Australiens Premier über Djokovic: Ohne Beweise sitzt er "im nächsten Flug nach Hause"

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Die internationale Presse zerlegt die Ausnahme für den ungeimpften Tennis-Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic. Von "kranker Heuchelei" ist die Rede und dass er sich schämen solle. Australiens Premierminister Scott Morrison reagierte darauf. Djoko müsse medizinische Beweise vorlegen, sonst werde er umgehend außer Landes verfrachtet.

"Wenn Novak Djokovic in Australien ankommt, muss er, wenn er nicht geimpft ist, akzeptable medizinische Beweise dafür erbringen." Sollten diese nicht ausreichen, "sitzt er im nächsten Flugzeug nach Hause", stellte Australiens Premierminister Scott Morrison am Mittwoch klar.

Zum Hintergrund: Der Tennisstar darf, obwohl er ungeimpft ist, bei den Australien Open spielen. Er soll aus medizinischen Gründen keine Impfung bekommen dürfen. Die Ausnahmeerlaubnis sei nach strenger Überprüfung, an der zwei unabhängige Expertengremien beteiligt waren, erteilt worden, teilten die Veranstalter mit.

Österreichs Tennisstar Jürgen Melzer kritisierte Kollegen Djokovic maximal zwischen den Zeilen. Es sei "eine Überraschung", viel Spieler, die fast durchwegs geimpft sind, seien sicher "jetzt nicht happy". Man könne sich aber "nur schwer aufregen", wenn die Ausnahme, wie in den Medien kolportiert, für mehrere Spieler gelte. 

Viel schärfer ist die Kritik für Djokos Teilnahme aber in den internationalen Medien. 

Australien: "Kranke Heuchelei"

"The Age": "Novak Djokovic wäre gut beraten, seine übliche "herzzerreißende" Freudenfeier in der Rod Laver Arena zu unterlassen. Nach dem Spott zu urteilen, den seine medizinische Ausnahmegenehmigung für den Kampf um den 10. Australian Open-Titel in Melbourne hervorgerufen hat, ist er wohl im Begriff, der am wenigsten beliebte Besucher des Landes zu werden, seit Katie Hopkins letztes Jahr ausgewiesen wurde, weil sie damit geprahlt hatte, die Hotelquarantäne gebrochen zu haben. ... Eine Stadt, die sechs Lockdowns überstanden hat und in der eine zweifache Impfung die Bedingung für den Zugang zu jedem öffentlichen Gemeinschaftsraum ist, wird es wahrscheinlich nicht gutheißen, dass der führende Impfskeptiker des Tennis durch die VIP-Spur am Flughafen Tullamarine geleitet wird."

"The West Australian": "Der Djoker hat sich in den Joker verwandelt und sich selbst schamlos die Rolle als Bösewicht zugeteilt, bevor er seinen Versuch startet, die Tenniswelt zu regieren."

"The Canberra Times": "Heben Sie die Hand, wenn Sie wirklich überrascht waren, als Novak Djokovic eine medizinische Ausnahmegenehmigung für die Australian Open erhalten hat. Entsetzt vielleicht. Wütend, ja. Frustriert, enttäuscht, angewidert, das Gefühl, als hätten wir alle gerade eine massive Ohrfeige bekommen. ... Es ist traurig für die Bewohner dieses Landes, denen während dieser Pandemie immer wieder internationale und zwischenstaatliche Reisen verweigert wurden, selbst um ihre sterbenden Lieben zu sehen. Für diejenigen, die von ihren Kindern getrennt wurden oder nicht an der Beerdigung eines engen Freundes oder Familienmitglieds teilnehmen konnten. Leider sind die Regeln anders, wenn Sie ein globaler Sport-Superstar sind, auch wenn Sie keinerlei Respekt vor einem Virus gezeigt haben, das in den letzten zwei Jahren fast 300 Millionen Menschen auf der ganzen Welt infiziert hat."

"The Herald Sun": "Die medizinische Ausnahmegenehmigung für Novak Djokovic, damit er die Australian Open spielen kann, ist eine kranke Heuchelei. Seine Teilnahme ist eine Beleidigung für jeden Australier, der wegen Covid durch die Hölle gegangen ist."

Deutschland: "Plötzlich ist alles ganz anders!"

"Bild": "Plötzlich ist alles ganz anders! Novak Djokovic (34) darf bei den Australien Open mitspielen - und damit auch andere ungeimpfte Spieler. Bislang galt diese Knallhart-Regel: Nur geimpfte Profis dürfen in Melbourne antreten."

Großbritannien: "Sie sollten sich schämen"

"Daily Mail": "Nachdem Australien seine Bürger mit unerbittlichem Eifer im Kampf gegen Corona drangsaliert hat, hat es mit No-vax Djokovic einem Mann eine öffentliche Plattform gegeben, der für die andere Seite zu arbeiten scheint... Sie sollten sich schämen."

"The Telegraph": "Novak Djokovics Ausnahmeregelung beweist, dass Australiens harte Corona-Haltung nicht für die Reichen und Berühmten gilt."

Schweiz: "Der Zweck heiligt die Mittel"

"Tagesanzeiger": "Djokovic hätte es in der Hand gehabt, die Kontroverse zu verhindern. Er erschwert dem Sport mit seiner Weigerung, sich impfen zu lassen, die Zeit der Pandemie zusätzlich. ... Er hat sich längst zu einem Kämpfer entwickelt, der umso stärker wird, je größer die Widrigkeiten sind, die er antrifft. Und ist daran, auch die letzten Rekorde zu brechen, die ihm noch nicht gehören. Dass er das nach dem Leitsatz des italienischen Philosophen Niccolò Machiavelli tut – der Zweck heiligt die Mittel –, muss ja nicht jeder gut finden."

Spanien: Wirtschaftliche und sportliche Interessen haben Vorrang

"Marca": "Am Ende hatten wirtschaftliche und sportliche Interessen - die Tatsache, den Weltbesten in Australien zu haben - Vorrang vor den Gesundheitsvorschriften, die jeder nach den Gesetzen seines Landes einhalten muss angesichts einer Pandemie, die die Welt seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat."

"El Mundo": "Die Behörden des Bundesstaates Victoria, die prinzipiell zögerlich sind, Ausnahmen zu gewähren, unterstützten das Zugeständnis an Djokovic. All dies geschieht inmitten einer Welle von Ansteckungen in der Bevölkerung, die die Krankenhäuser in Melbourne unter Druck gebracht hat."

ribbon Zusammenfassung
  • Die internationale Presse zerlegt die Ausnahme für den ungeimpften Tennis-Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic. Von "kranker Heuchelei" ist die Rede und dass er sich schämen solle. Australiens Premierminister Scott Morrison reagierte darauf. Djoko müsse medizinische Beweise vorlegen, sonst werde er umgehend außer Landes verfrachtet.

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