Sebastian Kurz bei einer Wahlkampf-Wanderung 2019

Wahlkampfkosten: ÖVP wollte Rechnungshof vermutlich täuschen

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Ende 2022 legte der Rechnungshof seinen Untersuchungsbericht zur vermuteten Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze der ÖVP im Nationalratswahlkampf 2019 vor. Das Ergebnis: Die ÖVP hielt nicht nur die Kostengrenze nicht ein. Dokumente legen auch nahe, dass die ÖVP den Rechnungshof täuschen wollte.

Im Sommer 2019 drehte sich bei der ÖVP alles um den Wahlkampf zur Nationalratswahl im September, die Wahl nach dem Ibiza-Skandal. Spitzenkandidat Sebastian Kurz war damals Aushängeschild der "Neuen Volkspartei". Der "Falter" berichtete bereits damals von vertraulichen Dokumenten, die eine deutliche Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze von sieben Millionen Euro nahelegten.

Daraufhin leitete der Rechnungshof eine Untersuchung ein und beauftragte Wirtschaftsprüfer. Der im Dezember 2022 veröffentlichte Untersuchungsbericht zeigte: Der Rechnungshof  vermutet eine Überschreitung der Wahlkampfkosten durch die ÖVP und übermittelte eine Mitteilung an den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS).

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Wirtschaftsprüfern wurde Zugang erschwert

Der Transparenz-Senat spricht Strafen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz aus. Laut "Falter", dem die Mitteilung vorliegt, wurde den vom Rechnungshof beauftragten Wirtschaftsprüfern der Zugang zu erforderlichen Unterlagen seitens der ÖVP erheblich erschwert. Ausgabenlisten und Arbeitszeitaufzeichnungen wurden trotz Aufforderung nicht vorgelegt, außerdem liege hinsichtlich der "richtigen Erfassung der Wahlwerbungsausgaben kein oder nur ein unzureichendes internes Kontrollsystem vor".

Die ÖVP konterte, sie habe alle relevanten Dokumente geliefert und kooperiert. Von der ÖVP nicht als Wahlkosten eingestuft wurden etwa die Wandertouren von Kurz sowie Wahlkampfprämien für Parteimitarbeiter:innen. Die schwammige Begründung: Die Touren würden jedes Jahr durchgeführt und seien daher im Wahljahr keine Besonderheit zum Wahlkampf gewesen. Die Wahlprämien an Mitarbeiter:innen wurden deshalb nicht angeführt, da aus Rücksicht vor der einzuhaltenden Wahlkampfkostenobergrenze auf die Prämien verzichtet wurde.

Bei der Prüfung stellte sich aber heraus, dass die ÖVP im Oktober 2019 und Jänner 2020 Prämien in Höhe von über 280.000 Euro auszahlte. Inklusive der Spesen für die Bergtouren belaufen sich die zusätzlichen Kosten auf rund 890.000 Euro - damit wäre die ÖVP mit Ausgaben von 7,5 Millionen Euro deutlich über der erlaubten Wahlkampf-Obergrenze.

Verschwieg ÖVP absichtlich Kosten vor Rechnungshof?

Die ÖVP begründete gegenüber dem "Falter", die Wahlprämien wären lediglich Mitarbeiterprämien, die erst nach der Wahl vereinbart wurden. Allerdings wurde bereits im Wahlkampfbudget vom August 2019 ein Posten mit dem Namen "Wahlprämien" mit 260.000 Euro veranschlagt.

ribbon Zusammenfassung
  • Ende 2022 legte der Rechnungshof seinen Untersuchungsbericht zu der vermuteten Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze der ÖVP im Nationalratswahlkampf 2019 vor.
  • Das Ergebnis: Die ÖVP hielt nicht nur die Kostengrenze nicht ein.
  • Dokumente legen auch nahe, dass die ÖVP den Rechnungshof täuschen wollte.

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