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Neues Gesetz zu Truppenmobilmachung in Ukraine beschlossen

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Das ukrainische Parlament hat einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Mobilisierung der Streitkräfte verabschiedet. "Der Gesetzentwurf zur Mobilisierung wurde als Ganzes angenommen", erklärte der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak am Donnerstag im Online-Dienst Telegram. 283 der 450 Abgeordneten hätten dafür gestimmt, fügte er hinzu. Das Gesetz erhöht unter anderem die Strafen für Kriegsdienstverweigerer.

In letzter Minute gestrichen wurde ein Passus, der eine Entlassung von Soldaten aus der Armee vorsah, die 36 Monate gedient haben. Die Streichung sorgte bei vielen Soldaten, die seit mehr als zwei Jahren an der Front kämpfen, und deren Angehörigen für Unmut. Das Gesetz soll zudem eine leichtere Einberufungsprozedur ermöglichen, indem ein digitales System eingeführt wird. Vor Inkrafttreten muss das Gesetz noch von Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichnet werden.

Nach mehr als zwei Jahren Krieg verzeichnet das ukrainische Militär massive Verluste. Die Ukraine hat Schwierigkeiten, zusätzliche Soldaten zu rekrutieren. Anfang April hatte die Ukraine bereits das Alter für die Einberufung in den Militärdienst von 27 auf 25 Jahre gesenkt.

Die Gesetzesänderung soll es der Regierung in Kiew also ermöglichen, mehr Soldaten einzuberufen, da kein Ende des Krieges in Sicht ist und die Armee wegen eines Mangels an Waffen und Munition aber auch an Personal von Russland zuletzt an der Front im Osten verstärkt in die Defensive gedrängt wurde. Der Abgeordnete Olexander Fedienko sagte, die Verabschiedung des Mobilmachungsgesetzes sei eine "Botschaft an unsere Partner, dass wir bereit sind, unser Territorium zurückzuerobern, und dass wir Waffen brauchen".

Ein Text mit allen Änderungen lag zunächst noch nicht vor. Es war klar, dass das Gesetz keine Begrenzung der Dienstzeit der zur Armee einberufenen Zivilisten während des Krieges vorsieht. Dies ist in der Ukraine eine besonders strittige Frage für die Tausenden Menschen, die sich zum Militär meldeten, als Russland im Februar 2022 einmarschierte. Wie umstritten die Verhandlungen über die Gesetzesreform liefen, zeigt, dass nach der Verabschiedung in erster Lesung im Februar noch mehr als 4.000 Änderungsanträge eingereicht wurden.

Der Befehlshaber der Bodentruppen, Olexander Pawljuk, rief die Ukrainer angesichts der Lage erst Anfang der Woche eindringlich dazu auf, sich zur Armee zu melden oder bereit zu sein, in der Armee zu dienen. "Wir müssen begreifen, dass niemand in der Lage sein wird, die Hände in den Schoß zu legen", schrieb er auf Facebook. "Egal, wie viel Hilfe wir bekommen, egal, wie viele Waffen wir haben, uns fehlen die Menschen! Die Ausrüstung fährt nicht von selbst, die Waffe schießt nicht von selbst, und die Drohne fliegt nicht von selbst."

Womöglich will die Ukraine bald auch verurteilte Straftäter zum Militär einziehen. Das Parlament hatte am Mittwoch in erster Lesung einer entsprechenden Gesetzesvorlage zugestimmt. Diese sieht vor, dass für Gefängnisinsassen Bewährung in Betracht kommt, wenn sie sich bereit erklären, in die Armee einzutreten. Nicht infrage kommen sollen allerdings nach Angaben von Abgeordneten Häftlinge, die wegen sexueller Gewalt, Mord sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder gegen die nationale Sicherheit verurteilt wurden. Wie viele Personen somit letztlich berechtigt wären, dem Militär beizutreten, und wann dieses Gesetz in Kraft treten könnte, ist noch unklar.

ribbon Zusammenfassung
  • Das ukrainische Parlament hat ein neues Mobilisierungsgesetz mit 283 Ja-Stimmen beschlossen, das höhere Strafen für Kriegsdienstverweigerer vorsieht und ein digitales Einberufungssystem einführen soll.
  • Ein zunächst vorgesehener Passus, der Soldaten nach 36 Monaten Dienst die Entlassung ermöglicht hätte, wurde gestrichen, was bei langjährigen Frontsoldaten und deren Familien für Unmut sorgt.
  • Angesichts hoher militärischer Verluste und Rekrutierungsprobleme senkte die Ukraine das Einberufungsalter von 27 auf 25 Jahre; die Gesetzesänderung wartet auf die Unterschrift von Präsident Selenskyj.

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