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E-Fuels für Autos? "Aus Mengengründen überhaupt nicht denkbar"

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E-Autos oder E-Fuels - wo liegt die Zukunft im Individualverkehr? Für Wilfried Sihn, Professor an der TU Wien, sei "überhaupt nicht am Horizont", dass E-Fuels in ausreichenden Mengen hergestellt werden könnten.

Einfach E-Fuels statt Benzin und Diesel tanken, kein lästiger Umstieg auf die Steckdose. So stellt sich das auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vor. Doch ist das ein sinnvolles Szenario? Für Wilfried Sihn sei das "allein schon aus Mengengründen überhaupt nicht denkbar". Er ist Professor an der TU Wien und leitet die Österreich-Sparte der Fraunhofer-Gesellschaft, einer international führenden Forschungsgesellschaft.

Im PULS 24 Interview erklärt er, dass es überhaupt nicht absehbar sei, wo die Mengen an E-Fuels herkommen könnten, um die Verbrennermotoren auf der Straße theoretisch klimaneutral zu betreiben. Für andere Sparten wie die Luft- oder Schifffahrt seien E-Fuels jedoch ein wesentlich interessanteres Thema, da dort Batterien einfach zu schwer sind. 

Wilfried Sihn, Professor an der TU Wien und Geschäftsführer von Fraunhofer Austria, im Interview mit PULS 24 Redakteur Patrick Schwanzer.

2035: 250 Millionen Verbrenner auf der Straße

Fest steht: ab 2035 dürfen neue Autos in der EU nur noch emissionsfrei unterwegs sein. Das geht entweder über E-Autos mit Batterie, Brennstoffzellenfahrzeuge, die mit Wasserstoff betankt werden oder eben mit herkömmlichen Verbrennern und E-Fuels. Doch alle bis dahin angemeldeten Fahrzeuge bleiben ja auf der Straße, wie Sihn erklärt: "Dann heißt das, dass wir in der EU noch ungefähr 250 Millionen Altfahrzeuge haben werden, die mit Verbrennern fahren".

Hier könnte durchaus darüber nachgedacht werden, E-Fuels in Benzin oder Diesel beizumischen, um die Schadstoffwerte zumindest etwas zu reduzieren. Bei neuen Autos glaubt der TU-Professor aber nicht, "dass das Thema E-Fuels dafür eine Lösung ist". Außerdem sind E-Fuels auch nicht zwangsläufig eine umweltbewusste Alternative. "Die sind genau dann grün, wenn man sie mit grünem Strom produziert und dazu braucht man Unmengen von Strom - das ist ja das große Problem", so Sihn. In Österreich gebe es gar nicht genug Strom aus erneuerbaren Energien, um die Produktion von E-Fuels sinnvoll zu gestalten. 

Technologieoffenheit sei weiterhin ein wichtiges Thema. Denn "wir dürfen jetzt nicht so tun, als ob bei der Elektromobilität alles gelöst wäre". Zum Beispiel fehlt noch die Ladeinfrastruktur, zudem gibt es noch Probleme mit dem Recycling der Batterien. 

Entscheidung wird von der Wirtschaft gefällt

Die Entscheidungskraft der österreichischen Politik hält Sihn in dieser Frage ohnehin für überbewertet. In der europäischen Automobilindustrie gebe Deutschland den Ton an. Österreichische Automobilzulieferer müssten das liefern, was am Markt gefragt sei. Nachdem deutsche Autobauer wie Mercedes, VW und Audi bereits das Ende von Verbrennungsmotoren geplant haben, sei absehbar, dass die Nachfrage nach Bauteilen für Elektroautos ohnehin steige. "Danach müssen wir uns richten", so Sihn. 

Der prominenteste Vertreter der deutschen Autobauer in Österreich ist BMW. Im oberösterreichischen Steyr werden jedes Jahr eine Million Motoren und mehr als 10 Millionen Motorenbauteile hergestellt - von 4.500 Beschäftigten. Doch auch in der Konzernzentrale in München hat man die Zeichen der Zeit erkannt - eine Milliarde Euro nimmt man in die Hand, um in Steyr ab 2025 Elektromotoren zu bauen.

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  • E-Autos oder E-Fuels - wo liegt die Zukunft im Individualverkehr?
  • Für Wilfried Sihn, Professor an der TU Wien, sei "überhaupt nicht am Horizont", dass E-Fuels in ausreichenden Mengen hergestellt werden könnten.

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