WFP-Chef: Fehlendes ukrainisches Getreide ist "nur ein Ausschnitt der Hungerkrise"

0

Selbst wenn sich die Lage in der Ukraine "morgen komplett normalisieren würde", wäre der Welthunger damit nicht besiegt, so Martin Frick, Chef des World Food Programme (WFP) Büros in Berlin. Weltweit seien ungefähr 345 Millionen Menschen akut von Hunger bedroht.

Das erste Schiff seit Beginn des russischen Angriffskrieges, dass Odessa mit ukrainischem Getreide verlässt, sei "ein Zeichen der Hoffnung", so Martin Frick, Chef des World Food Programme Büros in Berlin, im Newsroom LIVE. Es sei auch ein Zeichen dafür, "dass es sich wieder in Richtung Normalisierung entwickeln kann". Aber vor dem russischen Angriffskrieg seien täglich 200.000 Tonnen Getreide aus Odessa abgewickelt worden und "davon sind wir noch weit entfernt", so Frick.

Getreide-Blockade: "Nur ein Ausschnitt der Hungerkrise"

Die durch die Getreide-Blockade fehlenden Lieferungen seien aber "nur ein Ausschnitt der Hungerkrise". World Food Programme (WFP) habe bereits im Dezember 2021 Alarm geschlagen, weil zu diesem Zeitpunkt 279 Millionen Menschen akut ernährungsunsicher waren. Die Kriegshandlungen in der Ukraine hätten die Situation verschärft. "Heute haben wir ungefähr 345 Millionen Menschen, die akut von Hunger bedroht sind", so der WFP-Chef. Aber "selbst wenn sich die Lage in der Ukraine morgen komplett normalisieren würde, hätten wir den Welthunger damit nicht besiegt". Die Folgen vieler anderer Konflikte, wie etwa Covid und Klimawandel, "machen uns nach wie vor zu schaffen", sagt Frick im Newsroom Live.

Getreide aus Ukraine: Welche Länder sind am stärksten abhängig?

Die Auswirkungen des fehlenden Getreides aus der Ukraine seien auf der ganzen Welt spürbar. Besonders abhängig vom ukrainischen Getreide seien aber Nordafrika, der Mittlere Osten und Subsahara-Afrika. "Aber den Effekt, dass die Weltmarkpreise so hoch geworden sind, spüren Sie sogar bis nach Südamerika", erklärt der WFP-Chef.

Was passiert, wenn Getreide-Abkommen scheitert?

Ein Scheitern des Getreide-Abkommens zwischen Russland und der Ukraine hänge stark mit den Preisen der Lebensmittel zusammen. Kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens seien zwei Raketen in Odessa eingeschlagen, während zwei weitere abgefangen werden konnten. Die Börse habe sofort reagiert. "Das ist eine sehr nervöse, angespannte Situation. Da darf nichts passieren", so Frick. 

World Food Programme (WFP) kümmere sich direkt um Menschen, die akut von Hunger bedroht sind. Das seien nicht nur unterernährte Menschen, sondern auch die, die drohen zu verhungern. "Wir helfen mit humanitärer Hilfe, mit Hilfe unserer Geber, in immer wachsendem Maße. Wir sorgen aber auch dafür, dass die Ernährungssicherheit grundlegend auf eine solidere Basis gestellt wird, sodass vor allem die Länder in Subsahara-Afrika besser in der Lage sind, sich selbst zu ernähren", erklärt Frick.

Keine Nahrungsmittelkrise, sondern "Verteilungskrise"

Dabei handle es sich nicht um eine Nahrungsmittelkrise sondern eine "Verteilungskrise". "Wir hätten jederzeit genügend Lebensmittel um alle Menschen auf der Welt zu ernähren. Es ist eine Frage des "es sich leisten könnens". Ich drücke das gerne so aus: Sie befinden sich in einem vollen Supermarkt, aber Sie haben nichts im Portemonnaie und dann helfen Ihnen auch die vollen Regale nicht", so der WFP-Chef Martin Frick im Newsroom LIVE.

ribbon Zusammenfassung
  • Selbst wenn sich die Lage in der Ukraine "morgen komplett normalisieren würde", wäre der Welthunger damit nicht besiegt, so Martin Frick, Chef des World Food Programme (WFP) Büros in Berlin.
  • Weltweit seien ungefähr 345 Millionen Menschen akut von Hunger bedroht.
  • Das erste Schiff seit Beginn des Angriffskrieges, dass Odessa mit ukrainischem Getreide verlässt, sei "ein Zeichen der Hoffnung", so Martin Frick, Chef des World Food Programme Büros in Berlin, im Newsroom LIVE.
  • Es sei auch ein Zeichen dafür, "dass es sich wieder in Richtung Normalisierung entwickeln kann".
  • Aber vor dem russischen Angriffskrieg seien täglich 200.000 Tonnen Getreide aus Odessa abgewickelt worden sind und davon "sind wir noch weit entfernt", so Frick.

Mehr aus Politik