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ÖGB setzt Wiener Ukraine-"Friedensgipfel" vor die Tür

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Der ÖGB zieht die Reißleine beim umstrittenen Wiener "Friedensgipfel" für die Ukraine.

"Wir haben uns entschlossen, dem Wunsch der Ukraine und ihrer in Österreich tätigen Botschaft zu entsprechen und haben die Anmietung aller Räume im ÖGB-Catamaran für die Veranstaltung 'International Summit for Peace in Ukraine' am kommenden Wochenende storniert", erklärte ein ÖGB-Sprecher am Mittwochnachmittag auf APA-Anfrage. Die Veranstalter erklärten, nun andere Räumlichkeiten zu suchen.

Umstrittene russlandfreundliche Gäste

Für Empörung hatte jüngst vor allem die Information gesorgt, dass einer der Stargäste der Veranstaltung, der US-Ökonom Jeffrey Sachs, in der Sendung des russischen Chefpropagandisten und Kriegstreibers Wladimir Solowjew aufgetreten war.

Außerdem fehlt in einem Entwurf der Abschlusserklärung des von linken NGOs veranstalteten Gipfels eine Forderung nach einem russischen Abzug aus der Ukraine. Vielmehr wird ein sofortiger Waffenstillstand gefordert, was einer Zustimmung zu den völkerrechtswidrig erzielten Gebietsgewinnen des Aggressors gewertet werden kann.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund habe in den vergangenen Tagen haben eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen über die Veranstaltung, ihre Inhalte und über die eingeladenen Gäste erhalten, sei jedoch leider nicht in der Lage, allen diesen Hinweisen nachzugehen.

"Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt in die Einladungspolitik und Organisation dieser Veranstaltung eingemischt und können daher auch nicht Stellung dazu nehmen", erläuterte der Sprecher, der gleichzeitig betonte, dass sich seine Organisation seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs zweifelsfrei auf die Seite des ukrainischen Volkes gestellt habe und bereits im März 2022 auch eine Hilfslieferung in die Ukraine transportiert habe.

Kritik des ukrainischen Botschafters

Die Absage des ÖGB folgt auf Kritik des ukrainischen Botschafters Wassyl Chymynez, der manche der angekündigten Teilnehmer der Veranstaltung als "Fünfte Kolonne Russlands" bezeichnet hatte. "In vorliegenden Papieren der Konferenz fehlt eindeutig, dass ein nachhaltiger und umfassender Frieden nur im Einklang mit dem Völkerrecht und der Befreiung aller von Russland besetzten Gebieten möglich ist", hatte Chymynez zudem am Montag gegenüber der APA erklärt.

"Wir sind entsetzt und gerade damit beschäftigt, ein alternatives Lokal für die Veranstaltung zu finden", kommentierte Leo Gabriel, einer Sprecher der Veranstaltung, die ÖGB-Entscheidung am Mittwochnachmittag gegenüber der APA.

Der ÖGB selbst war am Dienstag von Aktivisten um die ehemalige Skiläuferin Nicola Werdenigg öffentlich aufgefordert worden, seine Raumzusage an die Veranstaltung zurückzunehmen. Mit Attac Austria zog sich eine der ursprünglichen Veranstalterinnen zurück.

Presseclub Concordia spricht von "Kreml-Propagandamedien"

Am Mittwoch lehnte es auch der Presseclub Concordia es ab, seine Räumlichkeiten in zentraler Lage in der Wiener Innenstadt für eine Pressekonferenz des "Gipfels" zur Verfügung zu stellen. "Es geht um die bei dieser Konferenz angekündigten Leute und wo sie sonst auftreten, nämlich nach dem 24. Februar 2022 in Kreml-Propagandamedien, wo zum Massenmord an der ukrainischen Zivilbevölkerung aufgerufen wird", begründete Concordia-Generalsekretärin Daniela Kraus die Entscheidung, keine Pressekonferenz der Veranstaltungen in ihren Räumlichkeiten haben zu wollen.

Kraus bezog sich damit konkret auf den US-Ökonomen Sachs. Ob er persönlich nach Wien kommen oder per Videoschaltung teilnehmen würde, stand nach Angaben "Gipfel"-Sprecher Gabriel am Mittwoch noch nicht definitiv fest.

Attac Austria zog sich zurück

Inhaltliche Fragen hatten bereits zuvor auch von Attac Austria geäußert, die am Dienstag via Twitter erklärt hatten, nicht als Unterstützer der Veranstaltung auftreten zu wollen. Die NGO hatte in diesem Zusammenhang auf den Entwurf der Schlusserklärung der Konferenz verwiesen und allgemein erklärt, den russischen Angriffskrieg und die Leugnung des Existenzrechts der Ukraine zu verurteilen sowie das Recht des ukrainischen Volkes auf Selbstverteidigung anzuerkennen.

Konkrete Kritik am Entwurf selbst wollte Attac am Mittwoch nicht üben. "Ich kann ihnen zu einem nicht veröffentlichten Dokument keine Auskunft geben", erklärte Pressesprecher David Walch am Mittwochnachmittag auf APA-Nachfrage.

In einem aktuellen Entwurf einer Schlusserklärung, den die Veranstalter der APA zur Verfügung stellten, wird der russische Angriffskrieg klar verurteilt, die humanitären Auswirkungen unterstrichen und zur Strafverfolgung bei Kriegsverbrechen ausgerufen. Ähnlich wie in der Ankündigung des "Friedensgipfels" ist aber auch die Rede davon, dass diese "illegale Invasion" auf westlichen Pläne und Handlungen zur Erweiterung der NATO folge.

Nicht explizit verlangt wird im Entwurf ein Abzug russischer Truppen aus der Ukraine. Die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand könnte als implizite Zustimmung zu russischen Gebietsgewinnen interpretiert werden. "Wir setzen keine Konturen einer endgültigen Lösung fest, denn dies muss der Kraft, Mut und Vision der Konfliktparteien überlassen werden", heißt es im Text. 

Polizei bereitet sich auf Einsatz vor

Organisiert wird die Veranstaltung unter anderem vom Internationalen Friedensbüro (IPB) in Berlin, CODEPINK aus den USA und dem Aktionsbündnis für Frieden, aktive Neutralität und Gewaltfreiheit (AbFaNG) in Österreich. Sie sollte am Samstag und Sonntag in Räumlichkeiten des ÖGB in Wien-Leopoldstadt stattfinden. Auch die Polizei bereitete sich vor.

Es seien aktuell keine Drohungen gegen die Veranstaltung bekannt, die Landespolizeidirektion Wien werde sie mit uniformierten und zivilen Kräften überwachen, erklärte ein Polizeisprecher am Mittwochnachmittag auf APA-Nachfrage. "Natürlich ist aufgrund der politischen Brisanz ein Einsatzkonzept erarbeitet worden, um auch auf allfällige Stör- bzw. Protestaktionen entsprechend reagieren zu können", betonte er.

ribbon Zusammenfassung
  • Konkrete Kritik am Entwurf selbst wollte Attac am Mittwoch nicht üben.

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