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Kritik an CDU-Chef Armin Laschet wird lauter - Rufe nach Neuaufstellung

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In der deutschen Union wächst nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl der Druck auf CDU-Chef Armin Laschet.

Vor der konstituierenden Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstagnachmittag wurden die Rufe lauter, die CDU inhaltlich und personell neu aufzustellen. Die SPD erhöht unterdessen den Druck hin zu einer zügigen Regierungsbildung. Neben Union und SPD kommen am Dienstag auch die Fraktionen von Grünen und Linken jeweils zu ersten Beratungen zusammen.

Weiteres Konfliktpotenzial in der konservativen Union birgt auch die Wahl des Fraktionsvorsitzes. Laschet hatte am Montag angekündigt, er wolle gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder vorschlagen, dass der bisherige Vorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) "in der Phase dieser Koalitionsverhandlungen" Fraktionschef sein solle.

Dies sorgte für Unmut bei Brinkhaus, der sich wie üblich für ein Jahr wählen lassen wollte. In dem Fall fürchten Mitglieder der CDU-Führung Kampfkandidaturen um den Posten. Hintergrund: Sollte es Laschet nicht gelingen, eine Jamaika-Koalition zu bilden und die Union in der Opposition landen, wäre der Posten des Fraktionsvorsitzenden einer der mächtigsten in der Union.

Laschet "hat keine einfache Zukunft"

Armin Laschet "hat sicher keine einfache Zukunft vor sich", sagt "Kurier"-Außenpolitik-Journalistin Evelyn Peternel auf PULS 24. Vor allem da CSU-Chef Markus Söder Laschet auf seinen Fehler, die Niederlage nicht sofort am Wahlabend anzuerkennen, Aufmerksam gemacht hat. Innerhalb der Partei habe sich Laschet "zumindest ein halbes Jahr erkämpft, in dem er Jamaika-Verhandlungen führen könnte", so Peternel. Dennoch habe er "viele Meter vor sich". Sollte Laschet "weiterhin so struggeln" - mit Söder oder generell innerhalb der Partei - "dann wird das sicher auch weitere Wählerstimmen kosten", meint Peternel im Interview.

"Kurier"-Außenpolitik-Journalistin Evelyn Peternel spricht im Interview mit PULS 24 über das Wahldebakel der CDU/CSU.

Erste CDU-Politiker fordern Neuaufstellung der Partei

Indes werden innerhalb der Union Rufe nach Veränderung laut. Unter anderem forderte der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine Neuaufstellung der Partei. Er hätte sich einen klaren Regierungsauftrag für die Union gewünscht, sagte Altmaier der "Rheinischen Post". "Das ist jetzt schwieriger. Deshalb müssen wir zügig über die inhaltliche und personelle Aufstellung der CDU für die Zukunft sprechen."

Nach dem unübersichtlichen Ergebnis bei der Bundestagswahl haben sich die Parteien am Montag für schwierige Sondierungsgespräche gerüstet.

Der CDU-Politiker Norbert Röttgen, der Anfang des Jahres ebenso wie auch Friedrich Merz Laschet im Rennen um den CDU-Parteivorsitz unterlegen war, forderte ebenfalls eine Erneuerung seiner Partei. "Die ganze Breite der Partei muss verstehen, dass das jetzt ansteht", sagte das CDU-Präsidiumsmitglied dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die CDU sei in "existenzieller Gefahr", ihren Status als Volkspartei zu verlieren.

Röttgen riet aber von sofortigen personellen Veränderungen ab: "Wir können doch nicht parallel zu Verhandlungen über eine Regierung einen eigenen internen Wettbewerb in Gang setzen. Das würde sich nicht miteinander vertragen".

Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann verlangte: "Wir sollten jetzt demütig und respektvoll den Wählerwillen annehmen, mit Anstand und Haltung. Es war Veränderung gewollt." Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier unterstrich: "Wir haben keinen Anspruch auf Regierungsverantwortung." Junge-Union-Chef Tilman Kuban sagte: "Wir haben die Wahl verloren. Punkt." Der klare Auftrag liege bei SPD, Grünen und FDP.

Laschet hofft noch auf "Jamaika" mit FDP und Grünen

Obwohl die Union auf 24,1 Prozent abstürzte und die SPD mit Olaf Scholz stärkste Partei wurde, hatte der Kanzlerkandidat der Union noch am Wahlabend bekräftigt, dass er eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen anstrebt - mit denen auch die SPD regieren möchte. Die Sozialdemokraten leiten aus dem Ergebnis von 25,7 Prozent einen klaren Wählerauftrag ab.

Nach Aussage von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich könnten noch in dieser Woche erste Sondierungsgespräche mit Grünen und FDP geführt werden. Die SPD sei bereit, "nicht nur schnelle, sondern auch verlässliche Gespräche zu führen". Zugleich bekräftigte Mützenich den Führungsanspruch der Sozialdemokraten.

"Armin Laschet muss endlich einsehen, dass er nicht das Vertrauen der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger bekommen hat", sagte der Fraktionschef in einer auf Twitter verbreiteten Videobotschaft. Der Unionskandidat sei der Wahlverlierer. Laschet gebe dem Land keine Gewissheit und keinen klaren Kurs. Es gehe jetzt nicht um "Durchwurschteln".

Nach "Spiegel"-Informationen haben sich Grüne und FDP auf ein erstes Treffen am Mittwoch verständigt. FDP-Chef Christian Lindner hatte noch am Wahlabend vorgeschlagen, dass sich beide Parteien im Vorfeld zusammensetzen, um Schnittmengen auszuloten.

Nach einer Civey-Umfrage ist tatsächlich eine große Mehrheit der Deutschen dagegen, dass Laschet versuchen will, eine Regierung zu bilden. 71 Prozent der Bürger halten das für eindeutig oder zumindest eher falsch, wie die repräsentative Befragung für die "Augsburger Allgemeine" (Dienstag) ergab. Nur 22 Prozent der 5.031 online Befragten befürworteten einen solchen Schritt.

Schallenberg: "Kontinuität und Klar das A und O"

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wünscht sich unterdessen schnell Klarheit bei der Regierungsbildung in Deutschland. "Auch wenn das Wahlergebnis vom Sonntag noch keine Schlüsse darauf zulässt, wie sich die neue deutsche Bundesregierung zusammensetzt, so sind für uns gerade in der Außenpolitik Kontinuität und Klarheit das A und O", sagte Schallenberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Dienstag.

Unabhängig davon, welche Koalition künftig die Regierungsgeschäfte in Deutschland führen werde, sagte Schallenberg: "Ich baue darauf, dass der deutsche Kurs fortgesetzt wird, wenn es beispielsweise um die Zukunft der Westbalkanstaaten in der EU oder die strategische Ausrichtung in den transatlantischen Beziehungen geht."

PULS 24 Reporterin Josephine Roek berichtet aus Berlin über das knappe Ergebnis der deutschen Bundestagswahl und möglichen Koalitionsvarianten.

Personelle Erneuerungen

Eine personelle Erneuerung zeichnet sich auch bei der CDU in Rheinland-Pfalz ab. Die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner will bei der Vorstandswahl am 20. November nicht mehr kandidieren, wie sie am Montagabend mitteilte. Klöckner hatte die Landes-CDU als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl geführt, unterlag im Kampf um das Direktmandat, kehrt aber über die Landesliste in den Bundestag zurück.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) fordert eine Personaldebatte in der CDU für den Fall, dass die Verhandlungen mit Grünen und FDP scheitern. Nach einem solchen Wahlergebnis könne man nicht "Weiter so" sagen, sagte er der Funke Mediengruppe. "Aber die Personaldebatte darüber sollte man dann führen, wenn wir wissen, dass ein Jamaika-Bündnis keine Chance hat."

Niedersachsens CDU-Chef Althusmann sieht nun andere Parteien am Zug: "Die CDU ist immer bereit, Verantwortung zu übernehmen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bleibt aber abzuwarten, ob es nicht doch am Ende zu einer roten Ampel kommt", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) empfahl seiner Partei in der "Rheinischen Post" eine "Portion Demut".

ribbon Zusammenfassung
  • In der deutschen Union wächst nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl der Druck auf CDU-Chef Armin Laschet.
  • Vor der konstituierenden Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstagnachmittag wurden die Rufe lauter, die CDU inhaltlich und personell neu aufzustellen.
  • Weiteres Konfliktpotenzial in der konservativen Union birgt auch die Wahl des Fraktionsvorsitzes.
  • Laschet hatte am Montag angekündigt, er wolle gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder vorschlagen, dass der bisherige Vorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) "in der Phase dieser Koalitionsverhandlungen" Fraktionschef sein solle.
  • Dies sorgte für Unmut bei Brinkhaus, der sich wie üblich für ein Jahr wählen lassen wollte.
  • Hintergrund: Sollte es Laschet nicht gelingen, eine Jamaika-Koalition zu bilden und die Union in der Opposition landen, wäre der Posten des Fraktionsvorsitzenden einer der mächtigsten in der Union.

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