APA/BMEIA/MICHAEL GRUBER

Gemeinsame Erklärung

"Gefährliche Eskalation": Scharfe Kritik an Israels Gaza-Plänen

Heute, 15:30 · Lesedauer 4 min

Die internationale Kritik an den israelischen Plänen zur Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen schwillt weiter an.

Österreich warnte am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung mit weiteren Staaten, ein derartiger Einsatz würde unter anderem "die katastrophale humanitäre Lage verschärfen". 

Neben der weiteren Verschlechterung bei der Versorgung der Menschen im Gazastreifen würde die Ausweitung des israelischen Einsatzes "das Leben der Geiseln gefährden und die Gefahr einer massiven Vertreibung der Zivilbevölkerung weiter erhöhen", hieß es in der Erklärung, die auch von den Außenministern Deutschlands, Australiens, Großbritanniens, Italiens und Neuseelands unterzeichnet wurde.

"Dieser schreckliche Konflikt muss beendet werden: Sofortiger Waffenstillstand, humanitäre Hilfe und Freilassung aller Geiseln - jetzt!", forderte Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) auf der Plattform X.

https://x.com/BMeinl/status/1954191992952660031

Warnung vor Hungersnot

Die Unterzeichner warnten zudem, dass die von Israel geplante Einnahme der Stadt Gaza eine Verletzung des humanitären Völkerrechts darstellen könnte. Sie forderten eine "sofortige und dauerhafte Waffenruhe, welche die Bereitstellung umfangreicher, sofortiger und ungehinderter humanitärer Hilfe ermöglicht". 

Im Gazastreifen zeichne sich das Szenario einer Hungersnot ab. Die israelische Regierung müsse die internationalen Hilfsorganisationen ihre Arbeit machen lassen.

An die radikalislamische Hamas appellierten die Außenminister, alle Geiseln unverzüglich freizulassen und sicherstellen, "dass sie keiner Grausamkeit und Demütigung ausgesetzt sind".

UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor einer "gefährlichen Eskalation".

Richtungswechsel Deutschlands

Am Freitag hatte Merz in einem Richtungswechsel Sanktionen gegen Israel bekanntgegeben. Es würden "bis auf weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern" mehr genehmigt, "die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können", teilte er mit.

International gab es harsche Kritik an den israelischen Plänen. UN-Generalsekretär António Guterres sei "zutiefst alarmiert", erklärte ein Sprecher. Die israelische Entscheidung bedeute laut Guterres "eine gefährliche Eskalation und birgt die Gefahr, dass sich die bereits katastrophalen Folgen für Millionen Palästinenser noch verschärfen".

UNO-Sicherheitsrat berät zu Gaza

Die nach der israelischen Ankündigung einberufene, seltene Wochenendsitzung des UN-Sicherheitsrats war von mehreren der 15 Mitgliedstaaten des Gremiums beantragt worden.

Der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bezeichnete nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa die israelischen Pläne als "beispiellose Herausforderung und Provokation für den internationalen Willen zur Erreichung von Frieden und Stabilität".

Abbas-Sprecher Nabil Abu Rudeina rief demnach den UN-Sicherheitsrat dazu auf, Israel dazu zu zwingen, "die Aggression einzustellen, die Einfuhr von Hilfe zuzulassen und daran zu arbeiten, "dass der Staat Palästina seine vollständigen Verantwortlichkeiten im Gazastreifen übernehmen kann".

Arabische und muslimische Staaten kritisierten die israelischen Pläne als "gefährliche Eskalation". Die Ausweitung des Einsatzes wäre eine "eklatante Verletzung des Völkerrechts und ein Versuch, die illegale Besatzung zu verankern und vollendete Tatsachen zu schaffen", hieß es in einer Erklärung der Außenminister Australiens, Österreichs, Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Neuseelands, Norwegens, des Vereinigten Königreichs und der Hohen Vertreterin der Europäischen Union, die unter anderem von Ägypten, Saudi-Arabien und der Türkei unterstützt wurde.

Israel startet Ausweitung der Offensive

Unterdessen teilte Israels Verteidigungsminister Israel Katz mit, die Armee habe bereits mit der Vorbereitung der in der Nacht zum Freitag vom Sicherheitskabinett beschlossenen Ausweitung der Offensive begonnen. Dem Beschluss zufolge soll die israelische Armee die Kontrolle über die Stadt Gaza übernehmen und zugleich humanitäre Hilfe an die Zivilbevölkerung außerhalb der Kampfgebiete liefern.

Das Forum der Geiselfamilien kündigte für den Samstagabend Proteste in Tel Aviv an, um gegen die Ausweitung des Einsatzes zu protestieren. Das Sicherheitskabinett habe sich "zu einem weiteren, auf dem Rücken der Geiseln, Soldaten und der gesamten israelischen Gesellschaft ausgetragenen Marsch der Rücksichtslosigkeit" entschlossen, erklärte die Organisation.

Im Gazastreifen wurden am Samstag nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Zivilschutzes mindestens zehn weitere Menschen bei israelischen Angriffen getötet. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums wurden seit Beginn der israelischen Militäroffensive im Oktober 2023 mehr als 61.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.

Der Gaza-Krieg war durch den brutalen Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Rund 22 Monate danach halten die Radikalislamisten im Gazastreifen noch immer 49 Geiseln in ihrer Gewalt. 27 davon sind jedoch nach Einschätzung der israelischen Armee tot.

Video: Israel will Gaza einnehmen: "3/4 werden bereits kontrolliert"

Zusammenfassung
  • Die internationale Kritik an Israels geplanter Ausweitung der Militäroffensive im Gazastreifen wächst, wobei Österreich und weitere Staaten vor einer Verschärfung der humanitären Lage warnen.
  • Deutschland hat als Richtungswechsel angekündigt, bis auf Weiteres keine Rüstungsgüter mehr nach Israel zu liefern, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten.
  • Der UN-Sicherheitsrat berät am Sonntag in einer seltenen Wochenendsitzung über die israelischen Pläne und mögliche Folgen für die Zivilbevölkerung.
  • Laut Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums wurden seit Oktober 2023 mehr als 61.000 Menschen im Gazastreifen getötet, am Samstag mindestens zehn weitere.
  • Im Gazastreifen werden derzeit noch 49 Geiseln von der Hamas festgehalten, von denen nach Einschätzung der israelischen Armee 27 tot sind.