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"Notfalls"

Wiederkehr will Lehrer zu Sommerschule verpflichten

21. Aug. 2025 · Lesedauer 5 min

Ab nächstem Jahr soll die Sommerschule für Kinder mit Deutschproblemen Pflicht werden.

Das derzeit freiwillige Angebot haben nur 17 Prozent der rund 49.000 außerordentlichen Schülerinnen und Schüler genutzt, nächstes Jahr könnte sich die Zahl der Sommerschul-Teilnehmer dadurch laut Bildungsressort auf über 70.000 fast verdoppeln. Um sicherzustellen, dass es trotzdem genug Personal gibt, will Minister Christoph Wiederkehr (NEOS) Lehrerinnen und Lehrer notfalls verpflichten.

Notfalls: Lehrkräfte verpflichten

Er sei zuversichtlich, dass sich auch für das neue Modell genug Lehrkräfte freiwillig melden werden, weil das Angebot attraktiv sei, so Wiederkehr im APA-Sommerinterview. Wer in der Sommerschule unterrichtet, bekommt laut aktueller Regelung entweder rund 60 Euro pro Stunde oder muss im kommenden Schuljahr eine Stunde weniger unterrichten.

Derzeit gebe es mehr Bewerbungen von Lehrern als Plätze, betonte der Minister. "Wenn sich nicht genug melden, soll es aber aus meiner Sicht auch die Möglichkeit geben, Lehrkräfte zu verpflichten. Denn für mich gilt, dass die Kinder ein Recht haben, dass sie eine Förderung im Sommer bekommen." Wiederkehr denkt dabei vor allem an Lehrer, die Erfahrung im Unterricht von außerordentlichen Schülern in den Deutschförderklassen bzw. -kursen haben.

Entbürokratisierungsoffensive läuft

Bereits fix ist, dass die Schulen mit Schulbeginn wie angekündigt 80 Prozent weniger Rundschreiben und Regelungserlässe aus dem Ministerium bekommen werden. Man müsse selbstverständlich Qualität und Ergebnisse kontrollieren, "das geht aber auch mit weniger Regelungen", so Wiederkehr. Das Blättern in Erlässen sei nicht mehr zeitgemäß.

Stattdessen sollen die Schulen die Regelungen unkompliziert nachlesen können, wenn sie sie brauchen. Noch im Herbst sollen außerdem die ersten Maßnahmen zur Entbürokratisierung aus dem Projekt "Freiraum Schule" umgesetzt werden. Lehrer, Schulleitungen und Experten der Pädagogischen Hochschulen und Verwaltungspersonal hatten dafür im Juni 19.000 Vorschläge eingebracht, derzeit werden sie von Experten auf ihre Umsetzbarkeit geprüft.

Personalsituation besser, aber regional immer noch Lehrermangel

Die Personalsituation für das neue Schuljahr, das in Österreich mit 1. September startet, sieht Wiederkehr im Vergleich zu den vergangenen Jahren "etwas entspannt". In einzelnen Bereichen gebe es regional weiter einen Lehrermangel, etwa in einigen Fächern an den Mittelschulen bzw. an den Volksschulen.

Die Bewerbungslage sei mit einem Plus von 17 Prozent aber deutlich besser als zuletzt. "Das ist ein gutes Zeichen, nämlich dass es attraktiv ist, als Lehrkraft zu arbeiten", so Wiederkehr. Er hob auch das große Interesse am Quereinsteiger-Modell hervor, diesmal haben sich auch 2.000 Quereinsteiger um eine Stelle beworben

Schrittweise zurückfahren will Wiederkehr hingegen die Zahl der Studierenden, die schon sehr früh in ihrer Ausbildung bis zu 20 Stunden in der Klasse stehen.

Orientierungsklassen "eher die Ausnahme"

"Eher die Ausnahme" werden laut Wiederkehr im Herbst die bundesweit neu ermöglichten Orientierungsklassen für Kinder und Jugendliche, die ohne Bildungserfahrung nach Österreich kommen und dort auf den Einstieg in das heimische Schulsystem vorbereitet werden sollen. "Aktuell ist der Druck durch Migration zum Glück nicht so hoch."

Wegen des Aussetzens des Familiennachzugs seit Juli gelangen derzeit unter diesem Titel nur noch Härtefälle nach Österreich, dazu kommen andere Zuwandererkinder ohne schulische Vorerfahrung. Wiederkehr geht davon aus, dass es zumindest in Ballungsgebieten mit Herbst Orientierungsklassen geben werde. Durch das Gesetz sei man jedenfalls vorbereitet für Zeiten, in denen wieder mehr Kinder ohne schulische Vorerfahrung zuwandern.

Einen "großen Effekt" erwartet sich der NEOS-Politiker hingegen schon jetzt von der verpflichtenden Suspendierungsbegleitung ab Februar 2026. Schüler, die mehrfach wegen Gewalt, Drohungen oder Sachbeschädigung in der Schule auffallen, können bis zu vier Wochen suspendiert werden. Künftig werden sie an ausgewählten Schulstandorten zehn bis 20 Stunden pädagogisch und psychologisch betreut.

 Verwaltungsstrafen für Eltern sollen eingeführt werden

 "Es gibt dann eine Konsequenz, eine Sanktion, sodass man nicht, wenn man suspendiert wird, im Einkaufszentrum abhängen darf." Dieser Abbruch des Alltags sei wichtig, damit die Kinder und Jugendlichen ihr Verhalten reflektieren. Klar sei aber, dass es zusätzlich Präventionsarbeit brauche.

Deshalb werde das Angebot der Schulpsychologie verdoppelt und die Schulsozialarbeit ausgebaut. Gleichzeitig mit der Suspendierungsbegleitung sollen die bereits angekündigten Verwaltungsstrafen für Eltern eingeführt werden, die nach problematischem Verhalten ihrer Kinder nicht mit der Schule zusammenarbeiten wollen.

Das Bildungsbudget sieht der Wiederkehr trotz der angespannten Wirtschaftslage gesichert - selbst wenn die Bundesregierung bei ihrem für 2025 und 2026 geschnürten milliardenschweren Sparpaket wegen der hohen Inflation und schlechten Wirtschaftslage noch einmal nachbessern müssen sollte

 Es sei vereinbart, dass die Budgets der Ressorts halten werden, inklusive der Investitionen in die Bildung. Der Einsparungsbeitrag der Ressorts sei mit 1,1 Mrd. Euro ohnehin "gewaltig", so der Minister. Sollte es zusätzliche Maßnahmen brauchen, um das Budgetdefizit wieder unter die erlaubte Grenze von drei Prozent zu bringen, werde man sich aus Wiederkehrs Sicht etwa die Abschlüsse im öffentlichen Dienst und die Ausgaben für die Pensionen anschauen müssen.

Video: Wie sichern wir unsere Schulen?

Zusammenfassung
  • Ab nächstem Jahr wird die Sommerschule für Kinder mit Deutschproblemen verpflichtend, nachdem bisher nur 17 Prozent der rund 49.000 außerordentlichen Schüler das freiwillige Angebot genutzt haben.
  • Die Zahl der Sommerschul-Teilnehmer könnte laut Bildungsressort auf über 70.000 steigen, wodurch fast eine Verdopplung erwartet wird.
  • Um genügend Personal sicherzustellen, will Bildungsminister Christoph Wiederkehr Lehrer notfalls verpflichten, wobei Lehrkräfte rund 60 Euro pro Stunde oder eine Stunde weniger Unterricht erhalten.
  • Die Bewerbungslage für Lehrstellen ist mit einem Plus von 17 Prozent besser als zuletzt, und auch 2.000 Quereinsteiger haben sich um eine Stelle beworben.
  • Im Zuge des Projekts "Freiraum Schule" wurden im Juni 19.000 Vorschläge zur Entbürokratisierung eingereicht, die derzeit auf Umsetzbarkeit geprüft werden.