APA/APA/EXPA/JOHANN GRODER/EXPA/JOHANN GRODER

Willi sondiert, Anzengruber kommentiert nicht

0

Nach der Innsbrucker Gemeinderatswahl bringen sich die Konkurrenten für die Stichwahl am 28. April in Stellung, politische Ränkespiele haben Hochkonjunktur. Bürgermeister Georg Willi (Grüne) will bis Anfang kommender Woche mit allen Fraktionen außer der FPÖ Sondierungsgespräche führen. Ex-ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (JA-Jetzt Innsbruck) setzt indes einmal mehr auf Stadtteil-Wahlkampf und schweigt zur schwarzen Wahlempfehlung sowie zu Koalitionen.

"Wir müssen nach der Stichwahl sofort in die Gänge kommen: Die Mieten explodieren und die Wohnkosten sind außer Rand und Band. Ich will mit den anderen Fraktionen vor allem über das Thema leistbares Wohnen sprechen - aber wir Grüne sind natürlich für alle Themen offen, die auf den Tisch gelegt werden", begründete Willi in einer Aussendung am Dienstag seine "Sondierungs-Offensive". Bereits für Mittwoch hätten die Liste Fritz, das Alternative Innsbruck (ALI) und die SPÖ ihr Kommen zugesagt.

Die FPÖ kritisierte prompt die Nicht-Einladung zu den Gesprächen und sprach einmal mehr von Ausgrenzung. "Willi hat absolut nichts gelernt", erklärte FPÖ-Vizebürgermeister Markus Lassenberger. Zudem gehe es Willi mit den Sondierungen "einzig und allein darum, sich eine Mehrheit für die Stichwahl zu sichern."

Nach der Wahl, die einen Mitte-Links-Rutsch brachte, gibt es zwei mögliche Koalitionsvarianten. Derzeit am wahrscheinlichsten ist ein Mitte-Links-Bündnis aus Anzengruber, Grünen und SPÖ, vor allem, sollte Bürgermeister Willi in der Stichwahl gegen Anzengruber die Oberhand behalten: Gemeinsam käme man auf 22 von 40 Mandaten. Eine Variante rechts der Mitte wäre nur als Viererbündnis aus "JA", FPÖ, "das Neue Innsbruck" und Liste Fritz denkbar. 21 Mandate würde Letzteres zusammen ausmachen.

Einer solchen Mitte-Rechts-Viererkoalition erteilte aber am Dienstag Liste Fritz-Landeschefin und Innsbruck-Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider eine De-facto-Absage. "Ein Steigbügelhalter waren wir noch nie. Und dass wir den Steigbügelhalter für die ÖVP machen, hat wohl ohnehin keiner angenommen", erklärte sie gegenüber der Online-Ausgabe des "Kurier".

Anzengruber hielt sich indes auf APA-Anfrage in Hinsicht auf Koalitionen bedeckt, nachdem ihn die FPÖ am Montag zu einem Bekenntnis zu einem solchen Mitte-Rechts-Bündnis aufgefordert hatte und auch am Dienstag betonte, dass die freiheitliche Hand "im Sinne eines Neustarts für Innsbruck" ausgestreckt sei. Man werde zu Koalitionsfragen wie angekündigt vor der Stichwahl nicht Stellung nehmen, sagte ein Anzengruber-Sprecher. Stattdessen werde man sich auf die Wahlwerbung konzentrieren, wieder "in die Stadtteile gehen" und die Unterschiede zu Willi herausarbeiten. Auch zu der vom Tursky-Lager bzw. der ÖVP ausgesprochenen Wahlempfehlung verlautete es: "Kein Kommentar". Ebenfalls keine Wahlempfehlung will übrigens die SPÖ aussprechen, wie deren Spitzenkandidatin und Stadträtin Elisabeth Mayr bereits am Sonntag betont hatte.

Gesprächiger zeigte sich jedoch ein anderer: Nach der schweren Wahlniederlage des bürgerlichen Bündnisses "das Neue Innsbruck" mit Frontmann Florian Tursky übte am Dienstag der frühere Tiroler ÖVP-Landeshauptmann und Ex-Innsbrucker Stadtchef Herwig van Staa Kritik an den ÖVP-Verantwortlichen. Und zwar wegen des Umgangs mit dem früheren schwarzen Vizebürgermeister Anzengruber. Dieser sei "ein schwerer Fehler" gewesen, sagte Van Staa im APA-Gespräch. Die Tiroler Politlegende spielte dabei auf den Ausschluss Anzengrubers aus Partei und Fraktion im Zuge von schweren Turbulenzen im vergangenen Spätherbst an. Er habe diese Vorgangsweise damals "nicht verstanden und auch nicht goutiert" und dies auch intern geäußert, so Van Staa. Anzengruber habe im ersten Durchgang jedenfalls ein "hervorragendes Ergebnis" erzielt, lobte Van Staa, der Tursky im Wahlkampf unterstützte und symbolisch auch auf dessen Liste kandidierte. Das Abschneiden auf schwarzer Seite - das Tursky-Bündnis kam in Direkt- und Listenwahl nur auf jeweils knapp über zehn Prozent und weist nur mehr vier Mandate auf - sei hingegen eine "herbe Niederlage" und ein "schmerzlicher Verlust."

In puncto möglicher Koalitionen wollte sich Van Staa nicht konkret äußern. Doch: Eine mögliche Mitte-Rechts-Koalition aus Anzengruber, "das Neue Innsbruck", FPÖ und der Liste Fritz wäre angesichts der "Situation" im Gemeinderat "schon eine fragwürdige Konstellation". Sie würde nämlich mit 21 von 40 Mandaten nur eine knappe Mehrheit aufweisen, was das Regieren sehr erschweren würde. Auf die Frage, welche Rolle die frühere Innsbrucker Bürgermeisterin und Tursky-Listenzweite Christine Oppitz-Plörer künftig spielen solle, antwortete Van Staa indes: "Sie ist eine von 40 Gemeinderäten. Da sind die Einflussmöglichkeiten überschaubar."

ribbon Zusammenfassung
  • Herwig van Staa, ehemaliger Tiroler ÖVP-Landeshauptmann, kritisiert den Umgang seiner Partei mit dem Vizebürgermeisterkandidaten Johannes Anzengruber nach einer schweren Wahlniederlage.
  • Trotz parteiinterner Konflikte und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen erreichte Anzengruber die Stichwahl, Van Staa lobt sein 'hervorragendes Ergebnis' und sieht seine Siegchancen bei 'Fifty-Fifty'.
  • Das von Florian Tursky geführte 'Neue Innsbruck' Bündnis erzielte nur knapp über zehn Prozent und verlor deutlich an Mandaten, dennoch unterstützt Van Staa die Wahlempfehlung für Anzengruber.

Mehr aus Politik