APA/ROLAND SCHLAGER

Kritik von SPÖ, FPÖ und NEOS am harten Corona-Lockdown

0

Die nun vorliegenden Pläne der Regierung für einen dreiwöchigen verschärften Lockdown stoßen bei den Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS auf Kritik. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wertete die Maßnahme als Schuldeingeständnis für das totale Versagen im Corona-Management. Ähnlich die FPÖ. "Kurz, Kogler, Anschober und Nehammer versuchen, unsere Republik zu Grabe zu tragen", so Klubchef Herbert Kickl. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger ortete ein Versagen der Verantwortlichen.

Rendi-Wagner stieß sich am Samstag daran, dass für die drohende zweite Pandemiewelle keine Vorbereitung getroffen worden sei. Man habe sich weder um eine zentrale Koordinierung noch um ein intaktes Contact Tracing gekümmert. Auch bei der Vorbereitung der Intensivstationen habe der Bund die Länder und Spitalsträger allein gelassen. Als schweren Fehler wertete sie zudem, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im August noch vom Licht am Ende des Tunnels gesprochen hatte, als die zweite Welle bereits am Beginn gestanden sei.

Der nun angekündigte Lockdown sei eine "Verzweiflungstat" und zeige den totalen Kontrollverlust der Bundesregierung über das Infektionsgeschehen, sagte Rendi-Wagner: "Jetzt bekommen alle Österreicher die Rechnung für das Managementversagen der Bundesregierung präsentiert." Und: "Die Regierung muss jetzt die Notbremse ziehen aufgrund ihres eigenen Versagens." Wenn dieser Blindflug so weitergehe, sei der nächste Lockdown schon vorprogrammiert.

Ein klares Nein kam von der SPÖ-Chefin für das sich anbahnende Aus für den Regelunterricht. Die Schulen müssten geöffnet bleiben. Einschränkungen in diesem Bereich seien das falsche Signal und die falsche Maßnahmen. Fast alle westlichen Länder hätten trotz Lockdowns den Unterricht weiterlaufen lassen. Ein Stopp bringe viel Schaden, wenig Nutzen und sei "hochgradig verantwortungslos".

Eine Einbindung der Opposition hat es laut Rendi-Wagner übrigens kaum gegeben. Es sei eine kurze Telefonkonferenz in Aussicht gestellt, in der man wohl das erfahren werde, was seit Tagen in den Medien kursiere.

"Die Regierung hat nichts dazugelernt", meinte auch Kickl zu den bisher bekannt gewordenen Lockdown-Maßnahmen. Offenbar habe man seit dem Frühjahr die Hände in den Schoß gelegt und sich nichts überlegt. Jetzt greife man dafür zu völlig überzogenen Mitteln und treibe Österreich in den Ruin. Auch in die Grund- und Freiheitsrechte werde wieder einmal massiv eingegriffen.

Sämtliche Lebensbereiche wie Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Kultur, Bildung und Sport seien bereits massiv und zu einem großen Teil irreparabel geschädigt worden. Hilfsgelder würden schleppend oder gar nicht ausbezahlt. Die Situation sei dramatisch - aber nicht primär wegen des Coronavirus, sondern wegen der Inkompetenz, Selbstherrlichkeit und Beratungsresistenz von ÖVP und Grünen, so Kickl.

Meinl-Reisinger machte die Koalition für den zweiten "Lockdown" verantwortlich: "Diese Regierung hat versagt." Das Kabinett Kurz habe in den vergangenen Monaten als einzigen Job gehabt, einen zweiten "Lockdown" zu verhindern. Dass das möglich sei, zeigten viele Länder, auch in Österreichs Nachbarschaft. Wegen der Schulschließungen will die NEOS-Chefin rechtliche Schritte prüfen. Sie erklärte, Eltern hätten sich schon an sie gewandt, die sich an die Höchstgerichte wenden wollten. Man schaue sich das jetzt an.

Ohne die Schulschließungen, mit denen für die NEOS-Obfrau ein "Ende des Grundrechts auf Bildung" einher geht, würde ihre Partei im Hauptausschuss den Maßnahmen wie der 24-Stunden-Ausgangsbeschränkung sogar zustimmen. Meinl-Reisinger appellierte auch an die Bevölkerung, die Vorgaben diesmal einzuhalten. Millionen hätten das bisher schon getan und müssten jetzt ebenso die Zeche zahlen wie die Wirtschaft, für die die aktuelle Situation eine "Katastrophe" sei.

Meinl-Reisinger erwartet sich, dass hierfür rasche "rechtlich saubere, solide Maßnahmen auf den Tisch gelegt werden". Die Regierung sei aber auch gefordert etwas zu unternehmen, damit sich die Versäumnisse des Sommers nicht wiederholten. Dabei geht es unter anderem um einen Ausbau von Contact Tracing und Testungen.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat hingegen die Entscheidung der Bundesregierung zu einem "scharfen, kurzen Lockdown" gut geheißen. Die Krankenhäuser seien jetzt schon teilweise überlastet, die Zahlen der Covid-19-Patienten auf Normal- und Intensivstationen würden in den nächsten zwei Wochen wohl noch steigen. Es gelte zu verhindern, "dass die Ärzte eine Entscheidung über Leben und Tod treffen müssen", unterstrich Platter. Unterstützung für den harten Lockdown signalisierten auch die Landesregierungen in Oberösterreich und der Steiermark. Kärnten sieht im harten Lockdown einen logischen Schritt, hätte Präsenzunterricht an den Schulen aber bevorzugt.

In Wien sieht man die Lockdown-Bestimmungen für den Kindergarten- und Schulbereich kritisch. "Noch am letzten Donnerstag hat sich die Ampelkommission ja dezidiert für ein Offenhalten von Schulen und Kindergärten ausgesprochen", hielt Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) fest. Die Vorgaben des Bundes würden aber "selbstverständlich in die Tat umgesetzt".

Jetzt müsse alles getan werden, um Eltern nicht noch mehr unter Druck zu setzen und Kindern nicht alle Perspektiven zu nehmen, so Czernohorszky: "Das bedeutet, dass Bildungseinrichtungen für alle offen halten, die sie brauchen und vor Ort lernen wollen." Der Wiener Bildungsstadtrat regt darüber hinaus an, Schularbeiten und Tests bis Ende des Jahres eventuell auszusetzen. In Bezug auf Kindergärten stellte Czernohorszky klar: "Alle Familien, die es brauchen und Unterstützung benötigen, sollen ihre Kinder weiterhin in den Kindergarten bringen können. Die Kindergärten bleiben weiterhin offen."

ribbon Zusammenfassung
  • Die nun vorliegenden Pläne der Regierung für einen dreiwöchigen verschärften Lockdown stoßen bei den Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS auf Kritik.
  • SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wertete die Maßnahme als Schuldeingeständnis für das totale Versagen im Corona-Management.
  • Die Schulen müssten geöffnet bleiben.
  • Kärnten sieht im harten Lockdown einen logischen Schritt, hätte Präsenzunterricht an den Schulen aber bevorzugt.

Mehr aus Politik