APA/APA/DIETMAR STIPLOVSEK/DIETMAR STIPLOVSEK

Vorarlbergs Landeshauptstadt Bregenz tritt auf Kostenbremse

30. Juli 2025 · Lesedauer 6 min

Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch (SPÖ) muss angesichts der finanziellen Situation der Stadt einen Sparkurs fahren. In Sachen Bahnhof hofft er auf einen Baustart in drei Jahren, an den Themen City-Maut und Bahn-Unterflurlösung wird er dranbleiben. Konkreter ist die Situation beim Wohnbau: In den nächsten zehn Jahren sollen 600 neue gemeinnützige Wohnungen entstehen, zusätzlich werden 230 saniert. Ebenfalls im Fokus steht die Betreuung von Kleinkindern und Senioren.

Nach großen Investitionen in den vergangenen Jahren - u. a. in die Umgestaltung der sogenannten "Pipeline" am Bodenseeufer, den Neubau des Hallenbads oder die Sanierung des Festspielhauses - wird es in den nächsten Jahren in Bregenz keine vergleichbaren Projekte geben. Angesichts ausbleibender Einnahmensteigerungen und hoher Lohnabschlüsse muss die Stadt einen Sparkurs fahren. Zwei Drittel der österreichischen Kommunen seien aktuell nicht in der Lage, die laufenden Ausgaben mit den laufenden Einnahmen zu bestreiten, dazu gehöre auch Bregenz, so Ritsch im APA-Interview. Mit externer Begleitung versuche man gegenzusteuern und sich auf die Kernaufgaben der Stadt zu konzentrieren.

Das größte Infrastrukturprojekt des nächsten Jahrzehnts wird der Neubau des Bahnhofs sein. Der für den Neubau des Bahnhofs notwendige Ausweichbahnhof wurde noch vor dem Beginn der Festspiele eröffnet, auch verfügt der Bahnhof nun wieder über funktionierende Rolltreppen, zeigte sich Ritsch diesbezüglich zufrieden. Bis Herbst sollten die Planungen für die Umlegung der Landesstraße im Bahnhofsbereich vorliegen. Anschließend könne die Detailplanung für den neuen Bahnhof beginnen. "Meine Hoffnung ist, dass in drei Jahren mit dem Bau begonnen wird", so Ritsch vorsichtig optimistisch. Mit der Hoffnung auf den Baustart ist auch ein Wunsch verbunden: "Ich würde den neuen Bahnhof gerne noch eröffnen, bevor ich in Pension gehe", sagte der 57-Jährige. Mit dem neuen Bahnhof werde die Trennung Innenstadt-Vorkloster aufgehoben, "der Festspielbezirk wird mitten in der Stadt sein".

Weiter vehement eingefordert wird vom Stadtoberhaupt eine Bahn-Unterflurlösung zwischen der Bregenzer Nachbargemeinde Wolfurt bis zur deutschen Staatsgrenze. Alle 17 Gemeinden der Regio Bodensee seien sich diesbezüglich einig. "Es wird keine oberirdische Gleiszulegung geben", so Ritsch entschlossen. An den prognostizierten Kosten von zwei Milliarden Euro sieht Ritsch das Projekt nicht scheitern ("Zehn Prozent des Fünf-Jahres-Budgets der ÖBB"). Was es brauche, sei der politische Wille.

Gegen Schließung der Geburtenabteilung

Ebenso kämpferisch gibt sich Ritsch, wenn es um das Krankenhaus Bregenz geht, das längst dem Land gehört. Pläne, wonach die Geburtenabteilung geschlossen werden könnte, weist Ritsch zurück. "Eine Geburtenabteilung gehört zur Grundversorgung", betonte Ritsch und verwies auf etwa 1.500 Neugeborene pro Jahr. "Sollte Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) ihre Pläne wie angekündigt umsetzen, ist mit deutlichem Widerstand unsererseits zu rechnen. Wir werden uns mit Nachdruck für den Erhalt der Geburtenstation in Bregenz einsetzen", kündigte der Bürgermeister an.

Noch keine nennenswerten Fortschritte gibt es beim Thema einer City-Maut, die Bregenz einführen möchte. "Zuerst brauchen wir dazu eine Änderung der Straßenverkehrsordnung", sagte Ritsch mit Blick nach Wien. Zum anderen handelt es sich bei den betroffenen Bregenzer Straßen um Landesstraßen, dementsprechend ist die Zusammenarbeit mit dem Land notwendig. "Ich habe nicht den Eindruck, dass Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ) das Thema ganz oben auf seiner Agenda hat", so Ritsch. Dennoch: Bregenz wolle eine solche Maut, "wir bleiben auf dem Thema drauf", betonte er.

600 neue gemeinnützige Wohnungen

Gemeinsam mit den gemeinnützigen Wohnbauträgern im Land werde man in den nächsten Jahren 600 Wohnungen schaffen und 230 sanieren, sagte Ritsch auf die Frage nach den wichtigsten Vorhaben. "Die Projekte sind auf Schiene, die ersten Wohnungen werden wir nächstes Jahr übergeben", sagte der Bürgermeister der 30.000 Einwohner-Stadt. Mit dem Sozialzentrum Brachsenweg (geplante Fertigstellung: 2028), das auch ein Gesundheitszentrum beherbergen wird, soll die Situation für die Betreuung von Senioren bzw. die Gesundheitsversorgung im größten Stadtteil Vorkloster verbessert werden.

Während man in der Landeshauptstadt über genügend Kindergartenplätze verfüge, soll es in Zukunft auch keine Wartelisten in der Kleinkindbetreuung mehr geben. Eine neue Einrichtung ("Auf der Matte") - die sechste in der Stadt - entsteht gerade. Schwierig bleibe es, Betreuungspersonen zu finden. "Wir bilden mittlerweile selbst zur Kindergarten-Assistenz aus", so Ritsch. Ebenso baue man einen Weiterbildungs-Lehrgang auf. Dennoch werde permanent nach Pädagoginnen und Pädagogen gesucht - bereits 240 der etwa 800 Stadtbediensteten sind in der Kindergarten- und Kleinkindbetreuung angestellt.

In der Zusammenarbeit mit der Landespolitik kann sich Ritsch des Eindrucks nicht erwehren, dass ihm die ÖVP-FPÖ-Landesregierung als SPÖ-Bürgermeister das Leben manchmal schwerer macht, als es sein müsste. Bei der Finanzierung des Seebads (Neubau Hallenbad, Sanierung Freibad; Volumen: 84 Mio. Euro) sei mit dem Land eine Kostenübernahme von 20 Prozent vereinbart worden. Das Land aber wolle das nicht auf die aufgelaufenen Mehrkosten von 12 Mio. Euro angewandt wissen. Ein weiteres Beispiel betreffe eine Kostenübernahme beim Fußballstadion. Diesbezüglich wolle das Land die Zahlung von rund 700.000 Euro nun über die Jahre 2026 bis 2035 erstrecken. "Ich bin nicht die Bank vom Land. Wäre ich ÖVP-Bürgermeister, würde man das nicht tun", zeigte sich Ritsch überzeugt.

Über 300 Abendtermine

Dass der Kommunalpolitiker Ritsch sehr viel erfolgreicher ist als es der Landespolitiker Ritsch jemals war, führt der Bürgermeister auf den Umstand zurück, dass ihn die Leute in Bregenz über die Jahre kennengelernt hätten. Obwohl nicht Mitglied der Stadtregierung, war Ritsch zunächst 15 Jahre lang Wohnungsstadtrat und anschließend zehn Jahre Sportstadtrat. Als Oppositionspolitiker auf Landesebene zu den Menschen durchzudringen, sei hingegen schwer. Was er als frisch gewählter Bürgermeister zunächst unterschätzt habe, sei der Zeitaufwand gewesen. "Man hat über 300 Abendtermine im Jahr, ist 60, 70 oder 80 Stunden in der Woche eingeteilt", so Ritsch. Dennoch habe er es sich nicht nehmen lassen, die Jahreshauptversammlungen aller 280 Bregenzer Vereine zu besuchen.

In der Stadtpolitik gehe es nicht um eine einzelne Partei, sondern darum, "dass sich die beste Idee durchsetzt". In der vergangenen Legislaturperiode habe er sich - ohne Koalitionsvereinbarung - bei jedem eine Mehrheit erarbeiten müssen. Das sei anstrengend gewesen, "wir haben aber auch sehr viel weitergebracht". Obwohl es nun ein Regierungsübereinkommen mit der ÖVP gebe, möchte Ritsch weiterhin mit allen Parteien wie zuvor zusammenarbeiten. Den Gegensatz Regierung-Opposition wolle er nicht haben, "das ist für eine Kommune der falsche Weg".

(Das Interview führte Jochen Hofer/APA)

Zusammenfassung
  • Bregenz muss angesichts stagnierender Einnahmen und hoher Personalkosten auf einen Sparkurs umschwenken und konzentriert sich künftig auf Kernaufgaben.
  • Das größte Infrastrukturvorhaben ist der Neubau des Bahnhofs, dessen Baustart Bürgermeister Ritsch in drei Jahren erwartet und der die Stadtteile besser verbinden soll.
  • Im Wohnbau plant die Stadt gemeinsam mit Trägern in den nächsten zehn Jahren den Bau von 600 neuen gemeinnützigen Wohnungen und die Sanierung von 230 bestehenden Einheiten.
  • Ritsch fordert weiterhin eine Bahn-Unterflurlösung zwischen Wolfurt und der deutschen Grenze, trotz prognostizierter Kosten von zwei Milliarden Euro, und sieht den politischen Willen als entscheidend.
  • Die geplante City-Maut für Bregenz hängt von einer Änderung der Straßenverkehrsordnung und der Zusammenarbeit mit dem Land ab, wobei die Stadt an dem Vorhaben festhält.