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"Großes Tohuwabohu": Betrugsvorwürfe gegen ÖSV-Adler

Heute, 09:42 · Lesedauer 4 min

Kurz vor dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen hat die FIS norwegische Betrugsvorwürfe gegen die österreichischen Skispringer als falsch abgestempelt. Norwegische Medien hatten zuvor an der Legalität der Bindung von ÖSV-Routinier Manuel Fettner gezweifelt, der Weltverband klärte in einem Statement auf. "Die Bindung ist seit etwa zehn Jahren in Nutzung und wurde genehmigt", hieß es. ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl bezeichnete die Causa als "großes Tohuwabohu".

"Viel Lärm um nichts", sagte ein FIS-Sprecher am Silvestertag zur APA. "Ein ganz alter Kuchen." In Oberstdorf sei ein Foto von Fettners Bindung gemacht und an internationale Medien weitergespielt worden, weshalb die Vorwürfe aufkamen. Die norwegische Tageszeitung "Dagbladet" spekulierte etwa über eine "selbstgemachte", "verdächtige" und möglicherweise "illegale" Bindung.

Die FIS stellte am Dienstag im Team Captains Meeting klar, dass die adaptierte Bindung von Fettner bereits seit Jahren abgesegnet ist. "Diese Bindung ist adaptiert worden, weil Manuel Fettner einen anderen Sprungschuh als alle anderen hat. Diese Änderung war notwendig, damit es überhaupt funktioniert für seinen Schuh. Es gibt keinen Vorteil", erklärte Widhölzl. Auch der Bindungshersteller Slatnar teilte mit, dass diese Modifizierung keinen Einfluss auf die Leistung des Athleten hat.

Fast genau zehn Monate nach dem norwegischen Skandal um manipulierte Anzüge bei der Heim-WM gibt es im Skisprung-Zirkus wieder ein von Medien aufgebauschtes Material-Drama. Die FIS fährt seit dem Skandal von Trondheim, als das norwegische Team seine Anzüge illegal modifiziert hatte, eine strengere Linie, die von österreichischer Seite begrüßt wird. "Ich finde das gut. Es sind viele Kontrollen, es wird genauer hingeschaut. Das hat sich jede Nation gewünscht", sagte Widhölzl.

Dass keine Ausnahmen mehr gemacht werden und es selbst bei Millimeter-Entscheidungen keine Toleranz bei der Regel-Auslegung gibt, sieht der ÖSV-Cheftrainer positiv. "Natürlich sind drei Millimeter nicht viel, aber man muss konsequent sein, sonst werden aus 0,3 dann 0,8 und irgendwann ein Zentimeter. In der Formel 1 haben sie bei Norris im vorletzten Rennen auch nicht die Augen zugedrückt, sondern das ganze Team disqualifiziert."

Zajc reagierte mit Galgenhumor

In Oberstdorf waren dem zweitplatzierten Timi Zajc drei Millimeter beim Anzug zum Verhängnis geworden. Der Slowene wurde disqualifiziert und musste den Traum vom Tourneesieg begraben. Durch die zu kurze Beininnenlänge hätte im Schritt eine größere Tragfläche entstehen können und damit ein Vorteil im Flug. "Das macht viel aus", betonte Widhölzl. Natürlich, ergänzte er, seien alle Anzüge am Limit genäht, "weil du nichts herschenken willst. Aber es muss im Reglement sein."

Zajc reagierte mit Galgenhumor. "Lasst uns den Anzug ein bisschen stretchen, vielleicht ist dann in Ga-Pa alles okay", schrieb der 25-Jährige mit Blick auf das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen in einer Instagram-Story - löschte diese aber kurz darauf wieder. Titelverteidiger Daniel Tschofenig fühlte mit seinem Konkurrenten mit. "Für ihn ist es extrem bitter, weil er gut gesprungen ist und es ziemlich sicher auch nicht das war, was ihn aufs Podium gebracht hat", sagte der Kärntner. "Aber Regeln sind Regeln. Wenn man jemanden durchwinkt, nur weil es die Tournee ist, öffnet man wieder Türen für die nächsten Springen."

Tschofenig vor Kontrollen entspannt

Tschofenig selbst verspüre keine Nervosität vor den Kontrollen. "Wir wissen eigentlich immer, dass unser Zeug passt", betonte Österreichs Sportler des Jahres. Deshalb gehe er immer sehr entspannt zu den Kontrolleuren. Zu diesen gehört seit Saisonbeginn der Tiroler Mathias Hafele, der als ehemaliger Skispringer alle Tricks kennt. Gemeinsam mit seinem Landsmann Jürgen Winkler zeichnet er für den Kurswechsel der FIS verantwortlich.

"Es ist ein Lernprozess, sie machen es sehr gut. Man hat das Gefühl, es gibt eine Linie", sagte Widhölzl. Der Kärntner Christian Kathol hatte sein Amt als FIS-Chefkontrolleur wenige Monate nach dem WM-Skandal zurückgelegt.

Zusammenfassung
  • Die FIS hat norwegische Betrugsvorwürfe gegen den ÖSV-Adler Manuel Fettner kurz vor dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen als unbegründet zurückgewiesen und bestätigt, dass seine seit etwa zehn Jahren genutzte Bindung genehmigt ist.
  • Beim Auftaktspringen in Oberstdorf wurde der Slowene Timi Zajc wegen einer drei Millimeter zu kurzen Beininnenlänge seines Anzugs disqualifiziert, was für Diskussionen über die strikten Materialregeln sorgte.
  • ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl und der Bindungshersteller betonen, dass die Modifikation der Bindung keinen Leistungsvorteil bringt, und begrüßen die verschärften FIS-Kontrollen nach dem norwegischen Anzug-Skandal.