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Zahl afghanischer Flüchtlinge in Pakistan stark gestiegen

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Der Massenexodus aus Afghanistan Richtung Europa nach der Machtübernahme der Taliban ist offiziellen Zahlen zufolge zwar bisher ausgeblieben, die Fluchtbewegung in die Nachbarländer wie etwa Pakistan hat sich aber massiv verstärkt. Offiziell seien in den letzten Wochen nur einige Tausend Geflüchtete registriert worden, die Dunkelziffer dürfte aber beim Zehnfachen liegen, wie der Caritas-Experte Andreas Zinggl im APA-Gespräch erklärt.

Viele, die aus Afghanistan Richtung Pakistan fliehen, wollten nicht registriert werden. "Sie verstecken sich - oft bei entfernten Verwandten - in Pakistan", weil sie eine Verfolgung durch die radikalen Islamisten fürchten, so der 57-jährige Programm-Manager für Pakistan bei der Caritas Sankt Pölten. Ihre Perspektive reiche meist nur wenige Wochen, antwortet Zinggl auf die Frage, ob einige auch mit einer Weiterreise Richtung Europa spekulieren würden. Für die aktuell Geflüchteten gehe es darum, einen "sicheren Ort" zu finden, "was in ein bis zwei Jahren sein wird, darüber machen sie sich keine Gedanken".

Generell glaubt der Caritas-Experte, der sich auch aktuell in Pakistan aufhält, nicht an eine große Flüchtlingsbewegung von Afghanen nach Europa - eine Sorge, die seitens heimischer Politiker immer wieder geäußert wird. "Ich halte das für übertrieben." Es sei auch angesichts der Maßnahmen, die viele Länder setzen - wie etwa der Mauerbau an der türkisch-iranischen Grenze - relativ unrealistisch.

Als größte Herausforderung im Bereich der humanitären Hilfe für afghanische Flüchtlinge in Pakistan bezeichnet Zinggl den bevorstehenden Winter, der in der Grenzregion zu Afghanistan "ziemlich hart" werden kann. Grundsätzlich gehe es bei der Versorgung der Geflüchteten immer um das Lebensnotwendigste - "Nahrung, ein Dach über dem Kopf, also ein Zelt und medizinische Versorgung". Jetzt benötige man zusätzlich noch mehr Decken, Kleidung und Zelte. Langfristig versuche man dann auch Schul- und Berufsausbildung in Flüchtlingscamps anzubieten.

Insgesamt betreut die Caritas in ganz Pakistan rund 10.000 Menschen - ausschließlich afghanische Flüchtlinge. Offiziell sind in dem Land 1,4 Millionen Flüchtlinge registriert, zusätzlich halten sich allerdings ähnliche viele unregistriert im Land auf. Bei 95 bis 100 Prozent dieser rund drei Millionen Menschen handelt es sich laut Zinggl um afghanische Staatsbürger.

Auf die Frage, wie die österreichische Bundesregierung am besten helfen könne, antwortete der Experte für humanitäre Hilfe: "Da ist noch viel Potenzial da, auch wenn sich die letzten zwei Jahre viel in die richtige Richtung bewegt hat." Zinggl wünscht sich einerseits das klare Bekenntnis, Afghanistan ("Immer so lokal wie möglich helfen"), aber auch die Nachbarstaaten, über lokale Organisationen weiterhin finanziell zu unterstützen. Andererseits solle man parallel dazu auch "zumindest eine Handvoll Menschen" aus Afghanistan aufnehmen, die sich vor der Machtübernahme der Taliban für Menschenrechte eingesetzt hätten, meint der frühere Radiojournalist. "Wenn man zumindest das Gefühl hätte, es gibt da Willen, etwas zu verbessern und ein paar Menschen aufzunehmen, das würde mir am Herzen liegen."

(Das Gespräch führte Christina Schwaha/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Der Massenexodus aus Afghanistan Richtung Europa nach der Machtübernahme der Taliban ist offiziellen Zahlen zufolge zwar bisher ausgeblieben, die Fluchtbewegung in die Nachbarländer wie etwa Pakistan hat sich aber massiv verstärkt.
  • Offiziell seien in den letzten Wochen nur einige Tausend Geflüchtete registriert worden, die Dunkelziffer dürfte aber beim Zehnfachen liegen, wie der Caritas-Experte Andreas Zinggl im APA-Gespräch erklärt.

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