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Ukraine: Ungewissheit um Ablösung des Verteidigungsministers

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Einen Tag nach der angekündigten Ablöse des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow ist das weitere Vorgehen am Montag zunächst unklar geblieben.

Trotz zunächst anderslautender Aussagen teilte der Selenskyj-Vertraute Dawid Arachamija in Kiew mit, dass die Ablösung nicht diese Woche stattfinden werde. Damit herrscht Ungewissheit um eine Schlüsselposition in der Regierung, während sich die Ukraine auf eine neue Offensive vorbereitet.

Der 37-jährige Militärgeheimdienst-Chef Kyrylo Budanow werde den Zivilisten Resnikow an der Spitze des Ministeriums ablösen, hatte Arachamija noch am Sonntag erklärt. Resnikow werde Minister für strategische Industrien. Arachamija ist Fraktionsführer der Partei Diener des Volkes von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Einen Tag nach der Ankündigung schien er am Montag zurückzurudern. Laut Nachrichtenagentur Reuters erklärte er im Nachrichtendienst Telegram, dass diese Woche keine personellen Veränderungen im Verteidigungssektor vorgenommen würden.

Verteidigungsminister Resnikow, der den Posten seit November 2021 bekleidet, war inmitten der Abwehr des russischen Angriffskriegs zuletzt wegen eines Skandals um überteuerte Lebensmittelkäufe für die Armee in die Kritik geraten. Warum der 56-Jährige nun zunächst doch im Amt bleiben soll, erklärte Arachamija nicht.

Nur Zivilisten als Minister

Gemutmaßt wurde, dass die Präsidentenpartei nicht genügend Stimmen für die geplante Ernennung Resnikows zum Minister für strategische Industriebranchen finden würde. Ein weiteres Problem bei der angestrebten Auswechslung des Verteidigungsministers ist Medienberichten zufolge, dass der mutmaßliche Nachfolger Kyrylo Budanow den Armeedienst quittieren müsste. Das Gesetz sieht formal nur Zivilisten für den Posten des Verteidigungsministers vor.

Präsident Selenskyj äußerte sich nicht zu der Causa um die Ministerablöse. Er warnte angesichts des baldigen Jahrestags des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar vor einer "symbolhaften Aktion" der Besatzer gewarnt. Dazu gebe es bereits zahlreiche Berichte und Hinweise, sagte der Präsident am Sonntag in seiner allabendlichen Videoansprache. Russland wolle sich für die Niederlagen des vergangenen Jahres rächen. "Wir stellen fest, dass der Druck auf verschiedene Frontbereiche und auch im Informationsbereich zugenommen hat." Besonders schwierig sei aktuell die Lage in der Region Donezk. "Aber egal, wie schwer es ist und wie groß der Druck ist, wir müssen überleben", sagte Selenskyj.

Angesichts der weiter angespannten Lage um das von Russland besetzte ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja wird der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, in dieser Woche in Moskau erwartet. Geplant seien Gespräche mit Vertretern des Außenministeriums sowie der russischen Atombehörde Rosatom, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge am Montag. Ein Treffen von Grossi mit Russlands Präsident Wladimir Putin stehe hingegen nicht auf der Agenda. Die IAEA bestätigte die Reisepläne für die zweite Wochenhälfte. Ziel sei es, eine Sicherheitszone rund um Saporischschja zu organisieren, hieß es. Der Plan Grossis sieht vor, dass beide Seiten den Beschuss der Nuklearanlage einstellen.

Briten: Russland will Wahlen abhalten

Mit Wahlen in den besetzten ukrainischen Gebieten im September will Russland nach Einschätzung britischer Geheimdienste die Regionen als festen Bestandteil der Russischen Föderation präsentieren. Diese "Russifizierung" beinhalte die Überarbeitung von Bildung, Kommunikation und Transportsystemen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Die Führung in Moskau werde das "sich selbst bestätigende Argument" anführen, dass Neuwahlen die Besatzung rechtfertigen. Die Vorsitzende des russischen Föderationsrats, Valentina Matwijenko, hatte jüngst angekündigt, dass die Wahlen bereits vorbereitet würden. Nach britischen Angaben sind diese vorgeblichen Abstimmungen für den 10. September geplant.

Gute Nachrichten für Kiew gab es am Montag aus Oslo. Die Ukraine kann mit langfristiger finanzieller Hilfe aus Norwegen rechnen. Die Regierung des skandinavischen Landes will das von Russland angegriffene Land in den kommenden fünf Jahren mit jährlich 15 Milliarden norwegischen Kronen (rund 1,36 Milliarden Euro) unterstützen, wie Ministerpräsident Jonas Gahr Støre am Montag in Oslo ankündigte. Insgesamt macht das 75 Milliarden Kronen (6,8 Milliarden Euro). Støre setzt nun darauf, eine breite Parlamentsmehrheit für diese Vorschläge zu gewinnen.

Deutschland ringt um Panzer-Lieferungen

In Deutschland wird unterdessen weiter um eine breite Zusammenarbeit mit anderen Ländern bei den geplanten Panzer-Lieferungen gerungen. Die deutsche Regierung rechne damit, dass die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern zusammen mit europäischen Partnern "zügig" zustande komme, hieß es am Montag aus Berlin. Man sei mit den Partnerstaaten in Abstimmung. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach es neben Deutschland bisher nur aus Polen und Portugal feste Zusagen für die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine gibt. Deutschland will zunächst 14 Leopard-2-Panzer zur Verfügung stellen, Polen ebenso viele.

ribbon Zusammenfassung
  • Einen Tag nach der angekündigten Ablöse des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow ist das weitere Vorgehen am Montag zunächst unklar geblieben.
  • Trotz zunächst anderslautender Aussagen teilte der Selenskyj-Vertraute Dawid Arachamija in Kiew mit, dass die Ablösung nicht diese Woche stattfinden werde.
  • Damit herrscht Ungewissheit um eine Schlüsselposition in der Regierung, während sich die Ukraine auf eine neue Offensive vorbereitet.

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