Prozess um Terror-Pläne gegen Vienna Pride vertagt
Bereits am ersten Verhandlungstag Mitte Juli war ein 16-Jähriger zu sechs Monaten bedingt verurteilt worden. Dieser Schuldspruch - er ist mittlerweile rechtskräftig - erfolgte ebenfalls wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation.
Der Prozess am Landesgericht St. Pölten findet seit dem Beginn des Beweisverfahrens am 15. Juli unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Beantragt worden war dieser Schritt seitens der Verteidigung mit Verweis auf Alter und Privatsphäre der beschuldigten Burschen. Die Vertagung am Dienstag erfolgte Gerichtsangaben zufolge zur Einholung eines IT-Gutachtens.
Generell stand das medial in den Fokus geratene mögliche Attentat auf die Pride 2023 der Staatsanwaltschaft St. Pölten zufolge nicht unmittelbar bevor. "Das wird ihnen auch nicht zur Last gelegt, das ist nicht der Anklagegegenstand", hob der Staatsanwalt bei seinem Eröffnungsvortrag hervor. Die drei ursprünglich beschuldigten Ex-Anhänger der radikalislamischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hätten in einer einschlägigen Telegram-Gruppe jedoch "Anschlagspläne erörtert", wird in der Anklageschrift betont.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei den jungen Beschuldigten um bis zu ihren Festnahmen gewaltbereite Anhänger des IS bzw. der daraus hervorgegangenen Gruppe "Islamischer Staat - Provinz Khorasan" (ISPK). Sie waren demnach in der einschlägigen Telegram-Gruppe "psychology1444" auf gewaltaffine und stark radikalisierte ausländische Gleichgesinnte gestoßen. Neben Propagandavideos und Spendenaufrufen wurden laut Anklage in Chats Anschlagspläne erörtert - ein Ukrainer kündigte etwa an, sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen zu wollen. Die Verteidigung von Erst- und Zweitangeklagtem bestritt jedoch die Beteiligung der jeweiligen Mandanten an der Telegram-Gruppe.
Der Erstangeklagte, wie sein älterer mitbeschuldigter Bruder österreichischer Staatsbürger, stellte der Anklageschrift zufolge "in Aussicht, in der tschechischen Republik ein Sturmgewehr der Marke AK-47 und ein großes Messer für einen Terroranschlag zu erwerben und einen Anschlag auf die am 17. Juni 2023 in Wien stattfindende LGBTQ-Pride zu verüben". Der nunmehr 20-Jährige soll zumindest seit März 2022 das IS-Gedankengut verinnerlicht und auf Plattformen wie TikTok und Telegram oder über sein Playstation-Profil nach außen getragen haben, wo er den IS glorifizierte und dessen Ideologie verbreitete.
Chats im Fokus
Er und sein 22-jähriger Bruder sollen den zu einem Selbstmordattentat bereiten Ukrainer wiederholt in dessen Absichten bestärkt und zur Tatumsetzung gedrängt haben. Der 22-Jährige propagierte in einem Chat das "Anstechen" (sic) und Jagen von Ungläubigen. Beide Brüder fertigten laut Vorwurf außerdem Bilder und Videos an, auf denen sie jeweils mit erhobener rechter Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger posierten. Die sogenannte Tauhid-Geste wird von islamistischen Gruppen als Erkennungsmerkmal missbraucht.
Bekannt wurden die angeblichen Anschlagspläne auf die Vienna Pride 2023 erst am Tag nach der Regenbogenparade. Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) informierte die Öffentlichkeit in einer eilig einberufenen Pressekonferenz, man habe einen Anschlag vereitelt und Hausdurchsuchungen bei den drei Beschuldigten durchgeführt. Auf das Trio aufmerksam gemacht worden war die DSN durch einen ausländischen Partnerdienst, der Kenntnis von den Inhalten der Telegram-Chats erlangt hatte. Die Burschen wurden wenige Tage nach ihren Festnahmen mangels dringenden Tatverdachts wieder auf freien Fuß gesetzt.
Zusammenfassung
- Die Brüder sollen laut Anklage in einer Telegram-Gruppe mit radikalisierten Gleichgesinnten Anschlagspläne diskutiert, IS-Propaganda verbreitet und einen Ukrainer zu einem Selbstmordattentat bestärkt haben, während sie die Vorwürfe bestreiten.