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Prozess gegen angeblichen türkischen Spion in Wien abberaumt

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Nach der Abschiebung eines mutmaßlichen türkischen Ex-Spions, der sich am 4. Februar wegen Spionage-Tätigkeit für den türkischen Geheimdienst MIT vor einem Wiener Schwurgericht verantworten hätte müssen, hat das Landesgericht für Strafsachen die Verhandlung abberaumt. Das teilte Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Montag auf APA-Anfrage mit. Unklar ist, ob die Verhandlung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden wird bzw. kann.

Der gebürtige Türke, der die italienische Staatsbürgerschaft besitzt, war am 23. Dezember mit einem Aufenthaltsverbot belegt, an die italienische Grenze gebracht und den italienischen Behörden übergeben worden, obwohl gegen ihn zu diesem Zeitpunkt längst eine rechtswirksame Anklage vorlag und bereits der Prozesstermin fixiert war. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) begründete die Abschiebung damit, der Mann stelle aufgrund seiner Kontakte zum MIT eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar.

Die Staatsanwaltschaft Wien wirft dem 53-Jährigen vor, im August 2020 in Belgrad von einem MIT-Mitarbeiter den Auftrag erhalten zu haben, die kurdisch stämmige Grün-Politikerin Berivan Aslan umzubringen oder zumindest schwer zu verletzen. Aslan engagiert sich - auch in der Türkei - seit Jahren für die Presse- und Meinungsfreiheit, Minderheiten und gegen Rassismus. Statt die Anschlagspläne weiter zu verfolgen bzw. auszuführen, hatte sich der 53-Jährige Mitte September an die heimischen Polizeibehörden gewandt, war darauf hin fest - und in U-Haft genommen worden. Unmittelbar nach seiner Enthaftung, die von der Staatsanwaltschaft wegen Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Inhaftierung beantragt wurde, brachte man ihn außer Landes.

Wie seine Anwälte Veronika Ujvarosi und Daniel Mozga mehrfach versicherten, wäre der 53-Jährige grundsätzlich bereit, sich gegen freies Geleit seinem Verfahren zu stellen. Das Landesgericht sah sich jedoch außerstande, kurzfristig eine Ladung nach Italien bis zum festgesetzten Prozesstermin zu bewerkstelligen. Das sei "in der Kürze der Zeit" nicht möglich gewesen, hieß es gegenüber der APA.

Ein Sprecher der Innenministeriums meinte auf Anfrage, es wäre "grundsätzlich möglich", für den 53-Jährigen eine "Sondergenehmigung" zwecks Anreise zu einem allfälligen Hauptverhandlungstermin zu erwirken. "Während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes darf ein Fremder, der nicht der Visumpflicht unterliegt, grundsätzlich nicht wieder einreisen. Gemäß Paragraf 27a des Fremdenpolizeigesetzes besteht jedoch die Möglichkeit einer Bewilligung für eine Wiedereinreise, wenn dies aus wichtigen öffentlichen oder privaten Gründen notwendig ist, wie zum Beispiel im Falle einer notwendigen Anwesenheit im Rahmen einer Gerichtsverhandlung", hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Der 53- Jährige sei somit "an einer Prozessteilnahme nicht gehindert" und habe "keinen Rechtsnachteil in dieser Hinsicht" zu befürchten, hielt das Innenministerium fest.

ribbon Zusammenfassung
  • Das teilte Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Montag auf APA-Anfrage mit.
  • Unklar ist, ob die Verhandlung zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden wird bzw. kann.

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