Gaza-Krieg
UN-Sicherheitsrat: Harte Kritik an Israel, außer von USA
"Wir verurteilen die Entscheidung der israelischen Regierung, den Militäreinsatz in Gaza auszuweiten", teilten die fünf europäischen Teilnehmerstaaten der Sitzung in einer gemeinsamen Erklärung mit.
"Wir fordern Israel dringend auf, diese Entscheidung zu überdenken und nicht umzusetzen", sagte der slowenische UN-Botschafter Samuel Žgobar.
"Wir weisen zudem erneut darauf hin, dass jeder Versuch eines Anschlusses oder einer Erweiterung von Siedlungen internationales Recht verletzt", erklärte Žgobar vor Beginn der Sitzung im Namen von Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Griechenland und Slowenien. "Die Militärtätigkeiten auszuweiten wird nur die Leben aller Zivilisten in Gaza weiter gefährden, darunter auch die der noch verbleibenden Geiseln."
"Weitere Katastrophe"
Zum Auftakt der von mehreren Mitgliedstaaten einberufenen Sitzung des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen warnte der beigeordnete UN-Generalsekretär Miroslav Jenča vor "einer weiteren Katastrophe", sollte Israel wie geplant die Stadt Gaza einnehmen.
Die Pläne könnten "Auswirkungen auf die ganze Region und weitere erzwungene Vertreibungen, Tötungen und mehr Zerstörung" haben, sagte Jenča.
Während der Sitzung beschrieben Teilnehmer in oft dramatischen Worten die Lage in dem Küstengebiet. Das Leid dort sei "schlimmer als fürchterlich" und habe sich "in viele Seelen eingefressen", hieß es unter anderem.
Der Leiter des Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), Ramesh Rajasingham, sagte: "Gaza liegt in Ruinen und nahezu jeder wurde in den vergangenen zwei Jahren zu Unrecht aus seinem Zuhause vertrieben." Staaten und alle anderen mit Einfluss müssten den Mut aufbringen, diesem Leid ein Ende zu setzen.
Die fünf Länder, die zu der Sondersitzung aufgerufen hatten, forderten zugleich von Israel erweiterten und sicheren Zugang für humanitäre Hilfe. Die Terrormiliz Hamas müsse entwaffnet werden und dürfe in der Zukunft Gazas keine Rolle spielen, hieß es in der Erklärung. Stattdessen solle die für Teile des Westjordanlands zuständige Palästinensische Autonomiebehörde die Führung übernehmen.
Der palästinensische UN-Botschafter Riyad Mansour warf Israels Regierung vor, die Meinungen des Rats zu ignorieren. Deshalb müssten andere Länder nun auf die "gerechtfertigte Verurteilung" Israels auch "gerechtes Handeln" folgen lassen.
"Ansonsten sind die Analyse und Beschreibungen bedeutungslos." Mansour nannte als nötige Schritte unter anderem die Ausweitung von Essens- und Medizinlieferungen, die Freilassung der Hamas-Geiseln, Israels vollständigen Rückzug aus dem Gazastreifen und eine internationale Sicherheitsmission zum Schutz der Menschen in Palästina.
Israel: "Das ist keine Eroberung"
Israel wies die Kritik zurück. "Das ist keine Eroberung - Israel hat keine Pläne oder Wünsche, Gaza dauerhaft zu besetzen. Das ist eine Befreiung von einem brutalen Terrorregime", sagte Israels stellvertretender UN-Botschafter Brett Jonathan Miller.
Die Hamas nutze die Geiseln und die Bevölkerung von Gaza aus, um die eigene Position zu sichern. Er unterstrich, dass sein Land eine zivile Regierung für Gaza fordere und eine Führung des Küstenstreifens durch die Hamas oder die Palästinensische Autonomiebehörde ablehne.
USA mit Israel solidarisch
Die Vereinigten Staaten stellten sich in der Sitzung an die Seite Israels. Das Treffen werde zu Unrecht dafür genutzt, Israel einen Genozid vorzuwerfen, sagte die US-amerikanische UN-Botschafterin Dorothy Shea.
"Diese Anschuldigungen sind politisch motiviert und kategorisch falsch", erklärte sie. Es handle sich um eine "Propaganda-Aktion" der Hamas, sagte Shea weiter.
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Die Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats war einberufen worden, nachdem das israelische Sicherheitskabinett unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in der Nacht zum Freitag den Plan zur Einnahme der Stadt Gaza, der größten Stadt des Gazastreifens, verabschiedet hatte - womöglich mit dem Ziel, die Kontrolle über das gesamte Küstengebiet zu übernehmen..
International löste die Entscheidung massive Kritik und Warnungen vor einer weiteren Verschlechterung der bereits jetzt katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen aus. Auch UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst alarmiert" über den Plan.
Zusammenfassung
- Bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats kritisierten fünf europäische Staaten das israelische Vorgehen im Gazastreifen scharf und forderten, die geplante Ausweitung des Militäreinsatzes zu stoppen.
- Die USA stellten sich als einzige Großmacht demonstrativ an die Seite Israels und wiesen Vorwürfe eines Genozids als „politisch motiviert und kategorisch falsch“ zurück.
- UN-Vertreter warnten vor einer weiteren humanitären Katastrophe in Gaza, wo laut OCHA nahezu jeder Bewohner in den vergangenen zwei Jahren aus seinem Zuhause vertrieben wurde.