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Schnellere Asylverfahren: EuGH-Urteil nicht "besonders revolutionär"

Heute, 10:52 · Lesedauer 2 min

Für Migrationsexpertin Judith Kohlenberger ist das EuGH-Urteil für die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten "nicht besonders revolutionär".

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erhöhte mit einem Urteil die Hürden für die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten für beschleunigte Asylverfahren. Die EU-Länder dürfen solche Listen nur selbst erstellen, wenn sie die Quellen für ihre Einschätzung offenlegen.

Urteil "nicht besonders revolutionär"

Migrationsexpertin Judith Kohlenberger empfindet dieses Urteil als "nicht besonders revolutionär", wie sie im PULS 24-Interview betont. Der EuGH habe im Grunde nur das deutlich gemacht, was bereits jetzt "geltende Rechtslage" ist. Bereits jetzt müssen Regierungen, wenn sie eine Liste an sicheren Herkunftsländern erstellen, begründen, warum sie diese Länder als sicher ansehen.

Italien habe das aber verabsäumt. Deshalb sei es auch nicht verwunderlich, dass es zu diesem Urteil gekommen ist, so Kohlenberger. Es bedeute auch nicht, dass damit insgesamt die Auslagerung von Asylverfahren nicht möglich ist. Es wird damit allenfalls nochmals deutlich darauf hingewiesen, was die geltende Rechtslage besagt.

Wird es schwieriger, sichere Länder zu deklarieren?

Es werde in Zukunft nur in dem Sinne schwieriger, dass die Länder, die bisher die Rechtslage "unterwandert" haben, sich nun auch an diese halten müssen.

Außerdem dürfen dem Urteil nach Mitgliedstaaten - zumindest bis zum Inkrafttreten einer neuen EU-Asylregelung - einen Drittstaat nicht als "sicheren" Herkunftsstaat bestimmen, wenn bestimmte Personengruppen, etwa homosexuelle Menschen, dort nicht sicher sind.

Hintergrund ist Italiens "Albanien-Modell"

In dem Verfahren ging es um Italiens umstrittenes "Albanien-Modell" für schnelle Asylverfahren im Ausland. Die Bestimmung von sicheren Herkunftsstaaten ist eine Grundvoraussetzung, um das Modell umsetzen zu können.

Grundidee des "Albanien-Modells" ist es, Asylanträge von männlichen erwachsenen Migranten, die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kommen und auf dem Mittelmeer aufgegriffen werden, in Schnellverfahren im Ausland zu prüfen. Dazu schloss Italien ein Abkommen mit Albanien zum Aufbau von zwei Lagern auf albanischem Territorium.

Im konkreten Fall, der dem EuGH-Urteil zugrunde liegt, klagten zwei Personen aus Bangladesch gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge, weil ihr Herkunftsland von Italien als sicher eingestuft wird. Weil das italienische Gericht nicht sicher war, ob die Liste der sicheren Herkunftsländer der italienischen Regierung mit EU-Recht vereinbar ist, wandte es sich an den EuGH.

Asyl-Experte: Herkunftsländer müssen "tatsächlich sicher“ sein

Zusammenfassung
  • Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erhöhte mit einem Urteil die Hürden für die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten für beschleunigte Asylverfahren.
  • Die EU-Länder dürfen solche Listen nur selbst erstellen, wenn sie die Quellen für ihre Einschätzung offenlegen.
  • Migrationsexpertin Judith Kohlenberger empfindet dieses Urteil als "nicht besonders revolutionär", wie sie im PULS 24-Interview betont.
  • Der EuGH habe im Grunde nur das deutlich gemacht, was bereits jetzt "geltende Rechtslage" ist.