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Moldau erwägt Luftraumsperre nach russischen Angriffen

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Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen auf die Ukraine erwägt die Republik Moldau die Sperre seines Luftraums.

"Wir wollen nicht eine Rampe für die Zerstörung der Ukraine sein", betonte die moldauische Innenministerin Ana Revenco am Dienstag vor Journalisten in Wien. "Wir sollten überlegen, ob (der Luftraum) offen bleibt oder nicht." Für neue Flüchtlingswellen aus der Ukraine sieht Revenco ihr Land gut gerüstet. Sorgen machen ihr die pro-russischen Proteste in Moldau.

Außenminister Nicu Popescu hatte am Montag mitgeteilt, dass drei russische Marschflugkörper durch moldauischen Luftraum in die Ukraine geflogen seien. Sie seien von Kriegsschiffen im Schwarzen Meer abgefeuert worden. "Dass die Raketen über unser Staatsgebiet gingen, war eine starke Botschaft an unsere Bevölkerung", betonte Revenco in offenkundiger Anspielung auf die ausgeprägte pro-russische Gesinnung im Land.

Die moldauische Gesellschaft sei "schon wieder" stark polarisiert, räumte sie in einem Mediengespräch am Rande der "Vienna Migration Conference" in Wien ein. Scharfe Kritik übte sie am Oligarchen Ilan Shor, der die Proteste vom Ausland aus steuere. Die Protestteilnehmer "sagen ganz offen, dass sie bezahlt werden", berichtete Revenco. "Aufgrund der riesigen Propaganda und von Fake News glauben Sie immer noch, dass Moskau zu ihrem Schutz kommen wird, und dafür nur eines braucht: Einen Machtwechsel", sagte die Mitstreiterin der pro-europäischen Präsidentin Maia Sandu.

"Friedliche Lösung"

Wohl auch wegen der heiklen innenpolitischen Situation äußerte sich Revenco eher zurückhaltend zu den beiden heißen Eisen Transnistrien und NATO-Mitgliedschaft. "Wir treten für eine friedliche Lösung ein", antwortete sie auf die Frage, ob es angesichts der von Moskau in der Ukraine geschaffenen "Annexions"-Präzedenzfälle nicht höchst an der Zeit wäre, die russische Okkupation des separatistischen Gebiets jenseits des Flusses Dnister zu beenden.

Revenco bekannte sich zugleich zur Neutralität des Landes, fügte jedoch hinzu, dass nichts dagegen spreche, auch eine starke Armee zu haben. Frühere Regierungen seien daran aber nicht interessiert gewesen, "weil sie sehr moskauorientiert waren", so Revenco.

Revenco räumte ein, dass die Migrationswelle die Armut im Land verschärft habe und viele Menschen nun Angst hätten, ob sie ihre Häuser im Winter noch werden heizen können. Die Ministerin verwies diesbezüglich auf den sich abzeichnenden Stopp von russischen Gaslieferungen, von denen das Land fast ausschließlich abhängig sei.

"Meine Kollegen in der Regierung suchen nach Lösungen, aber die Aussichten sind nicht gut", sagte die Ministerin. Sollte es zu einem Lieferstopp kommen, "würde das definitiv große Probleme für das Funktionieren unseres Staates verursachen" und die aktuelle politische Krise vertiefen.

Forderung nach finanzieller Unterstützung

Revenco rief die Europäische Union in diesem Zusammenhang auf, ihr Land auch finanziell zu unterstützen. Schließlich betreffe die Gaskrise auch die ukrainischen Flüchtlinge, die in großem Maße bei moldauischen Familien untergebracht sind. Wenn diese nicht mehr heizen könnten, treffe es damit auch die Flüchtlinge

Aktuell halten sich laut der Innenministerin 80.000 Vertriebene aus dem Nachbarland in Moldau auf, wobei es sich zu 50 Prozent um Kinder handle. Die kulturelle Nähe und das Fehlen von Sprachbarrieren erleichterten die Integration, und immer noch sei die Aufnahmebereitschaft in der moldauischen Bevölkerung groß.

Nach Kriegsbeginn habe man 600.000 Einreisen verzeichnet, und in den vergangenen Monaten habe es immer wieder kleinere Wellen gegeben. Auch nach den russischen Angriffen am Montag "haben wir innerhalb einer Stunde einen Anstieg der Flüchtlingszahlen an unseren Grenzen gesehen". Sieben Monate nach Kriegsausbrauch sei das moldauische Sicherheitssystem aber gut auf weitere Flüchtlingswellen vorbereitet und man habe Notfallpläne für alle Eventualitäten im Zusammenhang mit dem Krieg ausgearbeitet, selbst für den Fall einer Atombombenexplosion.

Umsiedlungen zu bürokratisch

Verbesserungsbedarf sieht Revenco beim Prozess der Umsiedlung von Vertriebenen in andere Staaten, der zu bürokratisch sei und mehrere Wochen dauere. Dies sei auch der Grund, warum bisher lediglich 600 Ukrainer aus Moldau nach Österreich ausgeflogen werden seien. Wien hat ursprünglich die Aufnahme von 2.000 Ukrainern aus Moldau angeboten.

Revenco war zur alljährlich stattfindenden Migrationskonferenz nach Wien gekommen, die vom Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) veranstaltet wird. Leiter des von mehreren europäischen Staaten getragenen Thinktanks ist der frühere Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP).

Spindelegger unterstrich im gemeinsamen Pressegespräch mit Revenco die Notwendigkeit, der Flüchtlingsfrage in Moldau ein besonderes Augenmerk zu schenken. Es gehe insbesondere darum, die Vertriebenen in die moldauische Wirtschaft zu integrieren und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. "Moldau ist kein Mitglied des ICMPD, aber wir haben unsere Mitgliedsstaaten davon überzeugen können, sich dort zu engagieren und Projekte zu starten", zeigte sich Spindelegger erfreut.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach den jüngsten russischen Raketenangriffen auf die Ukraine erwägt die Republik Moldau die Sperre seines Luftraums.
  • "Wir wollen nicht eine Rampe für die Zerstörung der Ukraine sein", betonte die moldauische Innenministerin Ana Revenco am Dienstag vor Journalisten in Wien.

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