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NATO-Spekulationen: Dänische Regierungschefin bei Biden

Inmitten von Spekulationen über ihren möglichen Wechsel an die NATO-Spitze wird die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Montag von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen. "Ich habe eine gute Beziehung mit dem US-Präsidenten", sagte Frederiksen am Sonntagabend (Ortszeit) nach ihrer Ankunft in Washington dem dänischen Fernsehsender TV2. "Ich weiß, dass es Spekulationen in Sachen NATO gibt, aber ich werde jetzt nicht darauf eingehen."

Die Sozialdemokratin war erst zu Jahresbeginn als Regierungschefin bestätigt worden. Nach einem neuerlichen Sieg ihrer Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl im Oktober hatte sie eine lagerübergreifende Regierung mit zwei rechtsliberalen Parteien gebildet. "Ich bin sehr glücklich als Ministerpräsidentin Dänemarks und habe schon mehrmals gesagt, dass ich keinen anderen Job suche", betonte sie vor ihrem Treffen mit Biden. Ein kategorisches Nein zu einem Wechsel ins Brüsseler Hauptquartier vermied sie aber.

Der Führungsposten im Verteidigungsbündnis muss neu besetzt werden, weil die Amtszeit des Norwegers Jens Stoltenberg im September endet und er sie nicht verlängern will. Es wird erwartet, dass die Entscheidung darüber beim NATO-Gipfel in Vilnius Mitte Juli fallen wird. Traditionell fällt der Posten den europäischen Bündnisstaaten zu, während ein US-General an der Spitze der militärischen NATO-Kommandostruktur steht.

Innerhalb der NATO gibt es starke Stimmen für die erstmalige Ernennung einer Frau für den wichtigsten zivilen NATO-Posten. Immer wieder genannt wird die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas, doch ist sie insbesondere in Westeuropa wegen ihrer harten Haltung gegenüber Aggressor Russland umstritten. Frederiksen ist diesbezüglich nicht so exponiert. Gegen sie spricht, dass mit ihr zum dritten Mal infolge eine Person aus Skandinavien zum Zuge käme. Vor dem Norweger Stoltenberg hatte nämlich der rechtsliberale dänische Ex-Premier Anders Fogh Rasmussen das Sagen im NATO-Hauptquartier.

TV2 holte beim jüngsten Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Moldau mehrere positive Stimmen zu Frederiksen ein. Ein Wechsel an die NATO-Spitze sei "möglich", sagte etwa der litauische Präsident Gitanas Nauseda. "Ich kenne die dänische Regierungschefin sehr gut. Sie macht einen guten Job und ist eine gute Kollegin in der Europäischen Union. Ich denke, dass sie eine äußerst ernst zu nehmende Kandidatin für den Posten des Generalsekretärs wäre", sagte der Gastgeber des NATO-Gipfels dem dänischen Sender. Der belgische Premierminister Alexander De Croo lobte Frederiksen als "unglaublich gute Kollegin". "Ja, Mette hat die Qualifikation für diesen Posten, wenn sie entsprechende Ambitionen hat", sagte der rechtsliberale Politiker. Ähnlich äußerte sich der sozialdemokratische norwegische Regierungschef Jonas Gahr Støre.

Innenpolitisch sind die angeblichen NATO-Ambitionen Frederiksens nicht unumstritten. So wies Außenminister Lars Løkke Rasmussen darauf hin, dass die neue Regierung erst wenige Monate im Amt sei. Er sei gegen einen Wechsel an der NATO-Spitze, äußerte der frühere rechtsliberale Premier eine klare Präferenz für eine weitere Amtszeitverlängerung Stoltenbergs. Die oppositionelle rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) hielt Frederiksen indes vor, sich einen künftigen Job mit dänischen Steuermilliarden zu erkaufen. DF-Chef Morten Messerschmidt verwies konkret auf den jüngst erfolgten Beschluss des Kabinetts für eine massive Erhöhung der dänischen Verteidigungsausgaben, damit das NATO-Ausgabenziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts schon im Jahr 2030 erreicht wird.

Das Treffen von Biden und Frederiksen findet am dänischen Nationalfeiertag statt. Am 5. Juni gedenken die Dänen der Annahme ihrer ersten demokratischen Verfassung im Jahr 1849. Frederiksen räumte im TV2-Interview ein, dass ein Termin im Oval Office für eine Vertreterin eines kleinen Landes wie Dänemark keine Selbstverständlichkeit sei. "Wir können alle stolz darauf sein, dass unser kleines Land in der Welt so anerkannt ist", betonte sie. "Wir sind der kleinere Teil in dieser Beziehung", sagte sie mit Blick auf die USA. Bidens Vorgänger Donald Trump hatte vor vier Jahren einen Staatsbesuch in Kopenhagen kurzfristig abgesagt, nachdem er eine scharfe Abfuhr für das Ansinnen erhalten hatte, Dänemark die Artisinsel Grönland abzukaufen. Sie hoffe, dass das Angebot nicht ernst gemeint sei, sagte Frederiksen damals in Richtung des US-Präsidenten.

ribbon Zusammenfassung
  • Inmitten von Spekulationen über ihren möglichen Wechsel an die NATO-Spitze wird die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Montag von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen.
  • "Ich habe eine gute Beziehung mit dem US-Präsidenten", sagte Frederiksen am Sonntagabend nach ihrer Ankunft in Washington dem dänischen Fernsehsender TV2.
  • Ein kategorisches Nein zu einem Wechsel ins Brüsseler Hauptquartier vermied sie aber.