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Was Sie über die Wahl in Deutschland wissen müssen

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Am 26. September findet in Deutschland die Bundestagswahl statt. Doch wie funktioniert das in Deutschland eigentlich und wer sind die Kandidaten mit den besten Aussichten? PULS 24 hat die Antworten.

Wenn am 26. September 2021 die Wahllokale schließen, geht nach 16 Jahren eine der längsten Amtszeiten eines deutschen Bundeskanzlers zu Ende. Nach vier Legislaturperioden tritt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht erneut zur Wahl an, zuvor war nur Helmut Kohl ebenfalls 16 Jahre im Amt. Das deutsche Wahlsystem unterscheidet sich in einigen Punkten von jenem in Österreich, der Wahlkampf wird überschattet von Skandalen - PULS 24 erklärt, warum.

Das Wichtigste zuerst: Wie können Auslandsdeutsche wählen?

Wählen kann nur, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist und 18 Jahre alt ist. Deutsche im Ausland, die nicht in Deutschland gemeldet sind, werden nicht von Amts wegen in ein Wählerverzeichnis eingetragen. Wollen Auslandsdeutsche an Bundestagswahlen teilnehmen, müssen sie vor jeder Wahl einen schriftlichen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis der zuständigen Gemeinde stellen. Dieses musste dort spätestens am 5. September eingehen. Erst dann kann die Briefwahl beantragt werden.

Warum müssen in Deutschland zwei Stimmen abgegeben werden?

Alle Deutschen, die wahlberechtigt sind, haben zwei Stimmen, eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wählt man einen Kandidaten aus seinem Wahlkreis. Von diesen Wahlkreisen gibt es in Deutschland insgesamt 299. In den einzelnen Wahlkreisen konkurrieren die Kandidaten um die Erststimmen der Wähler. Jede Partei darf einen aufstellen, aber auch unabhängige Kandidaturen sind möglich. Wer die meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis bekommt, erhält ein Direktmandat und wird Abgeordneter im Bundestag. Alle anderen Kandidaten gehen leer aus.

Die Zweitstimme entscheidet über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag – also darüber, wie viele der insgesamt 598 Sitze im Bundestag jeweils einer Partei zustehen. Hat eine Partei 40 Prozent der Zweitstimmen gewonnen, bekommt sie mindestens 40 Prozent der Sitze im Bundestag. Die Zweitstimmen zählen jedoch nur, wenn Parteien mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen oder drei Wahlkreise gewonnen haben. Wenn nicht, verfallen die Zweitstimmen. Mit der Zweitstimme entscheiden sich die Wähler nicht für eine Person, sondern für die Landesliste einer Partei. Auf dieser Liste stehen die Kandidaten, die eine Partei für das Bundesland nach Berlin schicken möchte.

Welche Parteien treten an?

Insgesamt können heuer zur Wahl 53 Parteien antreten. Um in den Bundestag einzuziehen, müssen sie allerdings die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten. 

Jetzt schon im Bundestag vertreten sind die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU), die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD),  die Alternative für Deutschland (AfD), die Freie Demokratische Partei (FDP), die Linke, Bündnis 90/Die Grünen (Grüne) und die Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU), die im Bündnis mit der CDU ist. Unter den kleineren Parteien befinden sich etwa auch eine Partei namens "Europäischen Liebe", eine "Hip Hop Partei", aber auch die rechtsextreme Partei "III. Weg". Eine vollständige Liste finden Sie hier

Wer sind die Spitzenkandidaten?

Für die CDU/CSU ist das Armin Laschet. Der bisherige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens setzte sich gegen seinen bayerischen Konkurrenten Markus Söder durch. Die SPD schickt den derzeitigen Finanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten ins Rennen. Für die Grünen tritt Annalena Baerbock an. Die FDP hat Christian Lindner wieder als Spitzenkandidat nominiert, die Linken gehen mit einer Doppelspitze aus Janine Wissler und Dietmar Bartsch in den Wahlkampf. Auch die AfD hat gleich zwei Spitzenkandidaten nominiert: Parteichef Tino Chrupalla und Fraktionsvorsitzende Alice Weidel.

Wie wird man Bundeskanzler?

Der Bundespräsident macht dem Bundestag einen Vorschlag. Zu einer erfolgreichen Wahl benötigt der Kandidat in der ersten Wahlphase die absolute Mehrheit der Abgeordnetenstimmen. Kommt bei der Wahl im ersten Durchgang keine absolute Mehrheit zustande, schließt sich eine zweite Wahlphase an. Der Bundestag hat nun 14 Tage Zeit, eine andere Kandidatin oder einen anderen Kandidaten zum Kanzler zu wählen. Die Zahl der Wahlgänge ist nicht begrenzt. Ab dem dritten Durchgang reicht allerdings eine relative Mehrheit.

Wer hat die besten Chancen?

Drei Wochen vor der Bundestagswahl in Deutschland hat die SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz laut einer Umfrage für die Boulevardzeitung "Bild am Sonntag" ihren Vorsprung auf die konservativen Unionsparteien ausgebaut. Die Sozialdemokraten gewannen demnach gegenüber der Vorwoche einen Prozentpunkt hinzu und liegen nun bei 25 Prozent. CDU und CSU kommen mit ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet gemeinsam auf 20 Prozent, ein Punkt weniger als vor einer Woche.

Auf dem dritten Platz büßen die deutschen Grünen von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock laut dem Umfrageinstitut INSA einen Punkt ein und liegen nun bei 16 Prozent - gefolgt von der liberalen FDP, die unverändert auf 13 Prozent kommt. Jeweils einen Punkt zulegen können laut den INSA-Meinungsforschern die rechtspopulistische AfD mit 12 Prozent und die Linke mit sieben Prozent. Die sonstigen Parteien kommen gemeinsam auf sieben Prozent (minus 1).

Welche Themen dominieren den Wahlkampf?

Thematisch wurde der Wahlkampf in Deutschland lange durch den Kampf gegen die Corona-Pandemie bestimmt. Das änderte sich nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz. Seither ist zumindest die Klimapolitik auf das Tableau zurückgekehrt.

Viele Beobachter der deutschen Innenpolitik beklagen aber allgemein einen inhaltslosen Wahlkampf, der sich vor allem um die Spitzenkandidaten als Personen dreht (schließlich geht es um die Nachfolge von Angela Merkel). Der stark auf Personen bezogene Wahlkampf beschränkte sich - zumindest in der Wahrnehmung vieler - auf Skandale. Und von diesen gab es einige: Armin Laschet etwa machte mit Bildern Schlagzeilen, auf welchen er beim Besuch im Hochwasser-Katastrophengebiet kicherte. Zuletzt musste er zugeben, in seinem Buch plagiiert zu haben.

Das ist wiederum ein Thema, das Annalena Baerbock seit Beginn des Wahlkampfs begleitet. Auch ihr wurden Plagiatsvorwürfe gemacht, zudem soll sie ihren Lebenslauf "frisiert" haben. Zuletzt hatte die Kandidatin der Grünen dann noch mit Rassismusvorwürfen zu kämpfen. In einem Interview zitierte sie ein rassistisches Wort, das sie eigentlich wegen der Verwendung in einer Schule kritisierte. Dem Kandidaten der SPD, Olaf Scholz, wird wiederum vorgeworfen, er sei in "Cum Ex"-Geschäfte verwickelt und habe im Wirecard-Skandal Aufklärung verhindert.

Wann steht das Ergebnis fest?

Die Wahllokale haben am 26. September von 8 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Erste Prognosen zur Bundestagswahl gibt es bereits kurz nach der Schließung der Wahllokale um 18 Uhr. Diese resultieren jedoch nicht auf der ersten Auszählung der Stimmen. Stattdessen basiert die erste Prognose auf einer repräsentative Nachwahlerhebung am Wahltag. Nach den ersten Prognosen folgen die ersten Hochrechnungen, die im Laufe des Abends aktualisiert werden. Das endgültige und amtliche Ergebnis wird voraussichtlich erst nach mehrere Tage oder Wochen bekanntgegeben. Bis ein neuer Bundeskanzler feststeht, kann es noch länger dauern. Der Präsident wartet bis zu seinem Vorschlag üblicher Weise Sondierungs- und Koalitionsgespräche ab.

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  • Am 26. September findet in Deutschland die Bundestagswahl statt. Doch wie funktioniert das in Deutschland eigentlich und wer sind die Kandidaten mit den besten Aussichten? PULS 24 hat die Antworten.

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