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Neue EU-Analyse kritisiert Reformtempo der Ukraine

Heute, 02:38 · Lesedauer 3 min

Die Ukraine muss ihr Reformtempo erhöhen, wenn sie die selbst gesteckten Ziele auf dem Weg zu einer Aufnahme in die Europäische Union erreichen will. Zu diesem Ergebnis kommt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Analyse, die die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und Erweiterungskommissarin Marta Kos an diesem Dienstag in Brüssel vorstellen wollen. Berichte gibt es auch zu den anderen Beitrittskandidaten. Georgien ist nur noch pro forma ein seriöser Bewerber.

In dem Text heißt es, die Ukraine habe im vergangenen Jahr trotz ihrer äußerst schwierigen Lage wegen des russischen Angriffskriegs ein bemerkenswertes Engagement im EU-Beitrittsprozess gezeigt. Jüngste negative Entwicklungen müssten allerdings entschieden rückgängig gemacht werden - so etwa der zunehmende Druck auf Antikorruptionsbehörden und die Zivilgesellschaft.

Zudem mahnen die Autoren des Berichts, die Angleichung an EU-Standards beim Schutz der Grundrechte sowie Verwaltungs- und Dezentralisierungsreformen voranzutreiben. Fortschritte seien weiterhin notwendig, um Unabhängigkeit, Integrität, Professionalität und Effizienz in Justiz, Staatsanwaltschaft und Strafverfolgung zu stärken sowie Organisierte Kriminalität intensiver zu bekämpfen.

Die ukrainische Regierung hat sich selbst das Ziel gesetzt, die EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 abzuschließen. In der Analyse der notwendigen Reformfortschritte wird nun aber deutlich vor dem Risiko gewarnt, dass damit zu große Erwartungen geschürt werden könnten. Die Kommission unterstütze das ehrgeizige Ziel, weise jedoch darauf hin, dass hierfür eine Beschleunigung des Reformtempos erforderlich sei, heißt es dort. Das gelte insbesondere in grundlegenden Bereichen wie der Rechtsstaatlichkeit.

Analyse auch zu Westbalkan-Staaten und Moldau

Neben der Ukraine werden am Dienstag auch das kleine Nachbarland Moldau sowie die Westbalkanstaaten Montenegro, Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien und Kosovo als EU-Beitrittsanwärter von der EU-Kommission bewertet. Zur Türkei und Georgien gibt es ebenfalls Analysen, in beiden Fällen liegt der Beitrittsprozess allerdings wegen demokratischer und rechtsstaatlicher Defizite auf Eis.

Am weitesten im EU-Aufnahmeprozess ist nach der neuen Analyse Montenegro. Dem Land wird bescheinigt, die Beitrittsverhandlungen bis Ende 2026 abschließen zu können, wenn es das Reformtempo beibehält. Für Albanien wird ein Abschluss der Beitrittsverhandlungen bis Ende 2027 für möglich gehalten.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die Länder dann auch wirklich beitreten können. Voraussetzung dafür ist, dass alle EU-Staaten den von der EU-Kommission ausgehandelten Beitrittsverträgen zustimmen und diese dann auch ratifizieren. In Frankreich etwa könnte vor der Ratifizierung noch ein Referendum organisiert werden.

Georgien nur noch auf dem Papier Beitrittskandidat

Ein ausgesprochen schlechtes Zeugnis sollen auch in diesem Jahr wieder Georgien und die Türkei ausgestellt bekommen. Zu Georgien heißt es, das Land sei angesichts des Kurses der aktuellen Regierung nur noch auf dem Papier ein Beitrittskandidat. Als Beispiele werden die Verabschiedung repressiver Gesetze, eine politische Instrumentalisierung der Justiz, die Verfolgung von Oppositionsführern sowie willkürliche Verhaftungen von Demonstrierenden und Journalistinnen und Journalisten genannt. Man hatte geglaubt, die frühere Sowjetrepublik im Südkaukasus habe dies hinter sich gelassen. In der Türkei wurden ebenfalls weitere Rückschritte in den Bereichen Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit festgestellt.

Zusammenfassung
  • Die EU-Analyse fordert von der Ukraine eine Beschleunigung der Reformen, um das Ziel, die EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 abzuschließen, zu erreichen.
  • Trotz des russischen Angriffskriegs wird das Engagement der Ukraine gewürdigt, jedoch werden Rückschritte wie zunehmender Druck auf Antikorruptionsbehörden und die Zivilgesellschaft kritisiert.
  • Auch andere Beitrittskandidaten wie Montenegro (Abschluss der Verhandlungen bis Ende 2026 möglich) und Albanien (bis Ende 2027) werden bewertet, während Georgien und die Türkei wegen demokratischer Defizite stark kritisiert werden.