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Rettungskräfte wollten Frau mit Sterbeverfügung reanimieren

07. Mai 2025 · Lesedauer 3 min

Die Volksanwaltschaft verlangt eine Schulung von Einsatzkräften für den Umgang mit assistiertem Suizid. Anlassfall ist ein Polizei- und Rettungseinsatz, bei dem versucht wurde, eine sterbewillige Frau mit rechtsgültiger notarieller Sterbeverfügung nach Einnahme des letalen Medikaments zu reanimieren. Auch eine Novellierung des Sterbeverfügungsgesetzes hält man für geboten.

Der Fall wird im aktuellen Jahresbericht der Volksanwaltschaft geschildert. Demnach nahm eine Frau, die davor eine gültige Sterbeverfügung errichtet hatte, das von der Apotheke in diesen Fällen bereitgestellte tödliche Medikament selbst ein. Rund eine Viertelstunde danach erschienen Polizisten in der Wohnung, schoben einen ihr beistehenden Mann trotz dessen Verweises auf die Sterbeverfügung zur Seite und begannen Reanimationsmaßnahmen. Gleiches wiederholte sich nach Eintreffen von Rettungssanitäter und Notarzt. Auch diese zeigten sich vom Vorweisen der Sterbeverfügung und dem Nennen des Medikaments unbeeindruckt und setzten einen Defibrillator ein.

Dies wurde fortgesetzt, bis das EKG keine Signale mehr anzeigte. Die Polizisten waren von einer Freundin der Verstorbenen alarmiert worden, von der sich die Frau vor Einnahme des Medikaments telefonisch verabschiedet hatte. Einwände des Mannes wiesen sie zurück - es sei ihre Pflicht, Leben zu retten und amtliche Informationen zum Sterbeverfügungsgesetz seien ihnen nicht bekannt.

Volksanwalt Bernhard Achitz machte in einer Aussendung den Helfern persönlich keinen Vorwurf. "Was sie brauchen, sind klare Regelungen und Informationen zum Thema Sterbeverfügungsgesetz und assistierter Suizid. Rechtliche Widersprüche sollten beseitigt werden, damit Einsatzkräfte die Sterbeverfügungen respektieren dürfen." So seien etwa laut Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz die Rettungsdienste verpflichtet, wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofort erste notärztliche Hilfe zu leisten.

Die Volksanwaltschaft hat aber "gewichtige Bedenken, ob die Vorgangsweise der Polizisten und des Notarztrettungspersonals nicht ein sachlich ungerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Sphäre sowohl der Sterbenden als auch des Mannes war". Unter anderem verweist man auf die Regelungen zur Patientenverfügung, die an einem Rettungseinsatz beteiligte Sanitäter sowie Notärztinnen verpflichtet, in der Verfügung genannte Maßnahmen nicht durchzuführen. Ebenso könne eine Sterbeverfügung für die Beurteilung des mutmaßlichen Patientenwillens herangezogen werden, auch wenn das Sterbeverfügungsgesetz das derzeit nicht ausdrücklich vorsehe. Der Zweck des Gesetzes wie auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ließen aber erkennen, dass "die freie und selbstbestimmte Errichtung und Umsetzung der Sterbeverfügung grundsätzlich auch die (für die Polizei und Rettungskräfte verbindliche) Ablehnung anschließender lebensrettender bzw. lebenserhaltender Maßnahmen beinhaltet".

Zusammenfassung
  • Die Volksanwaltschaft fordert Schulungen für Einsatzkräfte, nachdem eine Frau mit rechtsgültiger Sterbeverfügung trotz Einnahme eines tödlichen Medikaments reanimiert wurde.
  • Polizei und Rettungskräfte ignorierten die Sterbeverfügung und führten lebensrettende Maßnahmen durch, was als möglicher Eingriff in die Grundrechte der Beteiligten gewertet wird.
  • Volksanwalt Bernhard Achitz betont die Notwendigkeit klarer Regelungen und einer Novellierung des Sterbeverfügungsgesetzes, um rechtliche Widersprüche zu beseitigen.