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"Unverständlich und inakzeptabel": Kickl wütet gegen Schlepper-Freilassungen

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Die frühzeitige Freilassung von verurteilten Schleppern in Ungarn sorgt für diplomatische Spannungen zwischen Wien und Budapest. FPÖ-Chef Herbert Kickl nennt die Freilassung der Schlepper "unverständlich" und "inakzeptabel". Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) kündigte an den ungarischen Botschafter ins Außenamt einberufen zu wollen.

"Wir wollen volle Aufklärung, weil wir halten das für ein völlig falsches Signal", sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Montag in Brüssel. Man werde "auch heute noch den ungarischen Botschafter dazu ins Außenministerium holen". Schallenberg sprach nach eigenen Angaben bereits am Sonntag mit seinem ungarischen Kollegen Péter Szijjártó.

In den vergangenen Tagen habe es "beunruhigende" Medienberichte gegeben, dass Ungarn scheinbar hunderte verurteilte Menschenschlepper freilassen will, erklärte Schallenberg. Das "scheinbare" Argument Budapests, Ausländer in den Gefängnissen zu haben, sei zu teuer, stehe im Widerspruch zur "scheinbar klaren Linie" der Vergangenheit Ungarns gegenüber Menschenschlepperei.

 

Außenminister Alexander Schallenberg spricht im Interview mit PULS 24 über das EU-Außenminister-Treffen in Brüssel.

Kickl: "Unverständlich und inakzeptabel"

Kritik an der ungarischen Entscheidung kam auch von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Die Maßnahme sei "aus österreichischer Sicht unverständlich und inakzeptabel und steht in Widerspruch zu unserem Konzept zum Schutz Österreichs vor Asylmissbrauch", kritisierte Kickl am Montag auf APA-Anfrage. Dies bestärke ihn in der Auffassung, "dass der Schutz der eigenen Bevölkerung vor den negativen Folgen einer 'neuen Völkerwanderung' primär eine nationale Aufgabe sein muss", fügte er hinzu.

Eine politisch-diplomatische Ablehnung der Schlepperfreilassung durch Österreich ist logisch, weil diese Maßnahme kontraproduktiv für die Schutzinteressen Österreichs ist", ließ der Ex-Innenminister Unterstützung für die bisherige Reaktion der türkis-grünen Bundesregierung erkennen. Die von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) infrage gestellte Polizeikooperation mit Ungarn solle jedoch aufrechterhalten werden.

"Vorbildfunktion Ungarns" in der Asylpolitik

Auch seien "innerösterreichische Maßnahmen" wie etwa der Zugang von Asylbewerbern zum Sozialsystem "die viel größere Gefährdung unserer Sicherheit". "Ohne großzügige Angebote für Geschleppte gibt es auch kein Geschäftsmodell für Schlepper", argumentierte er. Die Asylantragszahlen in Ungarn seien insbesondere wegen der "völligen Abkehr von Geldleistungen" so niedrig. Darauf beziehe sich auch die "Vorbildfunktion Ungarns" in der Asylpolitik.

Einzelne Maßnahmen einer anderen Regierung als vorbildhaft zu übernehmen bedeute aber "nicht, alles gutzuheißen, was diese Regierung tut", zog Kickl einen Vergleich zur Coronapolitik, wo die FPÖ das schwedische Modell übernommen habe, was aber "keine generelle Übernahme schwedischer Regierungspolitik" gewesen sei.

Stocker: Wusste Kickl von Freilassung?

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker stellte indes die Frage, ob Kickl bei seinem Treffen mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán Anfang Mai von der Schlepperfreilassung "vorab informiert" gewesen sei. "Das muss Herbert Kickl sofort klarstellen", so Stocker in einer Aussendung. Orbán untergrabe mit seiner Entscheidung den "Erfolg" von Innenminister Karner, dem es gelungen sei "hunderten Schleppern das Handwerk zu legen", so Stocker.

Kickl habe angekündigt, seine Asylpolitik im Fall einer Regierungsbeteiligung wie Orbán gestalten zu wollen. "Kickl hat schon als Innenminister angekündigt, die Gesetze so auszulegen, wie er das gerne möchte. Dieses Verständnis von einem Rechtsstaat ist gefährlich und konträr zu dem der Volkspartei. Für uns gehören kriminelle Schlepper ins Gefängnis, und nicht entlassen", so Stocker.

Szijjártó von Kritik unbeeindruckt

Szijjártó reagierte unbeeindruckt. "Wir weisen ausländische Straftäter aus. Es ist auch besser so, dass sie das Land verlassen und nie wieder zurückkehren", sagte er nach Angaben des ungarischen Infoportals Telex.hu in Brüssel. Der Standpunkt der ungarischen Regierung sei unverändert. Man halte illegale Migration für einen "außerordentlich gefährlichen Prozess" und trete an der Südgrenze weiterhin scharf gegen illegale Migranten und Schlepper auf, versicherte der ungarische Außenminister.

Szijjártó übte zugleich auch Kritik an Österreich wegen der anhaltenden Kontrollen der Schengen-Binnengrenze zu Ungarn. "Entgegen dem Geist des Schengen-Abkommens sehen wir seit Monaten, ja sogar seit Jahren, dass die Österreicher den Ungarn und anderen Staatsbürgern die Einreise nach Österreich erschweren, während die Österreicher ohne Wartezeiten frei nach Ungarn einreisen können", sagte er.

Karner bekräftigte, dass Österreich an seinen "Grenzpunkt- und Grenzraumkontrollen festhalten" werde. Es habe auch "die Kontrollen an den wichtigsten Grenzübergängen intensiviert", sagte der Innenminister. Diesbezüglich übte der ungarische Außenminister deutliche Kritik am Nachbarland. "Entgegen dem Geist des Schengen-Abkommens sehen wir seit Monaten, ja sogar seit Jahren, dass die Österreicher den Ungarn und anderen Staatsbürgern die Einreise nach Österreich erschweren, während die Österreicher ohne Wartezeiten frei nach Ungarn einreisen können", sagte Szijjártó.

Bedingung: Ungarn innerhalb von 72 Stunden verlassen

Gemäß einer Verordnung, welche die rechtsnationale ungarische Regierung von Viktor Orbán Ende des Vormonats erlassen hat, werden inhaftierte Schlepper aus dem Ausland freigelassen, wenn sie Ungarn innerhalb von 72 Stunden verlassen. Das ungarische Strafrecht sieht an sich langjährige Haftstrafen von zwei bis 20 Jahren für Menschenschmuggel vor.

Kanzleramtsminister Gergely Gulyás begründete den Schritt damit, dass die Inhaftierung ausländischer Straftäter zu teuer käme. Wie ungarische Medien am Montag berichteten, sind nur Personen mit Haftstrafen von fünf Jahren oder weniger betroffen.

Nach Informationen der Regierung befinden sich aktuell rund 2600 ausländische Gefangene aus 73 Ländern in ungarischer Haft. Laut dem Portal index.hu sind mehr als 13 Prozent der ungarischen Gefängnisinsassen wegen Schlepperei inhaftiert.

ribbon Zusammenfassung
  • Die frühzeitige Freilassung von verurteilten Schleppern in Ungarn sorgt für diplomatische Spannungen zwischen Wien und Budapest.
  • Man werde "auch heute noch den ungarischen Botschafter dazu ins Außenministerium holen", sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Montag in Brüssel.
  • Kritik an der ungarischen Entscheidung kam auch von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Die Maßnahme sei "aus österreichischer Sicht unverständlich und inakzeptabel".
  • Szijjártó übte zugleich auch Kritik an Österreich wegen der anhaltenden Kontrollen der Schengen-Binnengrenze zu Ungarn.

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