Stocker: Französischer Atomschirm schützt auch Österreich
"Die langjährige österreichische Position ist unverändert: Der Einsatz für eine nuklearwaffenfreie Welt ist und bleibt österreichische außenpolitische Priorität", sagte eine Sprecherin der APA, die aber die Aussagen Stockers im Euractiv-Interview nicht dementierte. Frankreich hatte unlängst angeboten, seinen eigenen nuklearen Schutz zu einem europäischen Schirm auszubauen - für den Aufbau einer glaubwürdigen Abschreckung Europas, sollten sich die USA vom Kontinent zurückziehen, und nicht zuletzt auch, um die hohen Wartungskosten zu teilen. "Alles, was die Sicherheit in Europa erhöht, ist positiv", sagte Stocker. Aber: "Ein NATO-Beitritt steht für Österreich nicht zur Debatte."
In diesem Zusammenhang erwähnte Stocker, dass er sich darauf konzentriere, Ukraine-Friedensgespräche nach Wien zu holen. "Wien ist nach wie vor ein guter Ort, um in Zukunft internationale Fragen zu verhandeln - das wäre auch eine Möglichkeit für den Ukraine-Krieg", sagte er.
In dem Interview betonte der Bundeskanzler außerdem, dass seine Regierung die Sicherheitsbedrohungen ernst nehme, und wies darauf hin, dass Österreich sich verpflichtet habe, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anzuheben. Währenddessen strebe ein Großteil des übrigen Europas in den kommenden Jahren Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,5 Prozent des BIP und mehr an, schreibt Euractiv. "In Zeiten, in denen wir versuchen, zu sparen und viele Ausgaben zu kürzen, ist die Verdoppelung des Verteidigungsbudgets bereits ein ehrgeiziges Ziel", verteidigte sich Stocker.
Das Bundeskanzleramt verwies gegenüber der APA auf den Ministerratsvortrag vom 9. April, wonach Österreich seine Gestaltungsmöglichkeiten in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP/GSVP) trotz seiner Neutralität weiter "proaktiv zur Förderung und Durchsetzung europäischer und österreichischer außen- und sicherheitspolitischer Interessen" nutzen wolle. "Dies gilt auch für die Beistandspflicht gemäß Artikel 42 Abs. 7 EUV, die den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt lässt." Klar sei, dass die Bundesregierung Maßnahmen zum Schutz der österreichischen Bevölkerung wie beispielsweise die Luftverteidigungsinitiative Sky Shield begrüße. "Wir werden uns auch aktiv daran beteiligen."
Der Nationalrat hatte die Bundesregierung Ende April in einem Entschließungsantrag aufgefordert, "weiterhin gemeinsam mit europäischen Partnern und gleichgesinnten Staaten eine nuklearwaffenfreie Welt als übergeordnetes Ziel zu sehen". NEOS-Außenpolitiksprecher Veit Dengler dagegen zeigte sich dem Thema gegenüber aufgeschlossen: "Der Wunsch nach einer Welt ohne Atomwaffen ist sehr ehrenwert, doch aus der Sicht von uns Demokratien werden Atomwaffen noch sehr lange Zeit unsere Sicherheit garantieren. (...) Europa muss rasch für sich selbst ohne die USA konventionell und nuklear abschrecken können", sagte Dengler im April in der Parlamentsdebatte.
Zusammenfassung
- Bundeskanzler Christian Stocker betont im Interview, dass Österreich durch die EU-Beistandsklausel auch vom französischen Atomschutzschirm profitieren würde, sollte Europa militärisch bedroht sein.
- Österreich plant, seine Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen, während andere EU-Staaten bis zu 3,5 Prozent anstreben, und verweist dabei auf die bereits ehrgeizige Verdopplung des Budgets.
- Trotz der Diskussion um nukleare Abschreckung bleibt das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt zentrale außenpolitische Priorität Österreichs, wie es auch der Nationalrat Ende April bekräftigte.