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Kritik an Nehammer-Rede: "Heiratsantrag der ÖVP an die FPÖ"

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) läutete am Freitag in Wels den Wahlkampf ein und präsentierte seinen "Österreichplan". Den Wahlkampf will er wohl zum Duell mit Herbert Kickl machen. Von Opposition und NGOs hagelt es Kritik und selbst Vizekanzler Kogler ortete rechtskonservatives Denken.

ÖVP-Chef Karl Nehammer hat am Freitag vor rund 2.000 Unterstützern in Wels seinen Nationalratswahlkampf gestartet und sich dabei zum einzigen Gegner von FPÖ-Chef Herbert Kickl stilisiert, ohne ihn namentlich zu nennen. "Es wird die Entscheidung sein zwischen ihm und mir als Bundeskanzler von Österreich", sagte er. Inhaltlich präsentierte er seinen "Österreichplan", der auf einem 82-seitigen Programm basiert. 

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Namentlich genannt wurden SPÖ-Chef Andreas Babler und FPÖ-Chef Herbert Kickl beim ÖVP-Treffen in Wels nur vor Nehammers Rede von August Wöginger, Claudia Plakolm und Christian Stocker. 

"Traurige und peinliche" Rede

Reaktionen von SPÖ und FPÖ ließen nicht lange auf sich warten. Babler etwa sah im Kanzler-Auftritt einen "Heiratsantrag" der ÖVP an die FPÖ. Dies sei "gefährlich" und die SPÖ wolle sich "mit aller Kraft dagegenstellen", wie er in einer Pressekonferenz am Freitagabend erklärte.

"Nichts erwartet und trotzdem enttäuscht"

Mit ihm sei garantiert, dass es keine Regierungsbeteiligung der FPÖ gebe, so Babler. Die ÖVP habe hingegen ganz bewusst signalisiert, auch als Juniorpartner für Herbert Kickls FPÖ zur Verfügung zu stehen. "Es kotzt mich an, zu erleben, wie hier aus Machtinteresse gespielt wird", so Babler. Inhaltlich wollte der SPÖ-Chef nicht auf die "traurige und peinliche" Rede Nehammers eingehen. Dass die ÖVP nach 37 Jahren in der Regierung einen Plan vorstelle sei "eine Verarschung der Bevölkerung"

"Phrasendreschen"

"Ich habe mir nichts erwartet und bin trotzdem enttäuscht", reagierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker im PULS 24 Interview. Nehammer suhle sich in Problemen, die er selbst verursacht habe. Nehammer müsse froh sein, dass es Herbert Kickl gibt, denn sonst hätte er seine Rede nicht füllen könnte. Außerdem habe man Kickl so oft erwähnt und sogar noch Bericht über ihn eingespielt, bedankte sich Hafenecker fast bei der ÖVP. 

"Phrasendreschen"

Auch NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos kritisierte im PULS 24 Interview, dass die ÖVP nach 37 Jahren plötzlich alles anders machen wolle. Die ÖVP stehe mit dem Rücken zur Wand, meint er. Er frage sich, warum die Regierung die Lohnnebenkosten nicht jetzt schon gesenkt habe. Das Programm sei sonst ein "Phrasendreschen", die Regierung "nicht handlungsfähig". 

Kogler sieht "wenig Überschneidungen"

Doch auch der Regierungspartner der ÖVP, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), reagierte wenig begeistert auf Nehammers Rede: Wenig Überschneidungen und Denken einer rechtskonservativen Partei, kommentierte Kogler gegenüber PULS 24. Es brauche mehr Klimaschutz, außerdem gebe es auch im aktuellen Regierungsprogramm noch viel abzuarbeiten. 

"Altes Denken einer rechtskonservativen Partei"

"Zu Lasten von Klima und Umwelt"

Schon vor der Rede kritisierte Greenpeace die publik gewordenen Inhalte aus Nehammers Plan scharf. "Der Österreichplan entpuppt sich als reine ÖVP-Klientelpolitik für Konzerne zu Lasten von Klima und Umwelt", erklärte Greenpeace-Sprecherin Lisa Panhuber in einer Aussendung.

Für Umwelt- und Klimamaßnahmen erhält der Plan ein klares "Nicht genügend", denn die ÖVP wolle den Naturschutz schwächen, Milliarden an Steuergeld in ineffiziente Technologien wie E-Fuels oder CO2-Speicherung investieren und friedlichen Protest kriminalisieren.

Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich bewertete das Papier als "umweltpolitische Bankrotterklärung". Im Klimakapitel dominierten Allgemeinplätze und Nebelgranaten, der Natur- und Bodenschutz werde fast komplett ignoriert. "Das ist kein Plan, sondern eine inhaltliche Selbstaufgabe", sagte WWF-Programmleiterin Hanna Simons.

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) läutete am Freitag in Wels den Wahlkampf ein und präsentierte seinen "Österreichplan". Den Wahlkampf will er wohl zum Duell mit Herbert Kickl machen.
  • Von Opposition und NGOs hagelt es Kritik und selbst Vizekanzler Kogler ortete rechtskonservatives Denken.
  • SPÖ-Chef Andreas Babler etwa sah im Kanzler-Auftritt einen "Heiratsantrag" der ÖVP an die FPÖ. Dies sei "gefährlich" und die SPÖ wolle sich "mit aller Kraft dagegenstellen", wie er in einer Pressekonferenz am Freitagabend erklärte.
  • "Ich habe mir nichts erwartet und bin trotzdem enttäuscht", reagierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker im PULS 24 Interview.
  • Schon vor der Rede kritisierte Greenpeace die publik gewordenen Inhalte aus Nehammers Plan scharf. "Der Österreichplan entpuppt sich als reine ÖVP-Klientelpolitik für Konzerne zu Lasten von Klima und Umwelt".

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