Kurz-Buch: "Parlament ein Ort mit sehr viel negativer Energie"

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Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat - gemeinsam mit "Krone"-Autorin Conny Bischofberger - ein Buch geschrieben, das ab Samstag im Handel erhältlich ist.

Der ehemalige ÖVP-Chef beleuchtet auf 237 Seiten (Titel: "Reden wir über Politik") u.a. seinen Aufstieg in der ÖVP, seine außenpolitischen Kontakte, die beiden Koalitionen mit FPÖ und Grünen, aber auch die Ibiza- und die Chat-Affäre. Einmal mehr bekräftigt er darin, dass sein Rückzug aus der Politik "endgültig" sei.

Entstanden ist das in der Ich-Perspektive erzählte Buch in 24 Gesprächen zwischen Bischofberger und Kurz im Zeitraum vom 6. März bis 18. August dieses Jahres. Die Autorin wickelte bereits in der Vergangenheit derartige Buch-Projekte ab - mit dem ehemaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk ("Meine drei Leben") sowie mit dem ehemaligen, 2019 verstorbenen, Rennfahrer Niki Lauda ("Reden wir über Niki").

Lauda enger Freund von Kurz

Dem Ex-Formel 1-Piloten, mit dem der Ex-Kanzler eng war, ist ein ganzes Kapitel im Kurz-Buch gewidmet. Darin beschreibt der ehemalige Außenminister u.a., dass es schlussendlich Lauda war, der ihm "an einem kühlen Morgen im Jänner 2017" bei einem seiner regelmäßigen Treffen zum Frühstück die letzten Zweifel zerstreute, die ÖVP-Obmannschaft zu übernehmen. Sich selbst beschreibt Kurz als damals gar nicht so überzeugt, vielmehr sei er von außen gedrängt worden: "Dass ich Obmann werden sollte, stand quasi fest, ohne dass ich es entschieden hatte."

Rivalität zu Ex-Kanzler Kern wird beleuchtet

Seine Rivalität zum ehemaligen SPÖ-Chef und Ex-Kanzler Christian Kern beleuchtet Kurz ebenfalls. Dass es 2017 zu Türkis-Blau und nicht zu einer Zusammenarbeit mit der SPÖ gekommen ist, sieht Kurz auch bei dem Gegenüber begründet: Bei einem "Kaffee mit Kern" habe er bemerkt, dass der damalige SP-Vorsitzende "nicht im Traum daran gedacht (hätte), als Vizekanzler mit mir zusammenzuarbeiten".

Mit dem Thema der FPÖ-Zusammenarbeit und dessen Ende beschäftigt sich Kurz im Kapitel "Ibiza": "Über Heinz-Christian Strache und das FPÖ-Regierungsteam werde ich nichts Schlechtes sagen", so der Ex-Kanzler. Man habe über einen bestimmten Zeitraum hinweg "gut zusammengearbeitet". "Auf das, was in dieser Zeit erreicht wurde und in dieser Regierung gelungen ist, bin ich sehr stolz. Und das kann auch Heinz-Christian Strache sein."

Koalition mit den Grünen

Auch der darauffolgenden Koalition mit den Grünen und seinem Aus als Kanzler ist ein Kapitel gewidmet, wobei Kurz auch die Ermittlungen gegen ihn streift: "Im Oktober 2021 standen Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse in Wien, im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium. Diese Ermittlungen bedeuteten eine taktische Chance für die Grünen und diese Chance hat Werner Kogler genutzt." Sein Verhältnis zu Kogler habe sich dadurch nicht verändert. "Das ist eben Teil der Parteipolitik.",

"Parlament ein Ort mit sehr viel negativer Energie"

Wenig Freude machte Kurz seine Arbeit als Klubobmann nach seinem Rücktritt als Kanzler: "Ich habe das Parlament als einen Ort mit sehr viel negativer Energie erlebt." Seine Vaterschaft Ende 2021 bestärkte dann seinen Entschluss zum kompletten Rückzug, wie er im mit dem Namen seines Sohne getitelten Kapitels "Konstantin" vermerkt. Dies habe ihm bewusst gemacht, "dass es außerhalb der Politik noch sehr viel anderes und sehr viel Schönes gibt". Ein Polit-Comeback schließt er neuerlich aus: "(...) mein Rückzug aus der Politik ist endgültig. Für mich spielt Innenpolitik kaum mehr eine Rolle".

Kurz bereut Mitterlehner-Sager

Zu den - aufgrund der Ermittlungen gegen Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmidt bekannt gewordenen - Handy-Chats und deren Folgen sagt Kurz im Buch, es gebe in seinen Augen "eigentlich nur eine einzige Nachricht, die man mir vorwerfen kann": "Und zwar, dass ich über meinen Vorgänger Reinhold Mitterlehner bestätigend geschrieben habe, er sei ein 'Oarsch'." Zu seiner Verteidigung führt Kurz an, dass Mitterlehner zuvor ein ganzes Buch geschrieben hat, "in dem ich sehr negativ dargestellt wurde, und dieses auch veröffentlicht hat".

Im Kapitel "Lockdown" erfährt der Leser, dass Kurz nach wie vor zu seiner Aussage steht, es werde bald "Licht am Ende des Tunnels" geben. "Und ich glaube, dass die Impfung rückblickend gesehen tatsächlich der Gamechanger in dieser Pandemie war. Ich verstehe auch nicht wirklich, wie man das infrage stellen kann."

Verteidigung der harten Haltung bei der Flüchtlingspolitik

Eigene Kapiteln widmet Kurz der deutschen Ex-Kanzlerin Angela Merkel, wobei er hier v.a. die Differenzen in der Flüchtlingspolitik beleuchtet und seine harte Haltung einmal mehr verteidigt. Auch der ehemalige US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping werden in je einem Kapitel bedacht, ebenso Russlands Präsident Wladimir Putin, den Kurz als "sehr kühl, diszipliniert, immer gut vorbereitet" beschreibt.

Plädiert für Optimismus

Zum Ukraine-Krieg sagt Kurz im Buch: "Auch wenn das Verhältnis zwischen Europa und Russland stets angespannt war, hat es kaum jemand - auch ich nicht - für möglich gehalten, dass er alle Grenzen überschreitet, diesen Angriffskrieg vom Zaun bricht und damit unsägliches Leid verursacht.". Er halte es nach wie vor für den realistischen Weg, "dass jeder Krieg irgendwann mit Verhandlungen endet", so Kurz. Eine Darstellung, die gerade für eine Atommacht wie Russland gelte, denn er halte es für "unwahrscheinlich, dass dieser Konflikt mit einer Supermacht, die darüber hinaus auch noch eine Atommacht ist, mit der bedingungslosen Kapitulation Russlands endet".

Und er plädiert für Optimismus - nicht nur in Sachen Geopolitik, sondern auch punkto Klimawandel. Er könne "mit all diesen Weltuntergangstheorien und Schreckensszenarien (...) überhaupt nichts anfangen". "Umwelt- und Klimaschutz, davon bin ich zutiefst überzeugt, gelingen nicht durch Verzicht, sondern vor allem durch technologischen Fortschritt."

(SERVICE: Sebastian Kurz, Conny Bischofberger: Reden wir über Politik. edition a, Wien 2022. ISBN: 978-3-99001-618-3, 24,00 Euro)

ribbon Zusammenfassung
  • Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat - gemeinsam mit "Krone"-Autorin Conny Bischofberger - ein Buch geschrieben, das ab Samstag im Handel erhältlich ist.
  • Der ehemalige ÖVP-Chef beleuchtet auf 237 Seiten u.a. seinen Aufstieg in der ÖVP, seine außenpolitischen Kontakte, die beiden Koalitionen mit FPÖ und Grünen, aber auch die Ibiza- und die Chat-Affäre.
  • Einmal mehr bekräftigt er darin, dass sein Rückzug aus der Politik "endgültig" sei.

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