baustopps stehen im Raum

Die Auswirkungen bekommen etwa Häuslbauer zu spüren: Wenn früher jemand im April mit einem Plan für ein Haus kam, hätte man vier Wochen später mit dem Bau begonnen. "Heute sind wir froh, wenn wir im Herbst beginnen können", schildert etwa Peter Dertnig von der Salzburger Landesinnung für Bau in der Wirtschaftskammer gegenüber PULS 24. Die Preise für Baustoffe sind enorm gestiegen und vieles nur noch schwer zu bekommen, wodurch die Logistik "ein Horror" geworden sei und sogar Baustopps im Raum stehen.

Raidl erklärt, warum die Preise derzeit explodieren

Es ist absurd: Die Nachfrage in der Baubranche ist groß, dennoch rechnen Vertreter der Baufirmen mit keinen großen Gewinnen. "Wir sind froh, wenn wir mit einem blauen Auge davonkommen", sagt Dertnig. Denn die hohen Baustoffpreise könne man nur schwer an die Kunden weitergeben. 

Als Beispiel führt Dertnig etwa Baustahl an. Während dieser zu Jahresbeginn noch 900 Euro pro Tonne kostete und in sieben Tagen geliefert wurde, kostet er heute 1.800 Euro und die Lieferung dauert 21 Tage. Die Stahlproduktion braucht viel Energie und die Energiepreise sind hoch. Zudem komme viel Stahl aus der Ukraine, wo die Werke nun geschlossen seien. Ähnlich bei Böden: "Die gibt es kaum noch", sagt Dertnig. Holz für Parkettböden käme aus der Ukraine oder aus Russland – vor allem Eichenparkett. Ein Quadratmeter Eichenparkett würde sonst 30 Euro kosten (reiner Materialpreis), heute müsse man laut Dertnig mit 120 Euro pro Quadratmeter rechnen. 

PULS 24 Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner spricht über die Teuerung in Österreich und erklärt, welche Maßnahmen sinnvoll wären.

Andere Gründe gibt es bei Ziegeln: Seit Jahresbeginn seien die Preise um 15 Prozent gestiegen, würde man jetzt Ziegel bestellen, kämen diese erst im Herbst. Dertnig klagt, dass die Ziegelproduzenten zu Beginn der Corona-Pandemie mit einem Einbruch in der Baubranche gerechnet und die Produktionen zurückgefahren hätten. Der Einbruch kam nicht, nun kämen sie mit dem Produzieren nicht mehr nach.

"Geliebte" Käsekrainer wird teurer

Wer baut, bekommt Hunger - doch auch hier ist mit höheren Preisen zu rechnen. Weißbrot etwa kostete im Februar um 17,4 Prozent mehr als im Vorjahr. "Seit Ende letzten Jahres ist die Versorgungslage bei Getreide und Mehl sehr angespannt", begründet das etwa Walter Karger, Geschäftsführer von Ankerbrot gegenüber PULS 24. In diesem Ausmaß sei das noch nicht vorgekommen, sagt er. Den Grund dafür findet er in erntebedingten Engpässen im Jahr 2021. Vor allem im Ausland hätte es Ernteausfälle gegeben, weswegen die Nachfrage nach österreichischem Mehl steige. Dazu kämen steigende Preise und Lieferprobleme bei Verpackungsmaterial und Ölsaaten. Der Krieg in der Ukraine, der "Kornkammer Europas", könnte die Situation zusätzlich verschlechtern, befürchtet Karger. 

"Mehr als jede zweite Person muss sich finanziell einschränken"

Hohe Preise oder Ausfälle in der Landwirtschaft wirken sich auch auf die Milchpreise aus. Futtermittel für die Tiere, vor allem Raps, komme aus der Ukraine, sagt Johann Költringer, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM). Dazu kämen die teuren Energiepreise: Molkereien würden mit Gas arbeiten und die Bauern brauchen den Treibstoff. Auch die hohen Kosten beim Verpackungsmaterial führten dazu, dass die Molkereien 2021 zwar mehr Umsatz, aber weniger Gewinn machten. Költringer fordert daher nun vom Handel eine Abgeltung der höheren Kosten für Molkerein und Landwirtschaft. Die Gewinnspannen des Handels seien in den letzten Jahren gestiegen.

Hohe Milchpreise wirken sich auch auf andere Lebensmittel aus. Die "geliebten" Käsekrainer etwa seien im Vergleich zum Vorjahr um um 15 Prozent teurer geworden, sagt Franz Radatz, Chef der Wiener Fleischerei zu PULS 24. Emmentaler, aber auch die Fleischpreise seien gestiegen. Schweinefleisch um 47 Prozent, bei Geflügel komme es gar zu Engpässen. Die Preisbewegungen seien "historisch einmalig", sagt Radatz. Diese Entwicklung komme "zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da wir aufgrund der aufwendigen Koch- und Kühlprozesse schon vorher mit den enormen Kostensteigerungen bei Energie kämpfen mussten".

Papier braucht viel Energie

Und was ist jetzt eigentlich mit dem oft genannten, teuren Verpackungsmaterial, das für die hohen Preise verantwortlich gemacht wird? Meist ist dieses aus Papier. Kostete besipielsweise die Tonne Zeitungspapier vor einem Jahr noch rund 400 Euro, sind es jetzt durchschnittlich knapp 1000 Euro. Das führt nicht nur dazu, dass manche Printmedien ihre Ausgaben dünn halten müssen, auch Druckereien leiden unter schwindenden Aufträgen.

Der Grund für die steigenden Papierpreise sei zuerst in der Corona-Pandemie zu finden, sagt ein Sprecher der Papierindustrie zu PULS 24. Im Frühjahr 2020 seien Aufträge wie Broschüren für den Fremdenverkehr oder Eintrittskarten wegen Corona weggefallen. Der Aufschwung im Jahr 2021 fiel dann stärker aus als erwartet, weshalb die Drucker mehr Papier nachfragten als vorhanden war. Die Preise stiegen. Dazu kam, dass die Rohstoffkosten für Altpapier und Zellstoff stiegen und die Energiepreise nach oben gingen. Der Krieg in der Ukraine lässt die Gaspreise nun noch weiter steigen - rund 20 Prozent der Ausgaben entfallen bei einer Papierfabrik auf Energiepreise.

"Rechnen mit Inflationsrate von 6 Prozent"

Und warum stiegen nun eigentlich die Energiepreise? Nach dem Corona-Jahr 2020 ist wieder mehr produziert worden, die Nachfrage nach Energie stieg. Gleichzeitig war weniger Energie am Weltmarkt verfügbar. Russland etwa hielt schon vor dem Einmarsch in der Ukraine Gas zurück, Dürren in Brasilien führten zu Ausfällen bei der Wasserkraft. Mineralölkonzerne geben die gestiegenen Einkaufspreise an die Autofahrer weiter - der Verdacht besteht, dass sie das auch tun, obwohl die Rohölpreise gar nicht so sehr gestiegen sind wie die Gaspreise. 

Die Regierungen in Europa diskutieren nun kurzfristige Maßnahmen wie den 150 Euro Energiebonus, Steuersenkungen, Preisdeckelungen, weniger Abgaben auf Strom oder Diesel-Subventionen. Langfristig könnten mehr Unabhängigkeit vom Weltmarkt und der Ausbau von erneuerbaren Energien helfen.

ribbon Zusammenfassung
  • Egal ob im Supermarkt, auf der Bau- oder an der Tankstelle - die Preise steigen, das finanzielle Auskommen wird für viele schwerer. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. PULS 24 hat sich in ausgewählten Branchen umgehört.