Putins Siegesfeier: "Irgendwann wird Putin das einen Krieg nennen müssen"

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Am 9. Mai feiert Russland traditionell den Sieg über Nazi-Deutschland. Putin nutzt die Feiern stets für politische Selbstinszenierung. Die Experten Stefan Schocher, Alexander Dubowy, Gerhard Mangott und Erwin Schmidl ordnen die Feier auf PULS 24 ein.

Am 9. Mai wird in Russland die Niederlage des Deutschen Reiches und damit der Sieg der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg gefeiert. An der Siegesparade, die üblicherweise sehr groß gefeiert wird und bei der viele internationale Politiker:innen anwesend sind, nahmen dieses Jahr keine ausländischen Politiker teil – Russland wirkt isoliert von der restlichen Welt.

Schon 2015 hat sich die Ukraine im Rahmen einer "Dekommunisierung" dazu entschieden die Feierlichkeiten auf den 8. Mai zu verlegen. Damit grenzt sich die Ukraine von der russischen Deutung dieses Feiertages ab, erklärt Journalist und Ukraine-Experte Stefan Schocher im Interview mit PULS 24.

Militärhistoriker Erwin Schmidl spricht über den "Tag des Sieges" und dessen historische Bedeutung in Russland und in anderen ehemaligen sowjetischen Staaten.

Keine konkreten Erfolge vorzuweisen

Nach zwei Monaten Krieg habe Russland im Grunde genommen gar nichts vorzuweisen, sagt Schocher. Die gefallenen ukrainischen Städte Cherson und Berdjansk seien kampflos gefallen während Mariupol  noch immer nicht vollständig eingenommen wurde. Andererseits sollen sehr viele Verluste auf russischer Seite gemeldet worden sein. Nach zwei Monaten Krieg gäbe es mehr Tote als nach dem Afghanistan-Krieg und zwei Tschetschenien-Kriegen zusammen, meint Schocher.

Spezialoperation oder Krieg?

Weiterhin leugnet Wladimir Putin den Kriegszustand in der Ukraine und spricht weiterhin von einer "militärischen Spezialoperation". Journalist und Ukraine-Experte Stefan Schocher meint, dass dies nicht für immer aufrecht zu erhalten sei. "Irgendwann wird Putin das einen Krieg nennen müssen", sagt er.

Manche Analytiker hatten vorab damit gerechnet, dass Putin in seiner Rede die Invasion in der Ukraine offiziell zum Krieg erklären würde. Nicht so Russland-Experte Gerhard Mangott. Mit einer offiziellen Kriegserklärung hätte Putin seinem eigenen Narrativ widersprochen, meint er im Interview mit PULS 24 Anchor Jakob Wirl: "Dann hätte Putin argumentieren müssen, wieso die bisherige 'Spezialoperation' nicht funktioniert; warum muss jetzt der Krieg erklärt werden."

Politikwissenschaftler und Russland-Experte Gerhard Mangott spricht über die Siegesparade in Moskau und die politische Lage in Russland.

"Die Mehrheit der russischen Bevölkerung ist völlig apolitisch"

Laut Alexander Dubowy, Politikanalyst und Osteuropa-Experte, ist die russische Bevölkerung mehrheitlich völlig apolitisch. Sie mische sich daher nicht in die russische Staatsführung ein, sagt er im Interview. Solange sich der Lebensstandard der russischen Bevölkerung nicht wesentlich zum Schlechteren verändere, werde sich laut Dubowys Einschätzung auch nicht viel an der Situation ändern.

Sollte Wladimir Putin aber eine Generalmobilmachung verkünden, würde das weitaus größere Teile der Bevölkerung betreffen als bisher – das könnte in ein paar Monaten soziale Proteste auslösen und Putins Position in der Politik und Gesellschaft stark beeinflussen, meint er.

Politikanalyst und Osteuropa-Experte Alexander Dubowy spricht über die Rede Wladimir Putins zum 9. Mai sowie über mögliche Entwicklungen im Ukraine-Krieg.

ribbon Zusammenfassung
  • Am 9. Mai feiert Russland traditionell den Sieg über Nazi-Deutschland. Putin nutzt die Feiern stets für politische Selbstinszenierung.
  • Die Experten Stefan Schocher, Alexander Dubowy, Gerhard Mangott und Erwin Schmidl ordnen die Feier auf PULS 24 ein.
  • Weiterhin leugnet Wladimir Putin den Kriegszustand in der Ukraine und spricht weiterhin von einer "militärischen Spezialoperation".
  • Journalist und Ukraine-Experte Stefan Schocher meint im PULS 24 Interview, dass dies nicht für immer aufrecht zu erhalten sei. "Irgendwann wird Putin das einen Krieg nennen müssen", sagt er.

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