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Kurz in Abu Dhabi: Vertraute für Wasserstoff-Interessen?

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Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) heuerte kurz nach seinem Rücktritt aus der Politik bei einem Wasserstoffkonzern in Abu Dhabi an. Grundsätzlich nichts Verwerfliches, doch der zeitliche Zusammenhang mit anderen politischen Entscheidungen wirft Fragen auf.

Das Öl-Emirat Abu Dhabi will mit Wasserstoff eine weltweit führende Rolle einnehmen. In der nationalen Wasserstoffstrategie ist die Rede davon, dass man bis 2030 ein Viertel des weltweiten Verbrauchs liefern will. 

Wasserstoff aus dem Emirat steht auch bei der österreichischen Bundesregierung hoch im Kurs. Im März 2022 wurde eine "Wasserstoffallianz" geschlossen. Unterzeichnerin: die damalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). 

Der "Standard" berichtet nun jedoch von einer Zeitachse an Ereignissen, die zumindest Fragen aufwirft. 

2021: Kurz unterzeichnet Willenserklärung und tritt ab

Im Sommer 2021 unterzeichnet der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine Willenserklärung zur Gründung einer "Wasserstoffallianz" mit Abu Dhabi, heiß es in dem Bericht. 

Im Oktober 2021 tritt Kurz als Kanzler zunächst "zur Seite" und dann ab - Karl Nehammer (ÖVP) übernimmt schlussendlich das Kanzleramt und damit auch das Projekt. 

März 2022: Staatsbesuch in Abu Dhabi

Im März 2022 wird bei einem Staatsbesuch dann feierlich eine strategische Partnerschaft unter Dach und Fach gebracht. Interessant dabei: unterschrieben wurde der Deal von der Kurz-Vertrauten Elisabeth Köstinger (ÖVP).

Als Landwirtschaftsministerin war sie damals zwar für Rohstoffe zuständig, Energie-Themen wären aber eher bei Energieministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) oder Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gelegen. "Warum ausgerechnet sie, das hat damals keiner so recht verstanden", zitiert der "Standard" einen Insider. 

Frühling 2022: Kurz heuert bei Wasserstoff-Firma an

Nur wenige Wochen später heuert Kurz beim Staatsunternehmen Masdar an, berichtete der "Standard". Masdar gilt als das wichtigste Wasserstoff-Unternehmen des Emirats und gehört zum staatlichen Ölkonzern Adnoc (Abu Dhabi National Oil Company) und dem milliardenschweren Staatsfonds Mubadala.

Bei beiden Vehikeln gibt es auch Verbindungen nach Österreich. Adnoc gehört zu rund einem Viertel der OMV. Außerdem gibt es Pläne, die OMV-Chemie-Tochter Borealis und die Adnoc-Tochter Borouge zu fusionieren.

Kurz darauf, im Mai, tritt schließlich auch Köstinger zurück. In Interviews meinte sie, das sei bereits mit Kurz' Rücktritt für sie festgestanden. 

August 2022: Kurz-Vertrauter wird Botschafter in Abu Dhabi

Einen anderen Kurz-Vertrauten verschlägt es nach Abu Dhabi: Etienne Berchtold wird im August 2022 Botschafter. Die Bestellung des langjährigen Kurz-Pressesprecher schlägt hohe Wellen. Ohne Erfahrung als Botschafter wird er dennoch ernannt, ein unterlegener Bewerber klagt vor der Bundesgleichbehandlungskommission wegen Diskriminierung. 

Der Kläger bekommt am Ende Recht, Berchtold bleibt dennoch Botschafter. Der "Standard" bezieht sich auf einen Insider, der meint, Kurz habe Berchtold unbedingt auf dem Posten sehen wollen. 

Berchtold macht auch Werbung für Kurz' Arbeitgeber - Masdar. Im Sommer 2023 twitterte er über die "beeindruckende Erfolgsgeschichte" des Staatsunternehmens. 

Laut "Standard" soll er in einem Gastbeitrag im Kundenmagazin der Kanzlei von Gabriel Lansky, die auch Klienten in den Emiraten habe, Masdar gelobt haben. 

Masdar würde Wasserstoff-Kooperationen eingehen und Windparks in der Nord- und Ostsee planen. Das sei ein Beleg für "die Bemühungen der Emirate, im Kampf gegen den Klimawandel vorne dabei zu sein"

Abu Dhabis umstrittene Klima-Lobby

Wie es im Öl-Emirat wirklich um den Klimawandel steht, ist ohnehin umstritten. Die "Financial Times" berichtete im vergangenen Jahr, dass Abu Dhabi hochrangige Lobbyisten angeheuert habe. Das Ziel: "jegliche potenzielle Kritik" in Klimafragen von Abu Dhabi abzuschirmen. 

Zudem soll die Unterstützung "politisch einflussreicher Individuen" gewonnen werden, um klimapolitische Glaubwürdigkeit zu bekommen. Der Auftraggeber dieser Initiative: Masdar. 

ribbon Zusammenfassung
  • Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) heuerte kurz nach seinem Rücktritt aus der Politik bei einem Wasserstoffkonzern in Abu Dhabi an.
  • Grundsätzlich nichts Verwerfliches, doch der zeitliche Zusammenhang mit anderen politischen Entscheidungen wirft Fragen auf.
  • Denn seine Vertraute Elisabeth Köstinger (ÖVP) unterzeichnete Monate später einen Wasserstoff-Deal.
  • Und sein ehemaliger Pressesprecher Etienne Berchtold wurde kurze Zeit später Botschafter in Abu Dhabi.

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