SS-Lied
Wiederbetätigungsverfahren gegen FPÖ-Politiker eingestellt
Das bestätigte Behördensprecherin Nina Bussek am Mittwoch der APA. Zugleich wies das Wiener Oberlandesgericht (OLG) im selben Kontext in zweiter Instanz eine Klage der drei FPÖ-Politiker gegen die Tageszeitung "Der Standard" ab.
Ermittlungen nach Begräbnis
Ausgangspunkt des Ganzen war ein Begräbnis eines langjährigen Burschenschafters der "Olympia", der am 27. September 2024 am Hernalser Friedhof zu Grabe getragen wurde. Dabei wurde auf dessen Wunsch hin das Lied "Wenn alle untreu werden" intoniert.
Ein Video davon wurde dem "Standard" zugespielt, der in weiterer Folge berichtete, die bei der Trauerfeier anwesenden FPÖ-Politiker Graf, Stefan und Nemeth hätten sich nicht entfernt, obwohl am offenen Grab das sogenannte SS-Treuelied gesungen worden sei.
Das hatte auch staatsanwaltschaftliche Schritte zur Folge. Seit Ende Dezember wurde gegen die drei FPÖ-Politiker wegen des Verdachts auf nationalsozialistische Wiederbetätigung im Sinn des § 3g Verbotsgesetz ermittelt.
Wiederbetätigung: Kein Vorsatz nachweisbar
Der Verdacht, die Freiheitlichen hätten sich im Sinne des Verbotsgesetzes betätigt, erhärtete sich am Ende nicht. Zum einen wurden laut Behördensprecherin Bussek die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eingestellt, weil sich nicht eindeutig klären habe lassen, ob am offenen Grab überhaupt die von der SS verwendete Version des Liedes gesungen wurde.
Zum anderen habe man den drei Politikern keinen Vorsatz in Richtung einer Wiederbetätigung nachweisen können.
FPÖ: "Skandalisierungsversuch löst sich damit gänzlich in Luft auf"
"Der unmittelbar vor der Nationalratswahl unternommene Skandalisierungsversuch löst sich damit gänzlich in Luft auf", reagierte Norbert Nemeth auf die Verfahrenseinstellung.
Er hoffe, "dass im Sinne der Objektivität und Fairness über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens in genau demselben Ausmaß berichtet wird, wie damals über die Aufhebung der Immunität und die Einleitung dieses Verfahrens", hielt Nemeth in einer Presseaussendung fest.
"Standard"-Berichterstattung für zulässig erklärt
Indes wurde eine Klage der drei FPÖ-Politiker gegen die Tageszeitung "Der Standard" im Zusammenhang mit der Berichterstattung über deren Teilnahme an dem Begräbnis in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht (OLG) Wien abgewiesen. Das bestätigte OLG-Sprecherin Susanne Lehr am Mittwochnachmittag der APA.
"Der Tatbestand der üblen Nachrede ist nicht erfüllt", sagte Lehr. Die erstinstanzliche Verurteilung des "Standard" sei daher aufgehoben worden.
Das Wiener Landesgericht für Strafsachen hatte Mitte Jänner den "Standard" nach dem Mediengesetz zu einer Entschädigung von insgesamt 20.250 Euro verurteilt, weil mit mehreren Artikeln der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt worden sei. Stefan, Graf und Nemeth hatten die "Standard"-Berichterstattung als "infam und rufmörderisch" bezeichnet.
Sie betonten, bei dem von Max Schenkendorf ursprünglich als Gedicht verfassten Lied handle es sich um ein über 200 Jahre altes Volks- und Studentenlied. Dieses sei nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verfasst worden. Man habe seinerzeit damit der Niederlage gegen Napoleon und dem Untergang des Kaiserreichs 1805/1806 "nachgetrauert".
Für sie habe das Lied keinen Bezug zum Nationalsozialismus und zur SS, die das Lied für sich reklamiert und "missbräuchlich" abgeändert hätte.
"Der Vorwurf, bei einem Begräbnis nicht aufzustehen und zu gehen, wenn jemand ein Lied absingt, erfüllt den Tatbestand der üblen Nachrede nicht", erläuterte OLG-Sprecherin Lehr im Gespräch mit der APA. Daher sei dem Rechtsmittel des "Standard" gegen die erstinstanzliche Verurteilung Folge gegeben und die Entscheidung aufgehoben worden.
SS-Gesänge bei Begräbnis: FPÖ-Klage gegen "Standard" erfolgreich
Zusammenfassung
- Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Ermittlungsverfahren gegen die FPÖ-Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Martin Graf und den freiheitlichen Klubdirektor Norbert Nemeth wegen Verdachts auf nationalsozialistische Wiederbetätigung eingestellt.
- Das Wiener Oberlandesgericht hob zudem die erstinstanzliche Verurteilung der Tageszeitung 'Der Standard' zu einer Entschädigung von 20.250 Euro auf und erklärte die Berichterstattung über das Begräbnis am 27. September 2024 für zulässig.