APA/APA/BMEIA (Archivbild von Treffen in Wein am 20. Juni 2024)/MICHAEL GRUBER

Schallenberg: "Israel kämpft mit auf Rücken gebundener Hand"

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ortet im aktuellen Gaza-Krieg eine "asymmetrische Auseinandersetzung". Die radikalislamistische Terrorgruppe Hamas "schert sich keinen Deut um irgendwelche Regeln oder Menschlichkeit", argumentierte Schallenberg im Interview mit der Tiroler Tageszeitung (Dienstagsausgabe). "Ein Rechtsstaat wie Israel kämpft im Vergleich mit einer auf den Rücken gebundenen Hand", so Schallenberg. Seine "rote Linie" sei diesbezüglich "das Völkerrecht.

"Nicht alles, was in Gaza geschehen ist, steht im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht", fügte der Minister im Gespräch mit der "TT" hinzu. "Die israelische Führung muss noch genauer überlegen: Wie können wir sichergehen, dass keine Zivilisten zu Schaden kommen?" Israels Recht, sich zu verteidigen, stehe indes "nicht zur Debatte", betonte der ÖVP-Minister." Dieses Recht müsse aber im "Rahmen des humanitären Völkerrechts" ausgeübt werden.

Gaza müsse aber "palästinensisch" bleiben, steckte Schallenberg die Linie für die Zeit nach einem potenziellen Kriegsende ab. "Es darf keine Vertreibungen und keine Besetzung geben. Wir müssen den palästinensischen Behörden ermöglichen, ihre Rolle im Gazastreifen zu übernehmen. Die Hamas darf dort nie wieder eine Funktion haben." Dafür werde es in Zukunft auch "eine internationale Präsenz" brauchen. Schallenberg; "Wer daran teilnimmt und wie das Mandat aussieht, steht aber noch in den Sternen.

Aus österreichischer Sicht führe "kein Weg an einer Zweistaatenlösung" vorbei, legte sich der Chefdiplomat fest. Dass Österreich Palästina bisher aber nicht als eigenständigen Staat anerkannt habe, sei jedoch richtig. "Den Schritt der Anerkennung kann man nur einmal setzen und nicht rückgängig machen. Aus meiner Sicht muss er dann auch konkrete Auswirkungen haben. "

Zuletzt hatten die EU-Mitgliedsländer Spanien, Irland und Slowenien Palästina anerkannt. Schallenberg hält davon nichts: "Wenn man jetzt so einen Akt setzt, wie das zu meinem Bedauern einige EU-Staaten getan haben, verpufft das nach drei Tagen. Das bringt den Menschen vor Ort überhaupt nichts. Stattdessen spaltet es die EU und verhärtet die Fronten im Nahen Osten."

Frieden werde man nur schaffen können, "wenn alle Seiten am Tisch sitzen", prognostizierte Schallenberg. "Wir können Frieden nicht verordnen." Letztlich sei aber immer eine Lösung möglich, es sei alles eine Frage des Wollens. "Ich hoffe, dass wir eines Tages zurückblicken und sagen: Der Terrorangriff des 7. Oktober war der Punkt, an dem etwas in Gang gesetzt wurde, was dann zu einem politischen Prozess und zu einer Zweistaatenlösung geführt hat."

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der islamistischen Palästinenser-Organisation und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn bereits beinahe 38.000 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 86.000 verletzt. Die Angaben unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten und lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

ribbon Zusammenfassung
  • Außenminister Alexander Schallenberg bezeichnet den aktuellen Gaza-Krieg als 'asymmetrische Auseinandersetzung' und kritisiert die Hamas für ihre Missachtung von Regeln und Menschlichkeit.
  • Seit Kriegsbeginn wurden im Gazastreifen fast 38.000 Menschen getötet und mehr als 86.000 verletzt, laut Angaben der Hamas, die jedoch nicht unabhängig verifiziert werden können.
  • Schallenberg betont, dass Israels Recht auf Selbstverteidigung nicht infrage gestellt wird, solange es im Rahmen des humanitären Völkerrechts bleibt.