Scherba: In Butscha "geht man durch die Straßen und sammelt Leichen"

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Olexander Scherba, der ehemalige ukrainische Botschafter in Österreich, spricht im PULS 24 Interview über die Gräueltaten in Butscha, einem Vorort von Kiew. Er wirft Russland einen "Genozid" vor und fordert härtere Sanktionen vom Westen.

Es sind grauenhafte Bilder, die aus Butscha übermittelt werden. Nachdem sich die russischen Truppen aus dem Vorort Kiews zurückgezogen hatten, wurden dort - laut ukrainischen Angaben - bisher etwa 340 Leichen von Zivilisten gefunden. Einige der Toten wurden gefesselt, ihre Augen verbunden. 

Olexander Scherba, ehemaliger Botschafter der Ukraine in Österreich, spricht daher von einem "Genozid". Das alles sei für ihn "psychisch schwer zu verkraften" - Butscha sei nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum Kiews, wo er sich befindet, entfernt. Vor Kurzem seien diese Orte "glückliche, wohlhabende Vororte Kiews" gewesen. "Jetzt geht man durch diese Straßen und sammelt Leichen ein", zeigt sich Scherba fassungslos. 

Westen müsse wirtschaftliches Leiden in Kauf nehmen

Der Diplomat befürchtet aber, dass Butscha erst der Anfang gewesen sein könnte. Mariupol sei seit Wochen unter Beschuss - dort seien außerdem tschetschenische Kämpfer, die "für ihre Gräueltaten bekannt seien. Was in den Vororten von Kiew und Charkiw entdeckt werden wird, "wird noch schlimmer sein", befürchtet Scherba. 

Er fordert schärfere Sanktionen vom Westen: "Ich war niemals ein Feind Russlands, bevor Russland entschieden hat, ein Feind der Ukraine zu werden". Nach diesen hunderten Toten auf den Straßen, nach den Toten, die in Hinterhöfen begraben wurden, nach den getöteten Bürgermeistern, müsse "das Leiden" aber endlich beendet werden, so Scherba. Dafür müsse auch der Westen bereit sein", ein bisschen wirtschaftliches Leiden" in Kauf nehmen, auch wenn das heiße, mehr für Gas und Benzin, für Lebensmittel zu bezahlen, appelliert der Ukrainer. 

Karner: "Sowas tut man einfach nicht"

"Das ist nicht einzuordnen", sagt auch Militärexperte Gerald Karner zu den nun bekanntgewordenen Gräueltaten. Das sei "unmilitärisch" und "unehrenhaft". Auch der Experte befürchtete, dass, was in Butscha geschehen ist, "kein Einzelfall" war - es gebe "ein Muster". Wenn sich die russischen Truppen zurückziehen, würden die Ortschaften "zum Teil entvölkert" zurückgelassen. Es bleibe zu hoffen, dass alles vor dem internationalen Strafgerichtshof aufgeklärt werden. Es sei schwer vorstellbar, dass so etwas ohne die Duldung, das Wissen von Vorgesetzten "auf höheren Ebenen" passiere, so Karner. 

Treichler: "Nicht einfach zur Tagesordnung übergehen"

"Profil"-Journalist Robert Treichler betont, wie wichtig es sei, dass nun Beweise gesichert werden, denn ein Verfahren in Den Haag sei ein "rechtsstaatliches Verfahren", bei dem es wegen mangelnder Beweise auch Freisprüche geben könnte. Die politische Verantwortung trage der "Kriegsherr" Wladimir Putin, aber vor Gericht müsse genau geklärt werden, wer das in Auftrag gegeben habe. 

Wie Österreichs Politik reagiert

Fix sei jedenfalls, dass man auch im Westen "nicht einfach zur Tagesordnung übergehen" könne. Der öffentliche Druck für mehr Sanktionen werde steigen. Für ein Gasembargo brauche es aber mehr Zeit, so Treichler: "Wenn man sich überhaupt darauf einigen kann". Die deusche Regierung, der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen kündigten bereits weitere Sanktionen an.

ribbon Zusammenfassung
  • Olexander Scherba, der ehemalige ukrainische Botschafter in Österreich, spricht im PULS 24 Interview über die Gräueltaten in Butscha, einem Vorort von Kiew.
  • Er wirft Russland einen "Genozid" vor und fordert härtere Sanktionen vom Westen.
  • "Das ist nicht einzuordnen", sagt auch Militärexperte Gerald Karner zu den nun bekanntgewordenen Gräueltaten. Das sei "unmilitärisch" und "unehrenhaft".
  • Auch der Experte befürchtete, dass, was is Butscha geschehen ist, "kein Einzelfall" war - es gebe "ein Muster". Wenn sich die russischen Truppen zurückziehen, würden die Ortschaften "zum Teil entvölkert" zurückgelassen.
  • "Profil"-Journalist Robert Treichler betont, wie wichtig es sei, dass nun Beweise gesichert werden, denn ein Verfahren in Den Haag sei ein "rechtsstaatliches Verfahren".

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