Migrationsexperte Knaus: Europäische Lösung im Moment eine Orbán-Lösung

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In den kommenden zwei Tagen werden in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder zu einem Migrationsgipfel zusammenkommen. Während Othmar Karas, Erster Vizepräsident des Europaparlaments, noch an eine europäische Lösung glaubt, ist bei Migrationsexperte Gerald Knaus die Hoffnung darauf gering. Er erwartet kein Resultat.

An den EU-Außengrenzen spiele sich derzeit eine "unglaublich dramatische Situation" ab, schildert Migrationsexperte Knaus bei "Milborn". EU-Staaten würden "systematisch alle Konventionen, die Grundrechte und die Menschenwürde" verletzen. Anstatt einzugreifen, würden die EU-Institutionen und auch die Kommission solche Situationen "unterstützen" oder "wegsehen".

Othmar Karas stimmte dem Migrationsexperten zwar nicht in seiner gesamten Analyse zu, räumte jedoch ein, dass es in Europa zu Rechtsbrüchen komme. Es handle sich hier um ein "Hauptproblem", so der Erste Vizepräsident des Europaparlaments. Würde das bestehende Recht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene sowie die Menschenrechte eingehalten werden, gebe es auch weniger Probleme, zeigt sich Karas überzeugt. 

EU auf Orbán-Schiene

Knaus glaubt, dass es mehr "Realismus" brauche, wenn man über Europa spricht: Denn im Moment sei die Mehrheit der EU-Regierungen auf der Seite von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán: "Eine europäische Lösung ist in diesem Moment eine Orbán-Lösung". Das Warten auf eine vernünftige Lösung auf europäischer Ebene dauert für den Migrationsexperten schon zu lange. Man brauche "etwas anderes als das Warten auf Godot, der nicht kommt".

Karas möchte sich damit noch nicht abfinden: Er glaube fest daran, "die Lösung, von der wir überzeugt sind", mehrheitsfähig machen zu können. Sonst würde Europa vor dem "rechten Rand kapitulieren". "Ich bin nicht bereit, zu kapitulieren. Ich bin auch nicht bereit, zuzusehen, wie dieses Thema heute und vielleicht auch morgen als Spaltbild unserer Gesellschaft missbraucht wird", sagt der ÖVPler entschlossen.

Karas: Müssen Verbündete suchen

Das Thema Asyl und Migration dürfe nicht den "rechten oder linken Rändern überlassen" werden. Man müsse nach Lösungen suchen. Was es jetzt brauche, ist, so viele Verbündete wie möglich zu suchen, um die Lösungen, die "am Tisch liegen", aufzuzeigen.

Für Karas ist klar, dass die Migrationsfrage nur gemeinsam gelöst werden kann. Es dürfte keinen "Fleckerlteppich" oder "Schuldzuweisungen" mehr geben. Man müsse für legale Zuwanderungs- und Migrationsrouten sorgen und an den Außengrenzen sowohl registrieren als auch differenzieren. Experten, Wissenschaft, Politik, NGOS, und Betroffene sollen sich "um die Schnittmenge bemühen, aus ihren Erfahrungen heraus [...] und die Mitte mobilisieren und nicht den Rändern ausliefern", so Karas. 

Deutschland als Vorbild

Dass der bevorstehende EU-Gipfel ein Resultat oder gar eine solche Lösung bringen wird, glaubt Knaus nicht. Dennoch macht auch er konkrete Vorschläge: Als mögliches Vorbild sieht er das Konzept der deutschen Koalitionsregierung. Im Koalitionsvertrag habe man sich auf legale Wege und Seenotrettung - auch mit staatlicher Unterstützung - festgelegt. Außerdem solle das Ziel von keinen Toten, keinem Leid und keinen Zurückstößen (Push-Backs) erreicht werden, während irreguläre Migration reduziert werden soll. Das Absurde: "Es gibt keine Regierung in Europa, die das nicht will". 

ribbon Zusammenfassung
  • In den kommenden zwei Tagen werden in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder zu einem Migrationsgipfel zusammenkommen.
  • Während Othmar Karas, Erster Vizepräsident des Europaparlaments, noch an eine europäische Lösung glaubt, ist bei Migrationsexperte Gerald Knaus die Hoffnung drauf gering.
  • Er erwartet kein Resultat des Gipfels.

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