Stephan HelmAPA/EXPA/Reinhard Eisenbauer

Bundesliga

Austria-Krise: Muss Trainer Helm gehen?

Heute, 05:01 · Lesedauer 5 min

Nach einem Saisonstart zum Vergessen muss Stephan Helm um seinen Trainerjob bei der Wiener Austria zittern. Statt des erhofften Befreiungsschlags in der Fußball-Bundesliga gingen die "Veilchen" am Sonntag beim klaren 1:3 gegen den TSV Hartberg zum dritten Mal hintereinander als Verlierer vom Platz, dieses Mal begleitet von einem gellenden Pfeifkonzert der violetten Anhänger. "Ich bin überzeugt, dass wir den Bock umstoßen werden", übte sich Helm danach in Zweckoptimismus.

Das werde aber nur "mit ganz viel Energieaufwand" gehen, betonte der Coach, der zuvor den nächsten Tiefschlag miterlebt hatte. Gegen die Hartberger fehlte in der Offensive nicht nur der abgewanderte Dominik Fitz, sondern auch Kreativität, Spritzigkeit und vor allem Passgenauigkeit. "Das müssen wir einfach besser machen. Heute wollten wir eigentlich das Schiff in die richtige Richtung lenken", sagte Helm und haderte mit dem Umstand, dass speziell im letzten Drittel die Überzeugung gefehlt habe. Die Gegentore resultierten aus Umschaltsituationen, in denen die Oststeirer die fehlende Kompaktheit in der Austria-Defensive gnadenlos bestraften.

Fischer sah "elf Einzelspieler"

Die Austria-Profis stellten sich nach Schlusspfiff wie schon nach dem Europacup-Aus in der Vorwoche den wütenden Fans, danach übte Manfred Fischer besonders scharfe Kritik. "Mir kommt vor, dass da elf Einzelkämpfer sind, die versuchen, das irgendwie über die Bühne zu bringen. Da lässt jeder den anderen ein bisschen im Stich und dann schaut es so aus, wie es heute ausgeschaut hat, furchtbar", fällte der Austria-Kapitän bei Sky ein hartes Urteil. Nun brauche es eine Steigerung in der Zweikampfführung "um 200 Prozent", sagte er. "Derzeit müssen wir viel schlucken, aber wir verdienen es uns. Es war einfach nicht gut genug."

Johannes Eggestein predigte nach einer "verdienten" Niederlage indes Teamgeist. "In erster Linie geht es darum, dass wir zusammenbleiben und nicht als Mannschaft plus Trainerteam auseinanderfallen", sagte der Offensivspieler. Jetzt müsse versucht werden, gemeinsam aus dieser Situation herauszukommen und nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen. "Der Trainer ist am Ende des Tages die ärmste Sau. In erster Linie sind wir Spieler verantwortlich, was wir auf den Platz bringen." In strategischer Hinsicht regte der Deutsche eine defensivere Herangehensweise an. "Vielleicht sollten wir auch einmal kompakt agieren, als Block stehen, die Null hinten halten und dann aus Umschaltsituationen gute Chancen kreieren."

Gollowitzer will Lage in Länderspielpause analysieren

Austria-Präsident Kurt Gollowitzer bezeichnete den Saisonstart bereits vor Spielbeginn im Sky-Interview als "ganz schlecht", mit nur einem Punkt aus vier Ligaspielen sind die "Veilchen" derzeit Vorletzter. "Es ist verwunderlich, weil wir vor zweieinhalb Monaten noch bis zum letzten Saisonspiel um den Meistertitel mitgekämpft haben. In der Länderspielpause wollen wir die Situation analysieren und die richtigen Schlüsse ziehen", sagte Gollowitzer. Sportdirektor Manuel Ortlechner suchte indes direkt nach Schlusspfiff das Vieraugengespräch mit Helm, um das Geschehene zu analysieren. Zur Jobsicherheit des Austria-Trainers wollte sich von den violetten Verantwortlichen niemand äußern, die Austria-Anhänger richteten ihren Unmut mit "Jürgen Werner raus"-Rufen jedenfalls gegen den Sportvorstand.

Helm macht sich unterdessen keine Gedanken um seine Zukunft in Wien-Favoriten, wie er selbst betonte. "Ich muss mich auf die Dinge konzentrieren, die ich beeinflussen kann." Es gehe nun darum, die Egos hinten anzustellen. "Die Dinge, die wir besser machen müssen, müssen klar angesprochen werden. Man muss kritisch, aber auch konstruktiv miteinander umgehen. Das ist der Weg, der uns da rausführen kann", sagte der Burgenländer und betonte: "Aus so einer Situation spielt man sich nicht heraus, aus so einer Situation beißt, kämpft und arbeitet man sich heraus."

Schmid fühlte mit der Austria mit

Hartberg-Trainer Manfred Schmid freute sich hingegen über einen "gelungenen Abend". Der Ex-Austria-Coach, der die Wiener im Frühjahr im Cup-Halbfinale schon aus dem Bewerb gehievt hatte, war nach dem zweiten Saisonsieg zufrieden über die Leistung seiner Truppe. Die Unruhe bei seiner alten Liebe bekam der Wiener freilich auch mit. "Das tut mir leid, das ist nicht Absicht. Das tut mir selbst weh", betonte Schmid, der im Vorjahr mit dem WAC mit einem 4:0-Auswärtssieg in Wien für das Ende der Trainer-Ära von Michael Wimmer gesorgt hatte.

Für die Austria geht es vor der Länderspielpause mit dem Heimspiel gegen Altach weiter. Mit den Vorarlbergern kommt ein Gegner, der nach vier Runden noch ungeschlagen auf dem dritten Platz rangiert. Beim 1:1 gegen den GAK boten beide Teams einen "Abnützungskampf" ohne Sieger, wie Fabio Ingolitsch analysierte. Der Altacher Coach zeigte sich mit den acht Zählern "insgesamt zufrieden. Das Gute ist, dass wir trotzdem nicht am Limit sind, noch Luft nach oben haben." Der jüngste Werdegang des 33-Jährigen darf Helm Mut machen. Nach der vergangenen Saison mit Abstiegskampf bis zuletzt galt Ingolitsch als schwer angezählt. Der SCR setzt aber auf ihn und sieht sich nun in deutlich ruhigeren Gefilden wieder. Bitter für Altach war der Ausfall von Vesel Demaku, der mit bandagierter Schulter in der Kabine verschwand. Eine längere Pause beim Mittelfeldmann ist zu befürchten.

Zusammenfassung
  • Austria Wien kassierte beim 1:3 gegen Hartberg die dritte Niederlage in Folge und steht mit nur einem Punkt aus vier Spielen auf dem vorletzten Tabellenplatz.
  • Trainer Stephan Helm gerät nach dem schwachen Saisonstart unter Druck, bleibt jedoch optimistisch und fordert mehr Energieaufwand sowie Teamgeist.
  • Kapitän Manfred Fischer kritisierte die Mannschaft als "elf Einzelkämpfer" und forderte eine Steigerung in der Zweikampfführung "um 200 Prozent".
  • Austria-Präsident Kurt Gollowitzer kündigte eine Analyse der Situation in der Länderspielpause an, während die Fans mit "Jürgen Werner raus"-Rufen ihren Unmut äußerten.
  • Das nächste Spiel gegen den drittplatzierten, noch ungeschlagenen SCR Altach wird für Austria Wien zur weiteren Bewährungsprobe.