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Was bleibt, wenn das Heilige Jahr geht?

Heute, 04:01 · Lesedauer 5 min

Ausgerechnet ein tieftrauriges Ereignis drückte dem "Jubeljahr" 2025 seinen Stempel auf: Der Tod von Papst Franziskus am 21. April. Das gab es vorher nur im Heiligen Jahr 1700, das von Innozenz XII. eröffnet und von Clemens XI. beendet wurde. Der Tiefpunkt des Jahres 2025 markierte zugleich seinen Wendepunkt. Nach dem monatelangen Vakuum durch Franziskus' Schwäche, Klinikaufenthalt und Sterben war ein Neuanfang möglich. Der am 8. Mai gewählte Leo XIV. startet seitdem durch.

Viele der rund 40 Sondertreffen zum Heiligen Jahr, die durch die Abwesenheit von Papst Franziskus ab Mitte Februar teils ganz ausfielen, waren wieder in voller Breite und Schönheit möglich. War der Zustrom im Frühjahr zunächst eher mau, drängten sich seit Ostern die Menschen auf der Pilgerspur zwischen der neu geschaffenen Piazza Pia an der Engelsburg und dem Vatikan - und das praktisch durchgängig bis zum Schluss. Auch deutschsprachigen Einrichtungen in Rom wie der Gemeinde Santa Maria dell'Anima und dem Campo Santo Teutonico am Petersdom spülte das Heilige Jahr viele zusätzliche Besucher zu.

Erzbischof Rino Fisichella, Heilig-Jahr-Beauftragter des Papstes, spricht angesichts der Pilgerströme aus aller Welt sinnbildlich von einer lebendigen Kirche auf dem Weg. "Wir als Christen müssen wahre 'Pilger der Hoffnung' sein in einer Welt, die von 56 Kriegen erschüttert wird", spielt er auf das Motto des Heiligen Jahres an. Und: Das Mega-Event zeige die große Sehnsucht der Menschen nach Spiritualität, sagte er der Zeitung "Avvenire".

Zugleich setzt er auf politische Konsequenzen des Festjahres. Fast jedes Wochenende gab es thematische Sondertreffen, etwa für die Armen, die Gefangenen, für Regierungen, Priester, Diakone, Beschäftigte im Gesundheitswesen, in Justiz oder Medien, für Chöre, Sportler, Influencer, für Familien, Jugendliche und Senioren. Dabei mahnte der Papst unter anderem Formen des Straferlasses für Gefangene, die Begleichung der ökologischen Schuld der reichen gegenüber den armen Ländern sowie immer wieder das Ende von Krieg, Gewalt und Ungerechtigkeiten an. Fisichella hofft, dass diese Impulse auch auf parlamentarischer Ebene ihren Niederschlag finden.

Neuer "Raum des Zuhörens" im Petersdom

Der Vatikan selbst reagierte auf die veränderten Erwartungen der Menschen an die Kirche: Im September wurde im Petersdom ein "Raum des Zuhörens" geschaffen. In einer schlichten Kabine im linken Seitenschiff kann man zu bestimmten Zeiten Priestern, Ordensleuten oder Laien sein Herz ausschütten über Probleme und existenzielle Fragen. Der Sekretär der Dombauhütte des Petersdoms, Orazio Pepe, nennt dies eine neue Form der Öffnung im Rahmen des Heiligen Jahres - und zwar für jeden Menschen, ob mit oder ohne religiöse Bindung.

Damit reagierte der Vatikan auf die Besuchermassen, die beileibe nicht nur als fromme Pilger die Heilige Pforte durchschritten. Schon Mitte Dezember bezifferten die Veranstalter deren Zahl auf 32 Millionen; bis zur Schließung der Pforte am 6. Jänner dürften es 35 Millionen gewesen sein, und damit doch so viele, wie der italienische Regierungsbeauftragte des Heiligen Jahres, Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri, geschätzt hatte. Zum Millenniums-Jubiläum 2000 kamen "nur" 25 Millionen Menschen, beim außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit 2016 waren es 20 Millionen.

1,2 Millionen junge Menschen

Gigantisch waren auch die Zahlen beim Heilig-Jahr-Treffen der Jugend: Anfang August versammelten sich auf einem Gelände südöstlich des römischen Zentrums laut Fisichella 1,2 Millionen junge Menschen, um sich, den Papst und ihren Glauben zu feiern - zwar deutlich weniger als die zwei Millionen, die im Heiligen Jahr 2000 dort Papst Johannes Paul II. zujubelten. Doch sei dies der Realität einer anderen Kirche und einer anderen Generation junger Katholiken geschuldet, so der Propräfekt der Evangelisierungsbehörde des Vatikans.

Inzwischen ist das Heilige Jahr fast zu Ende, und Leo hat deutlich an Selbstsicherheit im Auftreten gewonnen. "Nun, da das Jubiläum seinem Abschluss entgegengeht, ist Weihnachten für uns eine Zeit der Dankbarkeit und der Sendung", sagte er am Heiligen Abend. "Dankbarkeit für die empfangene Gabe; Sendung, um sie der Welt zu bezeugen."

Schließen der Heiligen Pforte kein Schlusspunkt

Denn für die Christen fängt die Arbeit jetzt erst richtig an. Sie sollen das, was sie im Heiligen Jahr erlebt hätten, in ihren Alltag tragen; Hoffnung verbreiten, wo Hass, Verzweiflung, gezielte Desinformation, Ungerechtigkeit und Zukunftsangst regieren. Das Schließen der Heiligen Pforte sei kein Schlusspunkt, betonten auch die österreichischen Bischöfe bei den Abschlussgottesdiensten in den Diözesen.

Zumal Leo XIV. schon für 2033 das "Heilige Jahr der Erlösung" angekündigt hat, in Erinnerung an Tod und Auferstehung von Jesus Christus vor 2.000 Jahren. Der Papst wünscht sich, dass dazu nicht nur Katholiken, sondern alle christlichen Konfessionen ein Zeugnis des Glaubens und der Einheit ablegen: bei einem großen Treffen in Jerusalem. "Die zwei Jahrtausende seit der Erlösung müssen von der Kirche mit beispielloser Intensität vorbereitet und erlebt werden", betont Erzbischof Fisichella. Also heißt es schon jetzt: Ärmel hochkrempeln für das nächste Heilige Jahr.

Zusammenfassung
  • Der Tod von Papst Franziskus am 21. April 2025 prägte das Heilige Jahr und leitete mit der Wahl von Leo XIV. am 8. Mai einen Neuanfang ein.
  • Bis zur Schließung der Heiligen Pforte am 6. Jänner zählte das Jubiläum rund 35 Millionen Besucher, deutlich mehr als bei früheren Heiligen Jahren.
  • Im September wurde im Petersdom ein 'Raum des Zuhörens' eröffnet, der allen Menschen offensteht, unabhängig von ihrer religiösen Bindung.
  • Das Jugendtreffen Anfang August zog 1,2 Millionen junge Menschen an, was als Zeichen für eine veränderte Kirche und Generation gewertet wurde.
  • Papst Leo XIV. kündigte für 2033 das 'Heilige Jahr der Erlösung' an, das alle christlichen Konfessionen zu einem großen Treffen in Jerusalem vereinen soll.