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Selenskyj: Russland hat weitreichendere Eroberungspläne

11. Juni 2025 · Lesedauer 4 min

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, weitreichendere Eroberungspläne zu verfolgen, als offiziell bekannt. "Die russischen Militärpläne zielen auf diese Region – Odessa – und dann auf die Grenzen zu Moldau und Rumänien", sagte Selenskyj am Mittwoch bei einem Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs aus Südosteuropa in Odessa. Russland strebe danach, in der Region Chaos zu säen, um Europa insgesamt zu schwächen.

Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs hatte Rustam Minnekajew, ein ranghoher General in Moskau, die Kontrolle über den Süden der Ukraine und den Landweg zu der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien zu den Kriegszielen erklärt. Offiziell hatte sich der Kreml dazu allerdings nicht bekannt.

Laut Selenskyj sind die Interessen des Kremls nicht auf die Ukraine begrenzt. So schüre Russland ethnische Konflikte auf dem Balkan, habe sich in die Wahlen in Rumänien eingemischt und plane, die Kontrolle über die Ex-Sowjetrepublik Moldau wiederherzustellen. Wenn bei der Parlamentswahl in Moldau im September Europa Russland unterliege, werde dies Moskau ermutigen, sich noch stärker in die Angelegenheiten anderer europäischer Staaten einzumischen, warnte Selenskyj.

Bei dem Ukraine-Südosteuropa-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs die Probleme der Region besprechen, aber auch Hilfe für die Ukraine koordinieren. Selenskyj bat erneut um die Stärkung der Flugabwehr, aber auch politische Unterstützung etwa beim Beitritt zur EU. Der Ukrainer veröffentlichte auf Telegram ein Video, wie er mit mehreren Staatsgästen Blumen für die gefallenen ukrainischen Soldaten niederlegt.

Selenskyj: Einstellung von US-Hilfe wäre "Bombe"

Selenskyj warnte auch eindringlich vor einer Kürzung oder Einstellung der US-Hilfen. "Das ist eine Bombe oder eine Mine, wenn die Hilfe der Ukraine entzogen würde. Das kann die Sicherheit in jedem Land sprengen", sagt er in einem Interview mit mehreren Medien, darunter die "Bild"-Zeitung. "Wenn sie wirklich die Hilfe kürzen, werden wir das spüren. Das wird die Ukraine spüren, aber auch andere Staaten." Vor allem für Europa würden die Risiken steigen.

Selenskyj fordert von US-Präsident Donald Trump schnelle und harte Sanktionen gegen Russland. Erst dann werde Russlands Präsident Wladimir Putin bereit sein, den Krieg zu beenden. Er wolle Trump keine Vorschriften machen über dessen Prioritäten. "Aber ich finde, dass es seine Aufgabe als Präsident ist, Putin zu stoppen, weil er das kann."

Mehrere südosteuropäische Staaten verurteilten russische Invasion der Ukraine

Auf dem Gipfel in der ukrainischen Hafenstadt verurteilten die Regierungschefs mehrerer südosteuropäischer Staaten in einer gemeinsamen Erklärung die russische Invasion der Ukraine "auf das Schärfste". Unterzeichner waren unter anderem der neu gewählte rumänische Präsident Nicușor Dan, seine moldauische Kollegin Maia Sandu sowie die Regierungschefs Bulgarien, Griechenlands, Kroatiens und weiterer Balkanstaaten.

Weiter heißt es in der Erklärung, die unterzeichnenden Staatenlenker bekräftigten ihre "Verpflichtung, der Ukraine und ihrem Volk so lange wie nötig umfassende und nachhaltige Unterstützung zu gewähren" und forderten "alle Nationen auf, von jeglicher Art materieller oder sonstiger Hilfe für die Kriegsanstrengungen Russlands abzusehen". Der "vollständige Rückzug russischer Truppen und russischen Militärgeräts vom gesamten ukrainischen Staatsgebiet" seien "zentrale und nicht verhandelbare Bedingungen für einen Frieden". Zudem drückten sie der Ukraine ihre Unterstützung "auf ihrem unumkehrbaren Weg zur vollständigen euro-atlantischen Integration, einschließlich ihres Beitritts zur NATO" aus.

An dem zum vierten Mal auf ukrainische Initiative abgehaltenen Südosteuropa-Gipfel nahm auch der dem Kreml nahestehende serbische Präsident Aleksandar Vučić teil. Er unterzeichnete die Erklärung jedoch nicht. Die Hafenstadt Odessa wird von Russland regelmäßig mit Drohnen und Marschflugkörpern unter Beschuss genommen.

Serbischer Präsident Vučić in Odessa

Vučić versprach Medienberichten zufolge, sich am Wiederaufbau von ein bis zwei ukrainischen Städten oder Regionen zu beteiligen. Serbien unterstütze die territoriale Unverletzlichkeit der Ukraine, sagte er zudem. Die Beziehungen zwischen Serbien und Russland gelten als traditionell freundschaftlich. Belgrad verweigert sich den Sanktionen gegen Russland und hat den Westen für den von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg gegen die Ukraine verantwortlich gemacht. Zuletzt gab es trotzdem zwischen Moskau und Belgrad Verstimmungen, als der russische Auslandsgeheimdienst Serbien den Verkauf von Munition an die Ukraine vorwarf.

Zusammenfassung
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj warnt auf dem Südosteuropa-Gipfel in Odessa, dass Russland weitergehende Eroberungspläne verfolgt und neben Odessa auch die Grenzen zu Moldau und Rumänien ins Visier nimmt.
  • Mehrere südosteuropäische Staats- und Regierungschefs, darunter die Präsidenten von Rumänien und Moldau, verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung die russische Invasion und sagten der Ukraine umfassende und nachhaltige Unterstützung zu.
  • Selenskyj bezeichnet eine mögliche Kürzung der US-Hilfen als "Bombe", die nicht nur die Ukraine, sondern auch die Sicherheit anderer europäischer Staaten bedrohen würde.