Ukraine-Krieg und "Heimatfront": Was Putin bis zum 9. Mai erreichen will

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Bei der traditionellen Siegesparade zum Ende des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai will Russlands Präsident Wladimir Putin mehrere innen- und außenpolitische Siege feiern können. Um sie zu erreichen wird wird er keine Rücksicht nehmen.

Am 9. Mai feiert Russland traditionell den Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland mit einer Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau. Dieses Jahr kommt den Feierlichkeiten besondere Bedeutung zu. Ein Überblick über die wichtigsten Ziele von Kreml-Chef Wladimir Putin, die er bis zu diesem symbolträchtigen Datum in der Ukraine erreichen will:

Kontrolle über den Donbass

Nachdem die russische Armee rund um Kiew auf heftigen Widerstand gestoßen war, erklärte Moskau Ende März, sich nun auf den Donbass zu konzentrieren. Das Bergbaurevier im Osten des Landes ist für die ukrainische Wirtschaft essenziell. Bereits seit 2014 kämpft die ukrainische Armee dort gegen die von Moskau unterstützten Separatisten, die bereits einige Gebiete kontrollieren. Putins Ziel scheint nun zu sein, die gesamte Region einzunehmen.

Es habe zwar keine "Massenverlegung" von Truppen nach Osten gegeben, aber "wir haben gesehen, dass sich einige Luftlandetruppen auf den Weg gemacht haben, um sich den Truppen im oder um den Donbass anzuschließen", sagt ein ranghoher westlicher Regierungsvertreter. Nach den großen logistischen Schwierigkeiten zu Beginn des Einsatzes wird der russische Generalstab versuchen, nun sorgfältiger zu planen.

Feier am Tag des Sieges

Die Streitkräfte stehen unter Druck, bis zum 9. Mai Erfolge in der Ukraine zu erzielen. Putin wird in seiner Rede Parallelen zwischen dem sowjetischen Sieg über Nazi-Deutschland und seinem erklärten Ziel der "Entnazifizierung" der Ukraine ziehen wollen. "Wir glauben, dass der 9. Mai ein wichtiges Datum für den Kreml ist", sagt der westliche Regierungsvertreter und warnt: Militärische Maßnahmen, die auf die Erfüllung politischer Ziele zugeschnitten sind, "können in einer militärischen Katastrophe enden".

Nach Einschätzung von Wasily Kaschin, einem Experte für Geopolitik an der Moskauer Wirtschaftshochschule, spielt der 9. Mai hingegen "überhaupt keine Rolle". "Niemand wird irgendetwas zeitlich so abstimmen, dass es mit einem Feiertag zusammenpasst."

Während die Einnahme des gesamten Donbass bis zum 9. Mai schwer zu erreichen zu sein scheint, könnte Moskau darauf setzen, zumindest die bereits eingekesselte Hafenstadt Mariupol unter seine Kontrolle zu bringen und dies als Sieg zu verkünden.

Fortsetzung der Friedensverhandlungen

Experten zufolge will der Kreml erst wieder ernsthafte Friedensverhandlungen führen, wenn ein militärischer Durchbruch erreicht ist. Die Gespräche würden "von der Dynamik der Militäraktion bestimmt", sagt Kaschin. Der größte Knackpunkt sei der Status der Krim und des Donbass, wobei Russland darauf bestehe, dass die Krim als Teil seines Territoriums und der Donbass als unabhängig anerkannt werde. Auf diesen Zielen werde Russland bestehen, sagt Kaschin. "Die Frage ist nur, wie lang das dauern wird und wie hoch die Verluste auf beiden Seiten sind."

Kollaps der Wirtschaft verhindern

Putin kann sich nicht nur auf militärische Manöver konzentrieren, sondern muss auch die sich durch die Sanktionen verschlechternde wirtschaftliche Lage im Auge behalten. Der russische Regierungschef Michail Mischustin sagte am Donnerstag, dass "mindestens sechs Monate" für die "Umstrukturierung" der Wirtschaft erforderlich seien.

Der Staat greift unterdessen massiv ein und schürt die Angst vor einer Rückkehr zur sowjetischen Planwirtschaft. Am Dienstag forderte Putin, mehr landwirtschaftliche Geräte herzustellen und "klare" Ziele festzulegen, um fehlende Importe zu kompensieren.

Opposition mundtot machen

Moskau geht noch repressiver gegen Oppositionelle vor. Tausende von Demonstranten wurden inhaftiert und unabhängige Medien und soziale Netzwerke blockiert. In einer Umfrage des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada im März gaben 83 Prozent der Russen an, Putins Vorgehen zu unterstützen. Die hohe Zustimmung könnte aber auch daran liegen, dass Menschen Angst haben, sich ehrlich zu äußern.

Russland verschärft auch seine anti-westliche Rhetorik. Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, beschuldigte am Mittwoch westliche Medien der "Komplizenschaft" bei den Tötungen von Zivilisten in der Stadt Butscha. Der ehemalige Präsident und Regierungschef Dmitri Medwedew hielt diese Woche eine Rede, in der er erklärte, Russland wolle "ein offenes Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok aufbauen".

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  • Bei der traditionellen Siegesparade zum Ende des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai will Russlands Präsident Wladimir Putin mehrere innen- und außenpolitische Siege feiern können. Um sie zu erreichen wird wird er keine Rücksicht nehmen.