Mehrere Tote nach russischen Luftangriffen in der Ukraine
Die russische Armee brachte nach eigenen Angaben mit Andrijiwka einen weiteren Ort im nordostukrainischen Gebiet Sumy unter ihre Kontrolle. Eine entsprechende Mitteilung machte das Verteidigungsministerium in Moskau. Von ukrainischer Seite wurde die Eroberung des Ortes, der etwas mehr als 20 Kilometer von der Gebietshauptstadt Sumy entfernt liegt, vorerst nicht bestätigt. Bei ukrainischen Militärbeobachtern steht das Dorf weiter unter ukrainischer Kontrolle. Die Frontlinie verläuft jedoch in unmittelbarer Nähe. Den Beobachtern nach hat Moskau seit März bereits über 120 Quadratkilometer im Grenzgebiet erobert. Im jüngsten Bericht der Denkfabrik Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington heißt es, das russische Militär scheine seine Bemühungen zu intensivieren, die Frontlinie im Norden des Gebiets Sumy entlang dreier Vormarschachsen zu erweitern.
Bei einem russischen Luftangriff auf die Kleinstadt Balaklija wurde am Dienstag ein Mensch getötet. Montagabend wurden aus verschiedenen Teilen des Landes erneut Attacken gemeldet. Mindestens fünf Menschen seien durch russischen Beschuss im Osten des Landes in verschiedenen Frontgebieten getötet worden, hieß es seitens der Behörden.
Die ukrainische Luftwaffe meldete in der Nacht auf Dienstag Angriffe russischer Kampfdrohnen auf die Gebiete Tschernihiw, Charkiw, Sumy, Odessa und Donezk. Am Dienstagvormittag herrschte in der gesamten Ukraine Luftalarm. Befürchtet wurde ein russischer Angriff mit der Hyperschallrakete Kinschal auf Kiew. Ein Treffer wurde nahe der Stadt Mykolajiw im Süden verzeichnet. Angaben zu Schäden wurden zunächst nicht gemacht.
Die russischen Besatzungsbehörden in der Südukraine berichten indes von einem großflächigen Stromausfall nach ukrainischen Drohnenangriffen. Im russisch kontrollierten Teil der Gebiete Saporischschja und Cherson seien 457 Orte mit 600.000 Haushalten betroffen. Das teilte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef für das Gebiet Saporischschja, Jewgeni Balizki, in Melitopol auf seinem Telegram-Kanal mit. An der Wiederherstellung der Versorgung werde gearbeitet.
Balizki warf der ukrainischen Armee vor, gezielt Energieanlagen in der Region angegriffen zu haben. Vom ukrainischen Militär gab es dazu wie üblich keine Angaben. Telegram-Kanäle beider Seiten, die sich auf Militärbeobachtung spezialisiert haben, verzeichneten am Montagabend einen großen ukrainischen Drohnenangriff auf die besetzten Gebiete einschließlich der Halbinsel Krim.
Ukraine reklamiert Angriff auf Brücke zwischen Krim und Russland für sich
Die Ukraine reklamierte indes einen Angriff auf die Kertsch-Brücke, die das russische Festland und die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim verbindet, für sich. Der ukrainische Geheimdienst SBU teilte am Dienstag mit, die Brücke ein drittes Mal, dieses Mal unter Wasser, angegriffen zu haben.
Der SBU erklärte, Geheimagenten hätten mehr als eine Tonne explosives Material an einem der Brückenpfeiler unter Wasser angebracht. Am Dienstag sei nun der erste Sprengsatz gezündet worden. Der Geheimdienst veröffentliche Aufnahmen, die eine Explosion und umherfliegende Trümmer zeigen. Auf einem Foto sind Schäden an der Seite der Brücke zu sehen. Wie groß der verursachte Schaden an der 19 Kilometer langen Brücke ist, blieb zunächst unklar.
Wie russische Staatsmedien berichteten, war die Brücke am Dienstag für etwa vier Stunden für den Verkehr gesperrt. Am Nachmittag (Ortszeit) schien die Brücke wieder normal in Betrieb zu sein.
Russland hält baldigen Gipfel Putins, Selenskyjs und Trumps für unwahrscheinlich
Die russische Regierung hält ein baldiges Dreiertreffen von Kremlchef Wladimir Putin mit dem ukrainischen Staatsoberhaupt Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump für unwahrscheinlich. Putin sei zu Kontakten auf höchster Ebene bereit, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow in Moskau nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax. "Doch er unterstreicht, dass solche Kontakte das Ergebnis von Vereinbarungen sein sollten, die vorher auf technischer Ebene getroffen wurden." Trump hat in seinem Bemühen um ein Ende des seit mehr als drei Jahren dauernden Ukraine-Krieges einen solchen Dreiergipfel ins Gespräch gebracht.
Von den russisch-ukrainischen Gesprächen am Montag in Istanbul sei kein Durchbruch zu erwarten gewesen, sagte Peskow. Immerhin gebe es wichtige Ergebnisse auf humanitärem Gebiet. Die Kriegsparteien hatten sich bei dem zweiten Treffen seit Mitte Mai auf einen weiteren großen Austausch von Gefangenen und die Rückgabe der Leichen von Soldaten geeinigt.
Ukrainische Delegation in Washington
In den USA wollten sich der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, und die stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko um die Hilfe der Amerikaner bemühen. "Wir planen Gespräche über Verteidigungshilfe und die Lage auf dem Schlachtfeld sowie die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland", schrieb Jermak nach seiner Ankunft auf Telegram. Geplant seien auch Verhandlungen über Verwertungsrechte der USA an Seltenen Erden in der Ukraine.
Zusammenfassung
- Bei russischem Beschuss in Sumy wurden mindestens drei Menschen getötet und mindestens 24 weitere verletzt.
- Die Ukraine reklamierte einen Sprengstoffanschlag auf die Kertsch-Brücke zwischen Krim und Russland und setzte dabei über eine Tonne Sprengstoff ein.
- Nach ukrainischen Drohnenangriffen kam es in den von Russland kontrollierten Gebieten Saporischschja und Cherson zu Stromausfällen in 457 Orten mit 600.000 Haushalten.
- Russland meldete die Einnahme des Ortes Andrijiwka im Gebiet Sumy, während ukrainische Quellen dies nicht bestätigen.
- Mindestens fünf weitere Menschen kamen durch russischen Beschuss in verschiedenen Frontgebieten im Osten der Ukraine ums Leben.