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Tote bei Zusammenstößen im Kosovo, Vucic sieht Reaktion auf "Terror"

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Eine militärisch ausgerüstete Kampftruppe ist in den Norden des Kosovos eingedrungen und hat sich in einem Dorf verschanzt. Ein Polizist wurde bisher getötet, ein weiterer verletzt.

Im Kosovo ist es zur schwersten Gewalteskalation seit Jahren gekommen. In den fast ausschließlich von Serben bewohnten Norden drang in der Nacht zum Sonntag eine Kampftruppe ein. Ein kosovarischer Polizist wurde während eines Schusswechsels getötet und zwei weitere wurden, wie das Innenministerium in Pristina mitteilte. 

Die kosovarische Polizei umstellte die etwa 30 Eindringlinge im Dorf Banjska nahe der Stadt Mitrovica. Nach Erkenntnissen der kosovarischen Polizei wurden bei den Gefechten drei Angreifer getötet.

Angreifer festgenommen

Die Polizei nahm einen Angreifer und mehrere mutmaßliche Helfer fest. Die Regierung in Pristina geht davon aus, dass das benachbarte Serbien die irregulären Milizionäre geschickt hat.

Es handelt sich um den schwersten Zwischenfall im angespannten Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien seit Jahren. Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 nach serbischen Kriegsverbrechen an der kosovo-albanischen Zivilbevölkerung mit NATO-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für unabhängig erklärt.

Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovos an, Serbien, Russland, China und fünf EU-Mitgliedsländer tun dies nicht. Belgrad fordert die Rückgabe seiner einstigen Provinz.

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Premier: Eine von Serbien gelenkte Aktion

Auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Pristina bezeichnete Ministerpräsident Albin Kurti die Geschehnisse in Banjska als einen von Serbien gelenkten Angriff auf den Staat Kosovo. "Es handelt sich um mindestens 30 Mann, schwer bewaffnet, uniformiert, professionelle Militärs oder Polizisten, die in Banjska von unseren Polizeikräften umstellt sind", sagte er. Die Eindringlinge forderte er auf, die Waffen niederzulegen und sich zu stellen.

Die kosovarische Regierung veröffentlichte Bilder, auf denen Männer mit Infanterie-Gefechtswaffen und schusssicheren Westen sowie ein Jeep und ein gepanzertes Transportfahrzeug zu sehen sind. Zu erkennen sind auch die Mauern des serbisch-orthodoxen Klosters in Banjska, in dessen Umfeld die Eindringlinge operierten.

Nach einen Tag des Schweigens machte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic am Abend eine Gruppe lokaler Serben für die Aktion verantwortlich. Sie hätten sich erhoben, weil sie den "Terror" von Premier Kurti nicht mehr dulden wollten. Es "nur eine Frage der Zeit" gewesen, bis Serben, die von der kosovarischen Polizei verfolgt würden, etwas unternehmen würden, um sich zu schützen, meinte Serbiens Präsident bei einer Pressekonferenz in Belgrad. Die Tötung des kosovarischen Polizisten sei allerdings nicht rechtfertigen. Dies komme niemanden, am wenigsten den im Norden des Kosovo lebenden Serben zugute, unterstrich Vucic.

Mönche eingeschlossen

Die zuständige Diözese Raska-Prizren bestätigte am Sonntag, dass maskierte Bewaffnete mit Fahrzeugen in den Klosterkomplex eingedrungen sind. Die dort lebenden Mönche und anwesenden Gäste haben sich demnach im Inneren des Klostergebäudes eingeschlossen.

Der von der kosovarischen Polizei beschriebene Hergang des Vorfalls lässt auf dessen professionelle Vorbereitung und Lenkung schließen. Offenbar hatte man am frühen Sonntagmorgen eine Streife der Kosovo-Polizei in einen Hinterhalt gelockt. Die Beamten hatten auf einer Brücke zwei Lastwagen ohne Kennzeichen entdeckt, die den Zugang nach Banjska blockierten. Als weitere Polizisten dort eintrafen, eröffneten die Eindringlinge das Feuer auf sie.

Serbien schiebt Schuld ab

Das offizielle Belgrad bemühte sich, die Schuld für die Eskalation auf Kurti abzuschieben. "Wenn jemand für irgendeine Gewalt verantwortlich ist, dann ist er es", behauptete Parlamentspräsident Vladimir Orlic. Nur Kurti habe ein Interesse an der Zuspitzung des Konflikts, den er angeblich mit "Terror" gegen die Serben im Kosovo schüre. Auf die Identität der Angreifer ging Orlic nicht ein.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Aggression aufs Schärfste. "Die verantwortlichen Täter müssen der Justiz zugeführt werden", erklärte er am Sonntag in Brüssel. Die Polizei des Kosovos habe die "umfassende und legitime Verantwortung", Gesetz und Ordnung im Lande durchzusetzen.

Auch das österreichische Außenministerium verurteilte in einer Stellungnahme auf X (vormals Twitter) den "abscheulichen Angriff auf Polizeibeamte des Kosovo auf das Schärfste". Die Gewalt müsse sofort aufhören, die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt werden, hieß es weiter.

Unter der Vermittlung Borrells und des EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajcak verhandeln das Kosovo und Serbien seit mehreren Monaten über eine Normalisierung ihres Verhältnisses. Die Gespräche blieben allerdings bisher ohne Erfolg.

Die EU machte zuletzt die kosovarische Seite dafür verantwortlich, weil sie der von der EU und Serbien geforderten Bildung eines Verbandes der serbischen Gemeinden nicht zustimmen will. Pristina sieht darin jedoch den Versuch, die Grundlage für eine spätere Abspaltung des serbischen Nordens zu legen.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein militärisch ausgerüstete Kampftruppe ist in den Norden des Kosovos eingedrungen und hat sich in einem Dorf verschanzt.
  • Ein Polizist wurde bisher getötet, ein weiterer verletzt.