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Zypern übernimmt EU-Vorsitz

Heute, 20:41 · Lesedauer 2 min

Zypern übernimmt am Donnerstag (1. Jänner) für sechs Monate den EU-Vorsitz. Im Zentrum der zypriotischen Agenda stehen laut Regierungskreisen in Nikosia die Stärkung der strategischen Autonomie der EU, besonders in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit sowie das Migrationsmanagement. Auch die Verständigung im Nahen Osten ist für Nikosia eine Priorität. So plant das neue Ratsvorsitzland für April einen informellen EU-Gipfel mit den Mittelmeeranrainern, darunter die Türkei.

Das neutrale Land will auch zur Vertiefung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beitragen. Unter dem Leitmotiv "Ein autonomeres Europa ist ein sichereres Europa" setzt sich Zypern für die rasche Umsetzung des Weißbuchs zur europäischen Verteidigung sowie eines Fahrplans für eine verbesserte Verteidigungsbereitschaft bis 2030 ein. Auch das auf Zypern im zweiten Halbjahr nachfolgende EU-Vorsitzland Irland ist neutral. Mit Österreich und Malta bilden sie die kleine Gruppe bündnisfreier bzw. neutraler Staaten in der EU, die anderen 23 EU-Mitgliedstaaten gehören auch der NATO an.

Der zypriotische Präsident Nikos Christodoulides bringt viel EU-Erfahrung mit. Er war Sprecher der ersten zypriotischen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2012, bevor er später Außenminister und schließlich Staatspräsident wurde. Der konservative Politiker will den EU-Ratsvorsitz auch nützen, um den Konflikt auf der geteilten Mittelmeerinsel zu beenden. Ihm schwebt eine schrittweise Aussöhnung mit der Türkei vor, die seit 1974 den Nordteil Zyperns militärisch besetzt hält. Demnach soll Ankara einer NATO-Integration Zyperns zustimmen, während Nikosia den EU-Beitrittsprozess der Türkei vorantreibt.

Am 23. und 24. April will der Ratsvorsitz einen informellen EU-Gipfel abhalten, zu dem laut Medienberichten auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Vertretende weiterer Mittelmeerländer eingeladen werden sollen. Weiters muss die zypriotische EU-Ratspräsidentschaft die Arbeiten am künftigen EU-Mehrjahresbudget (MFR/MFF) von 2028 bis 2034 vorantreiben. Die Verhandlungen sollen bis Ende 2026 abgeschlossen sein. Schließlich kommt dem EU-Vorsitz eine wichtige Rolle bei der EU-Erweiterung zu. Montenegro will seine Beitrittsgespräche im Jahr 2026 abschließen, um 2028 das 28. EU-Mitglied zu werden. Es wäre die erste größere Bewegung bei der EU-Erweiterung seit dem EU-Beitritt Kroatiens 2013.

Zusammenfassung
  • Zypern übernimmt ab 1. Jänner für sechs Monate den EU-Ratsvorsitz und legt dabei einen Schwerpunkt auf die Stärkung der strategischen Autonomie der EU in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit und Migration.
  • Für April plant das Land einen informellen EU-Gipfel mit den Mittelmeeranrainern, darunter die Türkei, und will so zur Verständigung im Nahen Osten beitragen.
  • Die zypriotische Ratspräsidentschaft soll die Verhandlungen zum EU-Mehrjahresbudget 2028–2034 bis Ende 2026 vorantreiben und spielt eine Schlüsselrolle bei der geplanten EU-Erweiterung, bei der Montenegro 2028 das 28. Mitglied werden könnte.