Merit-Order: Die Regelung, die den Strompreis treibt

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In der Strompreis-Debatte fällt immer wieder der Begriff der "Merit-Order". Worum es sich bei dieser Regelung handelt und welche Rolle sie beim Strompreis spielt, erklärt WU-Professor Klaus Gugler im PULS 24 Interview.

Seit die Teuerungen stellt sich immer öfters die Frage, wie denn die Strompreise zustande kommen und wieso es überhaupt zu diesen Preisexplosionen gekommen ist. Klaus Gugler, Ökonom an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) erklärt im Interview mit PULS 24 das Prinzip der sogenannten Merit-Order. 

Strom kann mittels Wind- oder Wasserkraft, Sonne, Biomasseanlagen, Gas oder Kernenergie gewonnen werden. Der Strompreis wird gebildet auf dem Großhandelsmärkten. In Österreich ist das die Strombörse Energy Exchange Austria (EXAA). Stromanbieter, wie zum Beispiel der Verbund, aber auch andere Händler legen dort ihre Angebote. Nachfrager für Strom, wie etwa der Industriekonzern Voestalpine, platzieren dort ebenfalls ihre Angebote. Der Preis bilde sich, wo Angebot und Nachfrage zusammenkommen, erklärt Gugler.

Was ist die Merit Order? 

Die Merit-Order ist ein Mechanismus zur Preisbestimmung. Das englische Wort "Merit" heißt so viel wie "Leistung" oder "Vorzug" und das Wort "Order" kann übersetzt werden mit "Reihenfolge". Das Prinzip der Merit-Order  - im Strombereich - beschreibt die Nutzungsreihenfolge von Kraftwerken: Wann wird welches Kraftwerk genutzt und zugeschaltet.

Gemäß Merit-Order werden Kraftwerke, die billig Strom produzieren können, zuerst herangezogen, um die Nachfrage zu decken. Das sind zum Beispiel Photovoltaik- sowie Windkraftwerke. Diese sorgen für einen niedrigen Preis am Markt. Sie verdrängen damit teure Kohle-, Erdgas- und Öl-Kraftwerke, die laut Merit Order am Schluss stehen. Im Laufe der Nachfrage werden so lange teurere Kraftwerke hinzugenommen, bis der prognostizierte Bedarf gedeckt ist. Am Ende richtet sich der Preis nach dem zuletzt geschalteten und somit teuersten Kraftwerk - momentan sind das Gaskraftwerke.

Hier spielen vor allem die Grenzkosten eine wichtige Rolle. Im Falle vom Strom, stellt sich also die Frage: Wie viel kostet die zusätzliche Megawattstunde? Zur Veranschaulichung: Wenn 99 Prozent des Stromes, der für die Versorgung notwendig ist, 6 Cent/KWh kostet, das letzte Prozent aber 60 Cent/KWh, dann kostet nach der Merit-Order der gesamte Strom 60 Cent/KWh.

Ein Ausbau der erneuerbare Energien ist damit, vor allem für zukünftige Strompreise, von zentraler Bedeutung. Teure fossile Kraftwerke könnten abgeschaltet und vom Markt genommen werden. Wichtig sei jetzt, dass man Investitionen anreizt, sagt Gugler. Kurzfristig wäre es wichtig, Haushalte zu entlasten und die Preise nicht ins "Uferlose" steigen zu lassen. Mittel- und langfristig sollten jedoch Investitionen in die Netze, die Speicherungen und die Erzeugung von erneuerbarer Energie getätigt werden.

Europäischer Gaspreis 

Derzeit liegt der Gaspreis bei knapp 316 Euro pro Megawattstunde. Nur in der Zeit unmittelbar nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges war der Preis für das in Europa gehandelte Erdgas mit einem Spitzenwert von 345 Euro kurzzeitig höher. Im August 2022 stieg der Preis im Vergleich zum Vormonat Juli um 23 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr, also August 2021, liegt er um 323,0 Prozent höher.

Abschaffung der Merit Order möglich?

Eine Abschaffung dieses System hätte zur Folge, dass es zu "horrenden Kosten" kommen könnte, sagt der WU-Professor. In den letzten 20 Jahren sei man gut mit diesem System gefahren. Würde man es jetzt ändern, könnte man auf Preise stoßen, die weniger effizient wären. Das hätte zur Folge, dass der Staat eingreifen müsste. 

Ein Alleingang Österreichs könnte die europäische Integration riskieren. Mit Partnern wie Deutschland wäre es allerdings möglich, da dieser Markt der relevanteste für Österreich sei, sagt Gugler. Am besten wäre eine europäische Lösung. Ein temporäres Subventionsregime nach spanischem oder portugiesischem Vorbild sei eine Überlegung wert. Gas für die Stromerzeugung würde damit subventioniert werden. Das könnte jedoch nur im europäischen Einklang funktionieren. Wenn nur Österreich solche Subventionierungen einführen würde, würde sich am Preis nichts verändern. Firmen würden sich lediglich die Zuschüsse "einstreifen". 

ribbon Zusammenfassung
  • Im Laufe der Strompreisteuerungen kam immer wieder der Begriff der Merit-Order auf.
  • Welche Rolle diese beim Strompreis spielt, soll im folgenden Artikel erklärt werden.

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