APA/POOL/ALESSANDRO DELLA VALLE

Schweiz lädt zu Ukraine-Friedenskonferenz im Juni

0

Die Schweiz wird voraussichtlich am 15. Juni die Friedenskonferenz der Ukraine ausrichten. "Es gibt derzeit genügend internationale Unterstützung für eine hochrangige Konferenz zur Einleitung des Friedensprozesses", teilte die Regierung in Bern am Mittwoch mit. Sie kommt damit einem Wunsch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach. Allerdings hat Russland erklärt, nicht an dem zweitägigen Treffen auf dem Bürgenstock vor den Toren Luzerns teilnehmen zu wollen.

Aus Sicht der Regierung in Moskau hat die Schweiz ihre Neutralität aufgegeben. Ziel der Konferenz ist ein umfassender und dauerhafter Frieden. Dafür soll auch ein Fahrplan zur Einbeziehung Russlands entwickelt werden. Die Schweizer Regierung hat noch keine vollständige Liste der Teilnehmer bekannt gegeben.

Die russische Botschaft in Bern teilte am Mittwoch mit, dass Moskau keine Einladung zur Konferenz erhalten habe. "Aber selbst im Fall des Erhalts einer Einladung für so ein Ereignis würde sie die russische Seite nicht annehmen", hieß es in einer Mitteilung weiter. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass nur der Friedensplan Selenskyjs verhandelt werde. Dieser sei aber eine Ansammlung an Ultimaten gegenüber Russland und zieht die Interessen der nationalen Sicherheit unseres Landes nicht in Betracht". Selenskyj hatte unter anderem den vollständigen Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Gebiet gefordert - darunter auch von der bereits seit 2014 von Moskau annektierten Krim. Andere Friedensinitiativen - unter anderem aus China und Afrika - fänden bei der Konferenz keine Beachtung.

Aktuell gebe es zwar noch viele Unbekannte, doch nach Gesprächen mit verschiedenen Staaten habe sich gezeigt, dass eine hochrangig besetzte Konferenz als Start für einen Friedensprozess international genügend Zustimmung finde, hieß es vom Schweizer Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern. Die Konferenz soll laut EDA eine Dialog-Plattform über Wege zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine bieten. Grundlage der Gespräche seien das Völkerrecht und die UNO-Charta.

Russland hat wiederholt erklärt, offen für Friedensverhandlungen zu sein. Allerdings müssten die "neuen Realitäten vor Ort" anerkannt werden. Nach zwei Jahren seines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges hält Russland knapp ein Fünftel des ukrainischen Territoriums besetzt und hat Teile davon als eigenes Territorium annektiert. Die Ukraine fordert dagegen die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität und einen vollständigen Abzug der russischen Streitkräfte als Voraussetzung für einen Frieden.

Die Planung für die Ukraine-Friedenskonferenz begann im vergangenen Jänner beim Besuch Selenskyjs in Bern. Die Konferenz werde jedoch über einen von Selenskyj erarbeiteten Friedensplan hinausgehen und auch existierende Vorschläge von anderen Ländern, beispielsweise China, berücksichtigen, sagte Außenminister Ignazio Cassis.

Selenskyj dankte der Schweizer Präsidentin Viola Amherd für die Unterstützung ihres Landes. In einem Telefonat dankte er Amherd außerdem für "die heutige Entscheidung, fünf Milliarden Schweizer Franken für den Wiederaufbau der Ukraine bereitzustellen", schrieb Selenskyj am Mittwoch auf dem Onlinedienst Telegram.

In seiner abendlichen Videoansprache rief der ukrainische Präsident die Weltgemeinschaft am Mittwoch zur Teilnahme an dem Gipfel auf. "Jeder Regierungschef, jeder Staat, der ein Ende der russischen Aggression und einen tatsächlich gerechten Frieden will, kann sich nun unseren globalen Bemühungen anschließen - dem ersten Friedensgipfel, der im Juni in der Schweiz abgehalten wird", sagte Selenskyj nach Angaben der Nachrichtenagentur Ukrinform. "Wir bereiten uns auf den Gipfel vor und auf seine konkreten Ergebnisse vor: Eine klare Position der Welt bezüglich eines gerechten Endes dieses Krieges."

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich bereits mehrmals für Verhandlungen und die Einbeziehung von anderen Ländern ausgesprochen. Er schreibt der Türkei eine Schlüsselrolle bei der möglichen Beendigung des Ukraine-Krieges zu. Neben der Türkei, die "von beiden Seiten anerkannt wird", seien "Indien oder China ganz wesentlich". Und der Kanzler ergänzte: "Wenn ich dabei einen Beitrag leisten kann, werde ich das gerne tun (...)".

Nehammer sieht in Selenskyjs Friedensplan "die Diskussionsgrundlage". "Die Frage ist, wie gewinnt man jetzt einen dieser Akteure, wie etwa Indien oder China, um über dieses Format nachzudenken. Wenn das gelänge, dann gibt es eine Chance, dass es tatsächlich Frieden geben kann", meinte der Kanzler. Bis dahin sei es "so wichtig, die Ukraine massiv zu unterstützen (...) Damit die russische Seite sieht, dieser Abnutzungskrieg nützt niemandem".

Selenskyjs Zehn-Punkte-Plan sieht den kompletten russischen Abzug aus allen besetzten Gebieten der Ukraine vor sowie Reparationen und eine Bestrafung der Kriegsverbrecher.

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Karl Nehammer sieht in der Türkei einen zentralen Vermittler für die Beendigung des Ukraine-Krieges und betont die Bedeutung weiterer Akteure wie Indien und China.
  • Er verweist auf den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Selenskyj als Diskussionsgrundlage und unterstreicht die Notwendigkeit, die Ukraine zu unterstützen, um Russland zu einem Friedensschluss zu bewegen.
  • Langfristig müsse ein Weg gefunden werden, mit Russland auszukommen, wobei große Beweglichkeit von der russischen Seite erforderlich sei, so Nehammer.

Mehr aus Politik