AFP

Serbien

Nach monatelangen Protesten und Gewalt will Vučić "zuhören"

08. Aug. 2025 · Lesedauer 3 min

Nach gut neunmonatigen Protesten von Studenten und anderen Bürgern und dem häufig sehr brutalen Einsatz der Polizei gegen die Demonstranten, hat Serbiens Präsident Aleksandar Vučić am Donnerstagabend zum Dialog aufgerufen.

Serbien müsse ein Land sein, in dem die Macht bei Wahlen gewechselt werde, ließ Vučić auf Instagram wissen. "Wir müssen uns gegenseitig zuhören, miteinander reden und an jeder Stelle gegenseitige Achtung bekunden", schrieb er.

Vučić nennt gewalttätige Gruppe "Helden"

Die Aufforderung zum Dialog steht im Widerspruch zu dem, was im Land seit Monaten gang und gäbe ist. Der Aufruf des Präsidenten erfolgte just in der gleichen Woche, in der er eine junge Frau amnestierte, die im Jänner in Belgrad mit ihrem Auto in eine Gruppe demonstrierender Studenten gefahren war. Eine Demonstrantin war bei dem Vorfall schwer verletzt worden.

Zuvor hatten bereits vier Aktivisten von Vučićs Serbischer Fortschrittspartei (SNS) eine Amnestie erhalten. Sie hatten in Novi Sad mit Baseballschlägern eine andere Studentengruppe angegriffen hatten. Eine Studentin erlitt bei dem Angriff einen Kieferbruch. Die SNS-Aktivisten seien "Helden", meinte Vučić.

Parlamentswahl am 12. Oktober?

Seit Anfang Mai verlangen Studenten und anderen Demonstranten die Ausschreibung von vorgezogenen Parlamentswahlen. Vučić lehnte dies jedoch wiederholt ab. Durch einen lokalen Funktionär der regierenden SNS sickerte allerdings die Information durch, dass die Wahlen am 12. Oktober stattfinden könnten. Offiziell bestätigt wurde dies jedoch nicht.

Die Aufforderung zum Dialog durch den serbischen Präsidenten erfolgte nach einem Telefongespräch von Vučić mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron vor wenigen Tagen und einer Blitzvisite von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Belgrad.

Gemeinsame Partei von Studenten und Opposition

Den Anlass für die landesweiten Proteste in Serbien hatte am 1. November des Vorjahres der Einsturz des Bahnhofvordaches in Novi Sad geliefert. 16 Personen waren dabei ums Leben gekommen. Die Öffentlichkeit hatte den Unfall auf Korruption zurückgeführt.

Sollte es tatsächlich in naher Zukunft zu Neuwahlen kommen, so würde eine gemeinsame Liste von Studenten und der gesamten Opposition gute Siegeschancen haben. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass der Urnengang weder frei noch fair wäre.

Bereits Anfang Juni zeigte sich bei den Lokalwahlen in Kosjerić und Zaječar, dass auf Wähler Druck ausgeübt wird. Der Wahltag verlief vor allem in Zaječar im Zeichen zahlreicher Irregularitäten. Laut Berichten wurden in zwei Wahllokalen Wahlkommissionsmitglieder ertappt, die Stimmberechtigten bereits im voraus ausgefüllte Stimmzetteln verteilten.

Zusammenfassung
  • Nach gut neunmonatigen Protesten von Studenten und anderen Bürgern und dem häufig sehr brutalen Einsatz der Polizei gegen die Demonstranten, hat Serbiens Präsident Aleksandar Vučić am Donnerstagabend zum Dialog aufgerufen.
  • "Wir müssen uns gegenseitig zuhören, miteinander reden und an jeder Stelle gegenseitige Achtung bekunden", schrieb er.
  • Die Aufforderung zum Dialog steht im Widerspruch zu dem, was im Land seit Monaten gang und gäbe ist.
  • Seit Anfang Mai verlangen Studenten und anderen Demonstranten die Ausschreibung von vorgezogenen Parlamentswahlen. Vučić lehnte dies jedoch wiederholt ab.