Organisationen warnen vor Sonderschul-Ausbau
Sonderschulen sind in Österreich tendenziell wieder auf dem Vormarsch. In Oberösterreich sind aktuell zwei neue Sonderschulen geplant. In der Steiermark wirbt die aktuelle Regierung für Sonderschulen und auch im Salzburger Regierungsprogramm bekennt man sich zu der Schulform. Alle drei Bundesländer werden von Koalitionen aus ÖVP und FPÖ regiert. Mit dem Unterzeichnen der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 habe sich Österreich aber zu inklusiver Bildung verpflichtet, betonten die Organisationen. In den Plänen Oberösterreichs sah Behindertenanwältin Christine Steger einen Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsstandards und einen deutlichen Rückschritt in der Bildungspolitik.
Die inklusive Schule sei vielerorts in Teilen begonnen, aber nie konsequent umgesetzt worden, kritisierte sie. Auch der Unabhängige Monitoringausschuss, der die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung in Österreich überwacht, klagte über jahrelange Unterfinanzierung. Das unvollständig verwirklichte System als Beweis für das Scheitern von Inklusion heranzuziehen, sei "politisch bequem, aber pädagogisch falsch", so Steger. Sie forderte Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) und die Entscheidungsträger in Oberösterreich auf, den Bau neuer Sonderschulen zu stoppen. Genauso wie der Behindertenrat plädierte sie außerdem dafür, Mittel für neue getrennte Einrichtungen stattdessen in inklusive Strukturen zu investieren.
Kinder mit Behinderungen, die inklusiv geschult werden, hätten bessere Chancen in der Schule, der Ausbildung und im Berufsleben, hieß es seitens der NGOs. Knapp die Hälfte der Absolventinnen und Absolventen von Sonderschulen sei eineinhalb Jahre nach Schulabschluss weder in Ausbildung noch am Arbeitsmarkt, betonte Jugend-am-Werk-Geschäftsführerin Brigitte Gottschall. Sonderschulen würden laut Steger außerdem Probleme wie Berührungsängste, Vorurteile und Ausgrenzung hervorrufen. Kinder mit Behinderungen würden Sichtbarkeit und Selbstbestimmung verlieren, Kinder ohne Behinderungen die Erfahrung, dass Unterschiedlichkeit normal ist.
Zusammenfassung
- Verschiedene NGOs und Interessensvertretungen haben erneut vor dem Ausbau von Sonderschulen gewarnt und kritisieren, dass diese Einrichtungen Gleichberechtigung verhindern und Segregation fördern.
- Laut den NGOs sind knapp die Hälfte der Sonderschulabsolvent:innen eineinhalb Jahre nach Abschluss weder in Ausbildung noch am Arbeitsmarkt, weshalb sie fordern, Mittel für neue Sonderschulen stattdessen in inklusive Strukturen zu investieren.
