Österreichs Alleinunterhalter Ofner auf großer US-Open-Bühne
Jürgen Melzer wollte nach dem Erstrunden-Quali-Out von Jurij Rodionov, Lukas Neumayer, Sinja Kraus und Julia Grabher sowie der wegen Nichtnennung selbstverschuldeten Absenz von Filip Misolic nichts von einem Armutszeugnis für das rot-weiß-rote Tennis wissen. "Es ist natürlich schade. Aber generell in den letzten Monaten hat es doch eine sehr positive Entwicklung gegeben", sagte der ÖTV-Sportdirektor Mitte der Woche bei einem Medien-Termin in Wien. Es habe im August auch eine Woche gegeben, in der es bei Challengern sehr gut gelaufen sei.
Aber nicht auf der ATP-Tour, auf der Ofner nach seinem Drittrunden-Einzug mit fünf Auftakt-Niederlagen in Folge einen Hochsommer zum Vergessen erlebt hat. "Man muss auch den Realismus ein bisschen im Auge behalten, weil wir einfach keine Top-20-Spieler haben", wies Melzer quasi darauf hin, dass vom Ranking her keine Großtaten zu erwarten sind. Misolic wird sich am Montag voraussichtlich erneut auf einen Karrierehoch verbessern, das aber nur als 93. Beim Cut ist niemand für das letzte Jahres-Major qualifiziert gewesen, Ofner ist per "protected ranking" dabei.
Um sich in der Weltrangliste von einem Platz rund um 140 noch vor dem Davis Cup in drei Wochen auf Hartplatz in Debrecen gegen Ungarn in Richtung Australian-Open-Hauptfeld zu bewegen, wäre ein Sieg gegen Ruud willkommen. Die Vorzeichen und auch die Chancen gegen den Weltranglisten-Zwölften stehen aber schlecht, der Skandinavier stand 2022 bei diesem Major auch schon im Finale. "Er hat jetzt auch keine guten Ergebnisse gespielt in letzter Zeit - also glaube ich schon, dass das ein interessantes Match werden kann", machte sich Ofner Mut.
Ruud hat nach seinem Masters-1000-Triumph Anfang Mai in Madrid nur sieben Matchsiege geholt, auf Hartplatz bloß deren zwei in Toronto. In Cincinnati ereilte den dreifachen Major-Finalisten ein Auftakt-Out. Gegen die ÖTV-Nummer zwei ist der 26-Jährige natürlich dennoch klar zu favorisieren. Ofner: "Ein tougher Gegner, aber nicht unschlagbar. Er hat ein gutes Percentage mit dem ersten Aufschlag und natürlich von der Baseline, wenn er Zeit hat mit der Vorhand, kann er die Bälle überall verteilen. Von seiner Vorhand wegzukommen, wird sicher das Schwierigste."
Bisher ein Hauptfeld-Sieg Ofners in New York
Nach dem frühen Out in Winston-Salem hat sich Ofner in New York u.a. mit Nuno Borges (POR) und Valentin Royer (FRA) vorbereitet. Zwischendurch hatte der 29-Jährige auch Gelegenheit, die einzigartige Atmosphäre in der Metropole aufzusaugen. "Das amerikanische Flair - man wohnt mitten in Manhattan. Das ist richtig geil, auch die Anlage. Es ist super, die amerikanischen Fans können richtig verrückt sein." Es ist Ofners achtes Antreten bei diesem Major. Fünfmal schied er in der Qualifikation aus, vor zwei Jahren kam er in die zweite Runde, im Vorjahr gab es ein Erstrunden-Out.
Dass Ofner nach seiner Verletzungspause im Frühjahr sehr gut gespielt hat und es nun einen gewissen Einbruch in den Leistungen gab, darin sieht Melzer keine Diskrepanz. "Wenn ich mich an meine Comebacks erinnere, ist es am Anfang immer ein bisschen leichter", erklärte der auch als Davis-Cup-Kapitän fungierende Melzer. "Du hast dann nicht diese Erwartungshaltung, gehst einfach locker rein. Wenn irgendwann dieser Punkt kommt, an dem du vielleicht zwei, drei Matches verlierst, wird es einfach schwieriger." Grundsätzlich traut der 44-Jährige Ofner aber wieder einiges zu.
Ebenso wie Doppelspezialist Lucas Miedler, neben dessen Davis-Cup-Partner Alexander Erler Österreichs einziger Beitrag im Doppel der US Open. Nach einem Viertelfinale in Cincinnati mit dem Portugiesen Francisco Cabral bestritten die beiden am (heutigen) Samstag das Endspiel von Winston-Salem. Miedler steht erstmals in den Top 30. Melzer: "Mit diesem Partner scheint es irgendwie zu klicken. Luci ist ein extrem konstanter Spieler, der sich auch immer wieder weiterentwickelt. Wenn diese Partnerschaft länger besteht, glaube ich, dass die auch noch weiter vorankommt."
Zusammenfassung
- Sebastian Ofner ist als einziger Österreicher im Einzel-Hauptfeld der US Open vertreten und trifft in der ersten Runde am Montagabend auf den Weltranglisten-Zwölften Casper Ruud im Louis Armstrong Stadium.
- Ofner, der zuletzt fünf Auftaktniederlagen in Folge auf der ATP-Tour erlitt, ist dank 'protected ranking' im Hauptfeld, während alle anderen österreichischen Einzelspieler in der Qualifikation scheiterten oder nicht gemeldet waren.
- Im Doppel sind Lucas Miedler und Alexander Erler Österreichs einzige Vertreter, wobei Miedler nach einem Viertelfinale in Cincinnati und dem Finaleinzug in Winston-Salem erstmals in die Top 30 der Welt vorstieß.