ORF-Sommergespräch
Gewessler: "Ich war keine Sekunde Finanzministerin"
Sie habe viele schwierige Entscheidungen getroffen, resümierte Grünen-Parteichefin Leonore Gewessler ihre Zeit als Ministerin in der türkis-grünen Vorgängerregierung beim ORF-Sommergespräch.
Nun aber habe sie eine neue Rolle als Bundesparteisprecherin der Grünen inne und die sieht sie als die "einzige konstruktive Oppositionspartei". Als Ministerin habe sie sich dem Klima und dem Naturschutz gewidmet. Sie werde sich aber jetzt auch zu anderen Themen äußern. Und da spricht sie die laufende Teilzeit-Debatte an, die gerade die ÖVP und die Koalition spaltet.
"Kein Teilzeit- sondern Kinderbetreuungsproblem"
Die Debatte sei "unsäglich". Sie beschuldigt die ÖVP, die in vergangenen Regierungen den Ausbau der Kinderbetreuung vernachlässigt haben soll. Nun würde man den Frauen ausrichten, dass sie zu viel Teilzeit arbeiten.
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Man sage den Frauen, die vermehrt Teilzeit arbeiten, sei seien "Schuld an der Wirtschaftskrise".
In Österreich gebe es kein "Teilzeit- sondern ein Kinderbetreuungsproblem", betont sie. In Wien, wo die Kinderbetreuung gut ausgebaut ist, gebe es aber auch eine hohe Teilzeitquote, hält Claus Webhofer, ORF-Innenpolitikleiter, dagegen. Gewessler bleibt dabei, die Kinderbetreuung müsse weiter ausgebaut werden.
Auf ihre Zeit als Ministerin unter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sieht sich nach wie vor wohlwollend zurück. Dass die ÖVP eine Koalition mit den Grünen bei der Nationalratswahl 2024 ausschloss, sieht sie nicht in ihrer Verantwortung.
"Die ÖPV hat sich überlegt, mit wem sie ihr Programm am einfachsten durchbringt. Sie haben sich das ausgerechnet und die Wahl fiel auf die SPÖ und die NEOS", sagt sie.
Lag es auch an ihr?, will Webhofer wissen. "Viele Projekt gebe es nicht, wenn ich nicht Kompromisse schließen könnte", meint sie.
"War keine Sekunde Finanzminister"
Die ÖVP hatte das klaffende Budgetloch auch auf einige Klimamaßnahmen Gewesslers, Stichwort Heizkesseltausch, zurückgeführt. Sie suche einen "Sündenbock", sagt sie nur.
Dass die Grünen mitverantwortlich für die schlechte Wirtschaftslage seien, lasse sie sich nicht umhängen. Sie betont, dass die Grünen gegen die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas ankämpften. Günstige Energie sei ein Kernthema, wenn es um das Antreiben der Wirtschaft gehe, sagt sie. Man habe sich damals dazu entschieden, dass man die Kaufkraft halten wolle.
Man habe aber während der Legislaturperiode von ÖVP und Grüne schon absehen können, wohin sich die Wirtschaft entwickle, wirft Webhofer ihr vor. "Warum ist man da nicht früher draufgekommen?", fragt er.
"Ich war in dieser Regierung keine Sekunde Finanzminister", weist sie die Verantwortung von sich.
Sie räumt zwar ein, dass man manche Maßnahmen, sie nennt die Mietpreisbremse, früher hätte einsetzen sollen, verbucht die Türkis-Grün-Regierung aber als Erfolg.
Dass man das Budget nach "derartigen Krisen" konsolidieren müsse, sei klar, sagt sie. Sie kritisiert aber erneut, dass bei den Klimamaßnahmen gekürzt wurde. "Die Klimaziele bis 2030 erreicht man so aber nicht", bleibt sie der Linie der Grünen treu.
Video: Interview mit Leonore Gewessler
Zusammenfassung
- Bei ihrem ersten ORF-Sommergespräch blickt Grünen-Chefin Leonore Gewessler nicht gerne zurück, verbucht ihre Zeit als Ministerin aber als Erfolg.
- Vor allem im Bereich der Wirtschaftspolitik räumt sie keine Fehler ein.
- Sei sei immerhin "keine Sekunde Finanzminister" gewesen.