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Sozialministerin Schumann gegen "Sägen" an Sozialhilfe

12. Aug. 2025 · Lesedauer 5 min

Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) verwahrt sich dagegen, die Sozialhilfe als Ganzes in Frage zu stellen. "Ich würde ganz stark davor warnen, dass man an diesem Grundnetz herumsägt und Menschen dann ins Bodenlose fallen", sagte die Ressortchefin zur APA. Zur von der Regierung geplanten Reform zu einer "Sozialhilfe NEU" würden gerade die verfassungsrechtlichen Bedingungen abgeklärt. "Wesentlicher Punkt" sei die von ihr gewünschte Kindergrundsicherung.

Geplant ist von der Regierung ja, eine bundesweit einheitliche Sozialhilfe auf den Weg zu bringen. Sobald das verfassungsrechtliche Gutachten des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt vorliege, werde man die nächsten Schritte setzen, sagte Schumann im APA-Interview. Man stehe mit den Koalitionspartnern in gutem Austausch.

"Und dann werden wir uns natürlich mit dem Thema der Kindergrundsicherung intensiv beschäftigen", so die Ressortchefin. Ein "wesentlicher Punkt" in der Frage, wie man Kindern Chancen geben könne, seien Sachleistungen - "Wir wollen keine Leistungen kürzen, aber wir sehen, dass Sachleistungen oft die bessere Variante wären", betonte sie. Aber bei den Sachleistungen gehe es darum, "dass man Kinderbildungsplätze anbietet, dass man auch Nachmittagsbetreuung anbietet, dass man die Möglichkeit auch der Ferienbetreuung hat. Je mehr ich anbiete, desto besser ist es für Kinder - weil sie die Chance haben, integriert zu werden, weil sie die Chance haben, dabei zu sein. Das muss die Zielrichtung sein."

Verständnis zeigte Schumann, wenn es zu öffentlichen Debatten über Einzelfälle kommt, bei denen eine Familie (aufgrund der hohen Kinderanzahl) zu hohen Geldleistungen kommt. "Aber die Sozialhilfe sind nicht nur diese Einzelfälle, sondern sind ein ganzes System. Und ich würde ganz stark davor warnen, dass man an diesem Grundnetz herumsägt und Menschen dann ins Bodenlose fallen."

Kinder aus Debatte um Missbrauch "herausnehmen"

Man müsse aus diesem Bild des Misstrauensvorschusses heraus, sagte Schumann auch mit Blick auf Vorwürfe - etwa der Volkshilfe Oberösterreich - die angesichts von Verschärfungen von einer "Misstrauensverwaltung" gesprochen hatte. "Darum ist auch die Kindergrundsicherung oder Kinderzukunftssicherung so wesentlich." Aus der Frage, ob jemand eine Leistung ungerechtfertigt bekomme, müsse man die Kinder "herausnehmen".

"Das ist ganz, ganz wichtig, damit die Kinder Zukunftschancen haben." Denn die Kosten von jenen Kindern, die in der Zukunft weniger Chancen haben - was deren Arbeitsverläufe und damit deren Sozialleistungen angeht, seien "wesentlich höher als bei Kindern, die die Chancen haben, gut gebildet zu werden und an der Gesellschaft teilzunehmen". Es gehe um die Arbeitsfähigkeit: "Die Selbsterhaltungsmöglichkeit ist ein wesentlicher Faktor."

"Letztes Netz" für "jeden und jede"

"Ich glaube, es ist vielen nicht ganz klar, wie schnell man in dieses letzte Netz rutschen kann", betonte die Ministerin die Relevanz der Sozialhilfe für alle. Dieses "letzte Netz" sei nicht nur einzelnen Gruppen vorbehalten, "sondern fast jedem und jeder kann es passieren, dass er bzw. sie dorthin rutscht und dann wahrscheinlich wirklich mehr froh als froh und dankbar ist, dass es dieses Netz gibt". Aber man müsse natürlich schauen, wie man aus diesem Netz wieder herauskomme.

Sozialversicherung stärken

In der Debatte um die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) verwies Schumann einmal mehr auf die geplante Evaluierung der Krankenkassenreform, die unter Türkis-Blau zur Schaffung der ÖGK geführt hat - in der Vergangenheit hatte die Ministerin die versprochene Patientenmilliarde mehrmals als "Marketingschmäh" bezeichnet, woran sie weiterhin festhält.

Man müsse nun schauen, "was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert, wo muss man nachjustieren". Eine Reform der Reform hatte Mitte Juli der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) angestoßen. Sie wolle zwar die Reform nicht komplett aufschnüren, aber die Dinge "genauer anschauen".

Generell betonte die Ministerin, dass die Sozialversicherung "in bester Tradition" ein "solidarisches System" sei, das "alle einbezieht und allen die Möglichkeit gibt, die bestmögliche Versorgung zu kriegen". Und ich glaube, es ist wichtig, dass man die Sozialversicherung stärkt, sie wieder auf eine gute finanzielle Bahn bringt", sagte sie.

Ärztemangel: "Über alles diskutieren"

Zu den Warnungen der Ärztekammer vor künftigem Ärztemangel wegen anstehender Pensionierungswellen von letzter Woche sagte Schumann, man müsse sich die Mängel in allen ärztlichen wie auch nicht-ärztlichen Berufen in der Pflege und Gesundheitsversorgung anschauen. Man müsse also diese Mangelsituationen analysieren.

Im Regierungsprogramm habe man auch eine höhere Punkteanzahl bei der Aufnahmeprüfung für all jene vorgesehen, die etwa schon bereits in der Pflege gearbeitet haben oder "für all jene, die sich auch bereit erklären, im öffentlichen System dann eine Zeit zu verbleiben". Zum Ruf der Ärztekammer etwa nach besseren Arbeitsbedingungen sagte Schumann, es sei "über alles zu diskutieren".

Ein besonderes Anliegen ist der Ministerin auch die soziale Versorgung. In diesem Zusammenhang wies sie einmal mehr auf ein Projekt der "Verschreibung" sozialer Angebote hin - das sogenannte Social Prescribing -, das nun ausgebaut wird. Dazu hat das Gesundheitsministerium und die Gesundheit Österreich (GÖG) bereits im Juli auf einen neuen Fördercall in Höhe von 4,8 Millionen Euro (von März 2026 bis Februar 2028) für die Integration sozialer Unterstützungsangebote in der Primär- und pädiatrischen Versorgung hingewiesen.

Zusammenfassung
  • Sozialministerin Korinna Schumann warnt eindringlich davor, das Grundnetz der Sozialhilfe in Frage zu stellen und sieht die Gefahr, dass Menschen sonst 'ins Bodenlose fallen'.
  • Die geplante Reform zur 'Sozialhilfe NEU' soll eine bundesweit einheitliche Regelung bringen, wobei derzeit noch verfassungsrechtliche Fragen geprüft werden.
  • Ein Schwerpunkt der Ministerin ist die Einführung einer Kindergrundsicherung, wobei Sachleistungen wie Kinderbildungsplätze und Nachmittagsbetreuung im Mittelpunkt stehen.
  • Für das Projekt Social Prescribing zur Integration sozialer Unterstützungsangebote in die Primär- und pädiatrische Versorgung stehen von März 2026 bis Februar 2028 insgesamt 4,8 Millionen Euro zur Verfügung.
  • Schumann betont, dass die Sozialhilfe ein 'letztes Netz' für alle sei und praktisch jede Person in Österreich davon betroffen sein könnte.